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Gesundheitsamt überfordert: Dortmunder sollen Corona-Nachverfolgung selbst leisten
Gestiegene Inzidenz
Wen könnte ein Corona-Infizierter angesteckt haben? Das Dortmunder Gesundheitsamt kann das nicht mehr zeitnah nachvollziehen. Deswegen sollen die Dortmunder jetzt selbst tätig werden.
Sie waren mal mehr als doppelt so viele, auch mit Unterstützung der Bundeswehr. Die hatte Soldaten geschickt, um sich im städtischen Gesundheitsamt in Dortmund um die Corona-Nachverfolgung zu kümmern. Nun kommen die 100 Mitarbeitenden des Gesundheitsamts dabei an ihre Grenzen
Wer hat welche Kontaktpersonen? Wer also könnte sich noch mit dem Virus angesteckt haben? Wer muss in Quarantäne und wer nicht? Auch wenn es Regeln gibt, wird das in Einzelfällen entschieden. Und davon gab es im Frühjahr 2021 immer weniger.
Bei Inzidenz unter 10 das Team verkleinert
Zu Beginn der Sommerferien – die Inzidenz war in Dortmund auf unter 10 gesunken – reduzierte man auch im Gesundheitsamt das Personal. Nicht nur dass die Bundeswehr wieder abzog – viele städtische Mitarbeiter wurden wieder an anderen Stellen eingesetzt.
„Wir haben gesagt: Okay, im Oktober wird’s wieder losgehen, dann werden wir wieder höhere Inzidenzen haben, dazwischen wird’s uns nicht so treffen.“ So erläutert es Gesundheitsamts-Leiter Dr. Frank Renken. Doch es kam anders.
Infizierte haben jetzt deutlich mehr Kontakte
Mit Ferienende explodierten die Zahlen. Die Inzidenz ging rauf auf über 160. Tag für Tag kamen 100 bis 200 neue Fälle hinzu. Und die waren anders als die im Herbst und Winter.
Die Alten sind geimpft, jetzt stecken sich Jüngere an. „Wir haben es nicht mehr zu tun mit Fällen, die fünf oder sechs Kontaktpersonen haben“, so Renken. „Junge Menschen haben viele Sozialkontakte.“ Pro Person zehn bis 20.
„Wenn Inzidenzen steigen, werden wir noch weiter zurück sein“
„Das hat zur Folge, dass wir ein paar Tage zurück sind“, erklärte Renken. „Wenn die Inzidenzen weiter steigen, werden wir noch weiter zurück sein.“ Deshalb sei eine wichtige Sache umgestellt worden.
Bisher war es so: Wer corona-positiv ist, liefert dem Gesundheitsamt eine Liste mit den Kontakten. Die bekommen dann alle einen Anruf von der Stadt: Sie müssen in Quarantäne, bitte lassen Sie sich testen.
Infizierte sollen ihre Kontakte selbst informieren
„Jetzt gehen wir einen anderen Weg“, erklärt Renken: „Wir vermitteln jedem Indexfall folgende Information: Sie erstellen eine Kontaktliste, Sie kontaktieren alle selbst und teilen ihnen mit, dass Sie positiv getestet sind. Sie teilen Ihnen mit, dass die anderen sich ebenfalls testen lassen sollen.“ Das Gesundheitsamt werde sich „frühestens in zwei bis drei Tagen“ melden, vielleicht auch gar nicht mehr.
Denn was wolle man jemanden nach 10 oder 14 Tagen noch anrufen. Dann sei derjenige entweder krank oder eben nicht. Dann müsse man nicht nachfragen, sondern habe Gewissheit.
„Wir können nicht so schnell wieder hochfahren“
Man stocke das Team bald wieder auf. Für die kalte Jahreszeit ab Oktober sei das ohnehin geplant, so Renken. „Aber wir können nicht so schnell wieder hochfahren. Dazu brauchen wir einige Tage.“ Deshalb sieht er eine Idee aus politischen Diskussionen auch sehr kritisch.
„Über die Nachverfolgung hat die Politik definitiv nicht nachgedacht“, so der Leiter des Gesundheitsamtes, „wir haben schon vor vier Wochen gesagt: Wenn die Inzidenzbetrachtung aufgegeben wird, was heißt, dass wir die Inzidenz erst einmal laufen lassen, dann wird das die Gesundheitsämter überfordern. Und das ist auch genau der Fall bei uns.“
Geimpfte Kontaktpersonen müssen nicht in Quarantäne
Einen weiteren wesentlichen Unterschied zum Frühjahr gibt es: Wer Kontaktperson sei, aber geimpft, brauche nicht mehr in irgendeine Quarantäne zu gehen, „weil er durch die Impfung selbst geschützt ist“, unterstreicht Renken.
Nur diejenigen, die aktuell nicht geimpft seien, müssten gegebenenfalls auch in Quarantäne.
Jahrgang 1977 - wie Punkrock. Gebürtiger Sauerländer. Geborener Dortmunder. Unterm Strich also Westfale.
