Die Kleingartenanlage Am Westheck in Dortmund

© Michael Schuh

Rückzugsort Kleingarten: „Ich bin gerade jetzt glücklich, dass ich einen Garten habe“

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Der eigene Kleingarten erweist sich in Corona-Zeiten als optimaler Rückzugsort. Doch auch in der Anlage Am Westheck gelten derzeit besondere Regeln.

Brackel

, 26.03.2020, 15:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

In so mancher Wohnung geht es derzeit ziemlich stressig zu. Die Kinder sind aufgrund der Schulschließungen zu Hause, viele Elternteile haben frei, weil sie sich um den Nachwuchs kümmern müssen oder ihre Arbeitgeber Kurzarbeit angemeldet haben. Angesichts der räumlichen Enge kann sich da glücklich schätzen, wer einen Kleingarten sein Eigen nennt.

62 Parzellen zählt die Brackeler Kleingartenanlage Am Westheck, sämtliche Gärten machen einen gepflegten Eindruck: Die Hecken sind heruntergeschnitten, Forsythien blühen in strahlendem Gelb. „Doch das Wichtigste bei uns ist die Gemeinschaft“, sagt Annemarie Pieper, seit vier Jahren Vorsitzende des Kleingartenvereins.

Claudia Kracht (links) und Annemarie Pieper genießen die Frühlingssonne in der Kleingartenanlage Am Westheck. Aber nicht nur das: Im Garten gibt es jetzt einiges zu tun.

Claudia Kracht (links) und Annemarie Pieper genießen die Frühlingssonne in der Kleingartenanlage Am Westheck. Aber nicht nur das: Im Garten gibt es jetzt einiges zu tun. © Michael Schuh

Wichtig sei es den Mitgliedern neben der Gartenarbeit vor allem, mal mit den Nachbarn über den Zaun zu reden und inmitten des Grüns ein wenig Ruhe zu finden. Doch auch in dieser Idylle leidet die Zusammengehörigkeit zu Zeiten des Coronavirus zwangsläufig. Die regelmäßigen gemeinschaftlichen Arbeiten sind vorerst abgesagt. Und, ob die große Feier zum 50-jährigen Jubiläum im Juni stattfinden kann, steht in den Sternen.

Doch trotz - oder gerade wegen - der momentan überaus angespannten Lage erweist sich der eigene Garten als idealer Rückzugsort. Das weiß auch Claudia Kracht, die normalerweise in der Gastronomie tätig ist, aufgrund der zeitweiligen Schließung ihres Arbeitsplatzes nun aber jede Menge Zeit hat.

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„Ich bin gerade jetzt glücklich, dass ich einen Garten habe“, sagt Kracht, die die Parzelle erst im vergangenen Herbst pachtete und somit als absolute Anfängerin in die Saison startet. „Ansonsten würde ich zu Hause auf dem Balkon sitzen und ab und zu mit dem Hund spazieren gehen. Im Garten habe ich doch viel mehr Möglichkeiten.“

Die ersten Krokusse sind schon da

Dass ihr noch die Übung fehlt, bereitet der Einsteigerin aber keine Angst. Die ersten Krokusse seien von ganz allein gekommen, nun werde sie ihr Areal erst einmal aufräumen, um anschließend Blumen und Gemüse anzupflanzen. „Obstbäume sind schon ausreichend da - und Zeit habe ich auch genug.“

Apropos Gemüse: Werden die Kleingärtner angesichts der jüngsten Erfahrungen, sprich Hamsterkäufen in Supermärkten und leeren Regalen, künftig verstärkt Essbares auf ihrem Gelände anbauen? Die Vorsitzende Annemarie Pieper zuckt die Schultern. „Das kann man jetzt noch nicht sagen. Eigentlich ist für alle Gärten vorgesehen: ein Drittel Laube, ein Drittel Erholung, ein Drittel Anpflanzen.“

Ein Feierabend-Bier nach getaner Arbeit. Die Westheck-Gärtner Ewald Westhoff (links) und Klaus Braukmann lassen es sich schmecken.

Ein Feierabend-Bier nach getaner Arbeit. Die Westheck-Gärtner Ewald Westhoff (links) und Klaus Braukmann lassen es sich schmecken. © Michael Schuh

Klaus Braukmann, seines Zeichens gestandener Kleingärtner am Westheck, kann sich hingegen noch gut an die Zeiten erinnern, als die eigene Parzelle entscheidend dazu beitrug, dass ausreichend Nahrung auf den Teller kam. „Die Eltern unserer Generation waren noch in weiten Teilen Selbstversorger“, sagt der Mann mit dem Hut, während er in der Frühlingssonne vor seiner Laube steht. „Damals wurden noch viel Kartoffeln, Stangenbohnen und andere Gemüsesorten angepflanzt.“

Rückzugsort auch für Kinder

Heute sei der Kleingarten vor allem ein Rückzugsort, was sich - trotz der Kälte - schon am vergangenen Wochenende bemerkbar gemacht habe: „Da waren schon einige Familien hier“, erzählt Braukmann. „Was sollen die Kinder auch den ganzen Tag zu Hause? Die Spielplätze sind geschlossen; und nur im Zimmer rumsitzen - das ist doch blöd für sie.“

Annemarie Pieper weist jedoch darauf hin, dass das momentane Kontaktverbot natürlich auch Am Westheck gelte: „In den Gärten dürfen sich nur die Familien aufhalten. Keine Fremden.“ Wann sich das ändert und ob die 50-Jahr-Feier in diesem Jahr über die Bühne geht - die Vorsitzende weiß es nicht.

Sollte das Fest abgesagt werden, so hat Pieper schon eine Alternative parat. „Dann feiern wir 2021 eben ganz groß 50 plus 1“, sagt sie und lacht. Ganz getreu einer Gärtnerweisheit: Glück lässt sich pflanzen.