Marie und Torben sind seit Juni 2021 ein Paar. Sie haben sich über eine spezielle Dating-Plattform für Menschen mit Behinderungen kennengelernt.

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Dating als Mensch mit Behinderung: Wie Torben seine Marie fand

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Torben hat das Asperger-Syndrom - und musste im Leben oft die Erfahrung machen, dass die Suche nach einer Partnerin für Menschen mit Behinderung nicht einfach ist. So fand er trotzdem sein Glück.

Hagen

, 31.03.2022, 14:43 Uhr / Lesedauer: 2 min

Er ist ein „Sozial-Analphabet“ - so beschreibt Torben Kuschel, wie sich seine Behinderung, das Asperger-Syndrom (eine Form des Autismus), auf sein Leben auswirkt. „Ich kann Menschen schlecht einschätzen, kann ihre Mimik und Gestik nicht deuten.“

Ein weiterer Umstand, der Kontaktaufnahme zu Fremden schwierig macht: „Ich kann Menschen nicht direkt in die Augen schauen - bis auf wenige Ausnahmen.“

Partnersuche als große Herausforderung

Eine Selbstbeschreibung, die schnell klarmacht: Das Kennenlernen anderer Menschen ist für den 23-Jährigen eine große Herausforderung - was dem Hagener insbesondere die Suche nach einer Partnerin in der Vergangenheit nicht leicht gemacht hat.

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Auf dem Gymnasium gelang es ihm zwar, Kontakte zu knüpfen und auch einige Freundschaften zu finden, die bis heute halten. Aber eine Partnerin suchte er lange vergebens. „Ich war auch mal ein halbes Jahr auf Tinder - aber es hat nie wirklich geklappt“, schildert der Geografie-Student.

„Ich denke, es hat schon auch mit Asperger zu tun - wenn der Gegenüber davon erfährt, zieht er sich zurück.“ Doch der 23-Jährige gibt nicht auf - und hat mittlerweile eine feste Partnerin.

Partnerschaftsvermittlung für Menschen mit Behinderung

Seit Juni 2021 ist er mit Marie zusammen. Dass sie sich kennengelernt haben, verdanken sie einer speziellen Kontakt- und Partnerschaftsvermittung: Herzenssache. Über einen Bericht in einer Frauenzeitschrift wurde Torbens Mutter auf dieses Angebot aufmerksam, das sich an Menschen mit Behinderung wendet. Schnell war die Entscheidung gefallen: Diesen Versuch möchte der Geografie-Student unternehmen.

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„Ich habe mich dort angemeldet, weil dort Menschen sind, die auch eine Behinderung haben. Ich hatte die Hoffnung, dort jemanden zu finden, der versteht, dass ich Probleme habe - ich mich aber auch gut auf die Probleme anderer einstellen kann“, sagt Torben.

Vermittler stellen bei Interesse Kontakt her

Eine Besonderheit bei Herzenssache: Jeder Kunde stellt sich den Vermittlern einmal persönlich vor, bevor er in die Kartei aufgenommen wird. Torben fährt dafür bis nach Würzburg, spricht dort mit einer Herzenssache-Mitarbeiterin. So ist gewährleistet, dass es keinerlei Fake-Profile etc. gibt. Eine zweite Besonderheit: Die Kontaktaufnahme zu Menschen, die man gerne kennenlernen möchte, erfolgt nie direkt.

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„Wenn man an jemandem Interesse hat, schreibt man das dem Vermittler, und der fragt dann bei der Person an, ob der Kontakt gewünscht ist. Mir ist es so leichter gefallen, Kontakt zu suchen, weil dann klar ist, der Gegenüber will den Kontakt auch“, so Torben.

„Die wäre doch was für dich“

Gleich beim ersten Durchschauen der Profile entdeckt seine Mutter eine junge Frau: „Die wäre doch was für dich.“ Als Torben bei seiner Vermittlerin anfragt, hatte er wenig später Marie am Ohr. „Sie hat sich sofort telefonisch gemeldet, da war ich sehr erstaunt.“

Die beiden sind sich direkt sympathisch. „Es ging dann sehr schnell mit dem hin und Her schreiben“, so Torben. Im Januar das erste Telefonat, im April der Entschluss: Marie und Torben möchten sich treffen.

Beim zweiten Treffen funkt es

Torben fährt, begleitet von seiner Mutter, für einen Tag nach Marktheidenfeld bei Würzburg. Dort lebt die 23-jährige Marie, die querschnittsgelähmt ist. Nicht nur am Telefon, auch im realen Leben gefallen die beiden sich. Beim zweiten Treffen, zwei Monate später, bleibt Torben schon ein Wochenende lang. „Da hat es gefunkt und wir haben uns zum ersten Mal geküsst.“

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Seitdem sind die beiden ein Paar, treffen sich mindestens einmal im Monat, schreiben sich täglich und telefonieren viel. Auch erste Überlegungen, wie man zusammenziehen könnte, gibt es.

Mit Marie hat Torben sein Glück gefunden. Und natürlich ist sie einer der wenigen Menschen, den Torben direkt in die Augen schauen kann.

Herzenssache.net

So funktioniert die Kontakt- und Partnervermittlung

  • Herzensache.net ist eine geschützte Partnervermittlung für Menschen mit Behinderung. Geschützt daher, weil jeder in der Kartei eingetragene Kunden zuvor persönlichen Kontakt zu einem Mitarbeiter der Plattform hatte. „Wir kennen jeden Kunden, können ihn einschätzen, so auch besser Kontakte vermitteln“, sagt Herzenssache-Sozialpädagogin Sarah Bauer. „Menschen mit Behinderungen haben häufig noch nicht so große Medienkompetenzen, brauchen da mehr Unterstützung.“ Daher auch der Weg über die Vermittler, die den ersten Kontakt zwischen den Kunden herstellen.
  • Grundsätzlich verstehe sich Herzenssache als Bindeglied, Menschen mit Behinderungen überhaupt erste Erfahrungen mit den Themen Liebe, Partnerschaft und Sex zu ermöglichen. Viele der Kunden hatten vorher noch nie eine Beziehung, so Bauer.
  • Neben der Partnervermittlung bietet Herzenssache auch Veranstaltungen und Beratungen zu Themen rund um Dating und Partnerschaft an.