
© Stephan Schuetze
Die Dortmunder City droht zu sterben: Wir brauchen jetzt ein Zeichen!
Meinung
In der größten Krise der Nachkriegsgeschichte verstärkt sich aktuell der Eindruck, dass die City stirbt. Immer mehr Geschäfte geben auf. Unser Autor meint: Die Stadt sollte jetzt etwas tun.
Die Parfümeriekette Douglas hat es auffallend erlebt und die Konzernchefin Tina Müller spricht es auch klar aus: „Wir wissen um die Wünsche unserer Kundinnen und Kunden, kennen das Kaufverhalten genau und werden den schon 2018 begonnenen Wandel zum E-Commerce vorantreiben.“
Man muss wohl kein Prophet sein, um zu ahnen, dass es drei Douglas-Filialen in der City nicht mehr lange geben wird. Die nüchterne und unumkehrbare Erkenntnis lautet: Der Onlinehandel beherrscht unseren Alltag! In wenigen Jahren hätte er das ohnehin getan, die Corona-Pandemie hat diesen Trend lediglich beschleunigt.
In diesen Tagen des nunmehr seit über sechs Wochen andauernden Lockdowns verstärkt sich der Eindruck des City-Sterbens. Mehrere Geschäfte in der Dortmunder Innenstadt kämpfen ums Überleben oder mussten bereits aufgeben.
Es traf und trifft die Großen wie Galeria Kaufhof oder die Kleinen wie die Modeshops in den Propstei-Arkaden am Hansaplatz. Hallhuber, Strenesse, Parfois oder Gina Tricot haben sich aus Dortmund verabschiedet. Wird die Innenstadt zu einer Einkaufswüste?
Kaufkraft leicht unter dem Bundesdurchschnitt
Dass eine gerade veröffentlichte Studie der Unternehmensberatung FTI-Andersch, die Dortmund ein schlechtes Erholungspotenzial für die Zeit nach der Pandemie attestiert, recht hat, ist zu bezweifeln.
Zu verweisen ist darauf, dass es schon Neueröffnungen gegeben hat wie BoConcept, EMP oder Light 11. Diese zeigen schon an, dass die der Studie zugrunde liegende Annahme einer mangelhafte Kaufkraft in Dortmund wohl nicht stimmt.
Die Kaufkraft liegt, wie Thomas Schäfer als Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Westfalen-Münsterland bestätigt, nur wenig unter dem Bundesdurchschnitt. Liegt die durchschnittliche Kaufkraft pro Kopf deutschlandweit bei 23.245 Euro (Kaufkraftindex 100), so liegt sie in Dortmund bei 20.961 Euro (Kaufkraftindex 90,3).
Zu wenig Kaufkraft müssen Dortmunds Gewerbetreibende also nicht fürchten. Wenn Geschäfte, Kneipen, Restaurants und Hotels wahrscheinlich schrittweise wieder aus dem Lockdown kommen, ist es wichtig, dass die Stadtverwaltung umgehend alle Unterstützung leistet, die möglich ist.
Es braucht die zügige Genehmigung von Verkaufsflächen im Außenbereich - nicht nur für die Gastronomie, auch für den Einzelhandel. Auch verkaufsoffene Sonntage können im Frühjahr und Sommer helfen, die Umsatzflaute schnell zu überwinden.
Es gibt im Rathaus Arbeitskreise und einen Masterplan für den Einzelhandel. Wichtig wird es sein, die Strategie für die Post-Corona-Zeit dann auch umzusetzen. Und JETZT sollten die Stadtlenker aus der Verwaltung ihre Ad-hoc-Maßnahmen für verschiedene Szenarien darlegen, mit denen sie die City schnell wiederbeleben möchten. Es sollten idealerweise Mutmacher sein für all jene, die gerade irgendwie durchhalten.
Erlebniseinkauf wird an Bedeutung gewinnen
Mittel- bis langfristig bietet sich auf jeden Fall die Chance, neue Ziele für die Innenstadt zu verfolgen. Eine ökologische Aufwertung ist ebenso notwendig wie ein Ende der Uniformität, die uns in jeder deutschen Großstadt die nahezu gleichen Handelsketten mit ihren immer gleichen Warensortimenten beschert.
Außerdem wird man die City künftig nicht mehr zum allergrößten Teil als Handelszentrum begreifen können, sondern zu einem Wohn-, Arbeits- und Erlebnisraum machen müssen. Dortmund hat diesen Weg vor allem mit dem Basecamp-Projekt, mit dem an der Stelle des früheren Karstadt-Technikhauses hunderte Studentenwohnungen entstehen, und dem Boulevard Kampstraße auch schon eingeschlagen.
Der Erlebniseinkauf, die Prognose wage ich, wird nach Corona an Bedeutung gewinnen. Wer seine Einkäufe eigentlich online erledigt, der will, wenn er dann in die City kommt, Atmosphäre spüren und eine hohe Aufenthaltsqualität haben. Dazu gehört dann ein breites und gutes Gastronomie-Angebot ebenso wie schön angelegte und saubere öffentliche Plätze mit anständiger Stadtmöblierung.
Nach mehreren Stationen in Redaktionen rund um Dortmund bin ich seit dem 1. Juni 2015 in der Stadtredaktion Dortmund tätig. Als gebürtigem Dortmunder liegt mir die Stadt am Herzen. Hier interessieren mich nicht nur der Fußball, sondern auch die Kultur und die Wirtschaft. Seit dem 1. April 2020 arbeite ich in der Stadtredaktion als Wirtschaftsredakteur. In meiner Freizeit treibe ich gern Sport: Laufen, Mountainbike-Fahren, Tischtennis, Badminton. Außerdem bin ich Jazz-Fan, höre aber gerne auch Rockmusik (Springsteen, Clapton, Santana etc.).
