
© Björn Althoff
Corona-Impfung beim Hausarzt: Tausende Dortmunder gehen erst mal leer aus
Biontech-Impfstoff
Tausende Dortmunder stehen auf den Listen bei ihren Hausärzten. Und obwohl die Impfungen mit Biontech jetzt starten: Die Allermeisten von ihnen gehen zunächst einmal leer aus.
Das Wundermittel lagert im normalen Kühlschrank. Fünf Tage lang – 120 Stunden – bleibt der Corona-Impfstoff von Biontech so haltbar. Dr. Miriam Gizbili zieht das Kunststoff-Kästchen hervor, auf dem ein großer Zettel klebt: „Achtung! Corona-Impfstoff!“
Die Box wäre groß genug für 50, sogar 100 der Fläschchen, aus deren Inhalt man jeweils sechs oder sieben Impfstoff-Dosen herstellen kann. Doch die Box ist fast leer.
Fünf Fläschchen hat die Gemeinschaftspraxis an der Saarlandstraße erhalten, die Gizbili sich mit zwei Kollegen teilt. Das heißt auch: Die Allerallermeisten, die Interesse an einer Covid-Impfung haben und die sogar berechtigt sind, gehen zunächst leer aus.
Viele hundert Interessenten pro Praxis
„Wir haben eine Liste von 600 bis 700 Leuten“, sagt Gizbili am Dienstagnachmittag. „Unsere Mitarbeiter telefonieren heute nur zu Impffragen.“ Eigentlich ein Vollzeit-Job. Eine Kollegin, die eigentlich in Elternzeit sei, springe deshalb extra ein.
Es geht nicht nur um das Impfen an sich. Das ist leicht, da hat Gizbili die Erfahrungen aus dem mobilen Impfteam im Seniorenheim. Biontech mit Kochsalzlösung mischen, aufziehen, dann die einzelnen Spritzen in die Arme – das Technische ist nicht das Problem.
Angemischter Impfstoff noch drei Stunden haltbar
Und selbst wenn ein Arzt vorher noch keine Corona-Impfung verabreicht hat – „da hat die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Links freigegeben, über die man sich informieren kann“, erklärt Dr. Prosper Rodewyk, Hausarzt in Hörde und Bezirksleiter der KV Westfalen-Lippe. Ein paar Dinge gebe es eben doch zu beachten für den Arzt.
So solle das angemischte Fläschchen nicht geschüttelt werden. Und der Stoff darin dann innerhalb von drei bis sechs Stunden verimpft werden. Komplizierter seien aber andere Aspekte.
Schwerstkranke sind wohl die ersten Impflinge
Etwa: Wen wählt man aus von der lange Liste der Interessenten? Das laufe streng nach Priorisierung des Bundes, verdeutlicht Rodewyk: Menschen mit Down-Syndrom, mit transplantierten Organen, schweren Lungenschäden, auch mit schweren Depressionen hätten wohl gute Chancen auf einen früheren Termin, aber es gebe eben auch keine Garantie dafür.

Dr. Eckart Fraisse ist Hausarzt im Kaiserviertel. © Schaper
Sein Praxisteam habe nach den Richtlinien des Bundesgesundheitsministeriums sortieren müssen, erklärt auch Dr. Eckart Fraisse, der seine Praxis im Kaiserviertel hat. Bei ihm kamen am Dienstag ebenfalls fünf Ampullen an.
Biontech-Versand läuft über Apotheken
„Das läuft über die Apotheke, die uns auch sonst mit Impfstoffen beliefert“, sagt Fraisse. Damit liegt er gut im Durchschnitt, wie eine stichprobenartige Nachfrage bei Hausärzten in Dortmund zeigt.
Sechs Fläschchen etwa bekam die Gemeinschaftspraxis Dr. Bents und Dr. Löbbert in Hombruch, drei gingen an Dr. Stefan Bonnenberg in Marten, sechs an Lars Rettstadt in Scharnhorst. Selbst Hausarztsprecher Prosper Rodewyk hatte keine Vorteile.
Biontech oder Astrazeneca? Hausarzt hat keine Wahl
„Wir hatten 60 Dosen bestellt und bekommen 18“, so Rodewyk. Soll heißen: sechs Ampullen für ihn und seine beiden Kolleginnen in der Praxis. Was auch wichtig sei: „Wir bestellen nicht Biontech oder Astrazeneca, sondern einen Covid-Impfstoff.“
Was in jedem Fall dranhängt, wie Gizbili verdeutlicht: „ein riesiger organisatorischer Aufwand“. Patienten auswählen, die konkrete Terminvergabe, Aufklärungs- und Anamnesebögen in die Post geben, damit die Bögen schon ausgefüllt zum Impfen mitgebracht werden könnten, letztlich noch die Wartezeit nach der Spritze.
Wer geimpft ist, muss noch in der Praxis warten
„Man muss gucken, dass die Patienten nicht reagieren, ein bisschen genauer beoachten“, sagt die Internistin. 10 bis 15 Minuten sollten die Impflinge also noch in der Praxis bleiben – und das alles natürlich mit den üblichen Abständen.
„Ein bisschen mehr Kontakt und Information von der KV hätte ich mir schon gewünscht“, kritisiert Gizbili noch: „Es fehlt auch ein bisschen Planungssicherheit.“
Denn noch in dieser Woche müssen die nächsten Bestellungen raus: Wie viele Dosen wollen die Praxen dann haben?
Fast alle werden wohl wieder das Maximum von 60 angeben. Und damit rechnen, dass der Kühlschrank am Ende ähnlich leer ist wie in dieser Woche.
Jahrgang 1977 - wie Punkrock. Gebürtiger Sauerländer. Geborener Dortmunder. Unterm Strich also Westfale.

Leitender Redakteur, seit 2010 in der Stadtredaktion Dortmund, seit 2007 bei den Ruhr Nachrichten.
