Redakteurin Gaby Kolle hat sich am Dienstag (6.4.) mit Astrazeneca impfen lassen und beschreibt den Tag.

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Spüre ich etwa schon was? - Meine Impfung mit Astrazeneca

rnVideo-Impf-Tagebuch

Wie ist das, als über 60-Jährige die Corona-Schutzimpfung mit Astrazeneca zu bekommen? Ab wann spürt man etwas? Spürt man überhaupt etwas? Ein Impf-Tagebuch unserer Redakteurin Gaby Kolle.

Dortmund

, 06.04.2021, 13:10 Uhr

Mein Mann und ich gehören als über 60-Jährige zu den Glücklichen, die kurzfristig einen Impftermin bekommen haben. Wie berichtet hatte Dortmund unerwartet mehr als 13.600 Impfdosen mit Astrazeneca zusätzlich erhalten - und ab Karsamstag war die Terminbuchung für Menschen über 60 möglich.

Um 8.45 Uhr am Dienstag, (6.4.) ist unser Termin am Dortmunder Impfzentrum auf Phoenix-West in Hörde. Da auf der Einladung steht, dass man pünktlich erscheinen soll, sind wir schon um 8.40 Uhr da und reihen uns in die Schlange ein.

Astrazeneca? Reine Risikoabwägung

Vor uns eine ältere Frau, die ihre Mutter zur Impfung mit Biontech begleitet. „Werden Sie auch geimpft?“, fragt sie mich. Ich nicke. „Mit Astrazeneca?“ Ich nicke wieder. „Ich will kein Astrazeneca“, sagt sie, „bei dem, was man alles so liest.“

Doch uns kann das nicht schrecken, zumal man die wenigen Fälle der Hirnvenenthrombosen einordnen muss. Das Risiko, sich mit dem Coronavirus zu infizieren und dann eine solche Thrombose zu bekommen, ist ungleich höher. Also eine reine Risikoabwägung.

Desinfizieren und Fiebermessen

Dennoch will ich über mögliche Folgen gar nicht nachdenken. Lange bleibt auch nicht Zeit: Sechs Minuten später werden wir schon hineingebeten in die Warsteiner Music Hall, in der zurzeit mehrere Impfstraßen beheimatet sind.

Gleich an der Eingangstür müssen wir uns die Hände desinfizieren. Ein Sicherheitsmann misst mit einem Infrarot-Thermometer unsere Temperatur. Alles im grünen Bereich. „Gehen Sie in die Reihe ganz nach links“, sagt ein anderer Security-Mitarbeiter, nachdem er den QR-Code auf unseren Bestätigungsmails für den Impftermin gecheckt hat.

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In drei Reihen stehen die Menschen für die Impfunterlagen und Einlesung der Daten an. Neben uns warten die Leute, die mit Biontech geimpft werden, wir in der Reihe für Astrazeneca. Wie aufgefordert halten wir den Impfpass sowie die Gesundheitskarte bereit und reichen sie dem Mann hinter der Plexiglasscheibe.

„Impfstraße 8, 9 oder 10“, sagt er und schickt uns mit einer Mappe zu den großen Stehtischen davor, an denen man als nächstes Unterlagen zum Gesundheitszustand und zu möglichen Vorerkrankungen ausfüllen muss.

Aufklärung über mögliche Nebenwirkungen

Alles läuft wie am Schnürchen. Um 9.50 Uhr sitzen wir schon vor dem Impfraum 10b. Ein weiteres Mal die Hände desinfizieren und schon nehmen wir vor dem Impfarzt Platz, der unsere Unterlagen kontrolliert und uns kurz aufklärt.

„Das, was medial berichtet wird über Astrazeneca, sind alles seltene Einzelfälle von Hirnvenenthrombosen, vor allem bei Frauen im Durchschnittsalter von 33 Jahren. Da sind Sie schon drüber hinaus“, sagt er.

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Zu den leichten Nebenwirkungen zählten Kopfschmerzen. „Da können Sie eine Tablette nehmen“, rät der Mediziner. Weil wir Allergien haben, sollen wir nach dem Pieks noch 20 Minuten warten, um sicherzustellen, dass wir keinen allergischen Schock bekommen. Weil mein Mann seinen Impfausweis nicht wiedergefunden hat, erhält er einen neuen.

Derart vorbereitet geht es um die nächste Ecke wieder auf einen Stuhl. Weil ich Rechtshänderin bin, krempele ich den linken Ärmel hoch, und die medizinische Fachkraft, in einen blauen Plastikumhang gehüllt, verpasst mir den schützenden Stich in den Arm. Hat nicht einmal wehgetan.

Nach der Impfung kommt der Checkout

Das Ganze hat gerade mal eine Minute gedauert, und schon – es ist 9 Uhr – stehe ich hinter dem Impfraum und nehme Platz auf den blauen Stuhlreihen, auf denen auch andere Menschen auf mögliche plötzliche Impfreaktionen warten. Auch mein Mann kommt aus seiner Impfkabine und setzt sich.

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„Impfzentrum nicht ohne Checkout verlassen!“, warnt eine Tafel in fetten Buchstaben. Nach 20 Minuten gehen wir an einen der Checkout-Schalter, an dem eine freundliche Mitarbeiterin noch einmal unsere Unterlagen überprüft, sie ein weiteres Mal ausdruckt und unseren zweiten Impftermin auf die Mappe schreibt, die wir mitnehmen sollen.

Um 9.30 Uhr schreiten wir, nachdem wir uns noch einmal die Hände desinfizieren mussten, durch einen schwarzen Vorhang und eine Tür ins Freie. Es ist 9.30 Uhr, und wir sind geimpft. Und fühlen uns nicht anders als vorher. Jedenfalls noch nicht.

Anflug von Übelkeit? Vom Handy?

Auf der Rückfahrt im Auto, mein Mann sitzt am Steuer, habe ich das Gefühl, dass mir etwas übel werden könnte. Das kann aber auch daran liegen, dass ich während der Fahrt die ganze Zeit auf das Handy starre. Vermutlich ist es das. Also werden wir erst einmal zu Hause frühstücken.

Also, ich weiß ja nicht, ab wann normalerweise Nebenwirkungen auftreten, bei mir ist auch gut drei Stunden nach der Impfung, um 12.40 Uhr, noch nichts zu spüren, obwohl ich geradezu in meinen Körper hineinhorche. Der Anflug von Übelkeit im Auto ist wohl tatsächlich darauf zurückzuführen, dass ich beim Fahren auf dem Handy gelesen habe.

Beim nachgeholten Frühstück glaubte mein Mann, etwas schlapp zu sein. Das könnte aber auch damit zusammenhängen, dass er in der Nacht zuvor schlecht geschlafen hat. Jetzt ist er schon wieder unterwegs.

Es ist jetzt mittlerweile 15 Uhr, und ich fühle mich so schlecht oder so gut wie in den vergangenen Stunden, jedenfalls sind keine Nebenwirkungen zu spüren: keine Kopfschmerzen, kein Fieber, keine Muskel- oder Gliederschmerzen und auch kein Schüttelfrost. Der Verlauf ist bislang der gleiche wie bei der jährlichen Grippeschutzimpfung, nur dieses Mal habe ich noch nicht mal ein unangenehmes Gefühl im Oberarm. Als hätte sich mein Immunsystem schlafen gelegt. Ich hoffe, dass der Impfstoff auch wirklich wirkt.

Meinem Mann ergeht es übrigens ebenso. Vielleicht ist es auch ein gutes Zeichen, dass wir die Impfung so gut vertragen. Doch Vorsicht, noch ist nicht aller Tage Abend.

Drei Stunden später. 18 Uhr. Für heute erwarte ich keine Symptome mehr. Mein Mann liegt nicht mit über dem Kopf gezogener Decke auf dem Sofa und will sterben, aber er verspürt immerhin ein leichtes Frösteln, als sei eine Erkältung im Anmarsch. Ich dagegen verspüre nur Hunger. Auf den Appetit ist mir die Impfung jedenfalls nicht geschlagen.

Keine Sorge vor der Zweitimpfung

Wenn das alles war, mache ich mich vor der nächsten Impfung nicht bange. Zumal laut Paul-Ehrlich-Institut in den klinischen Studien zu Astrazeneca die Nebenwirkungen nach der zweiten Dosis im Vergleich zur ersten deutlich milder und weniger häufig aufgetreten sind.

Trotzdem wollen wir heute Abend mal etwas eher ins Bett. Ach nein, geht nicht. Heute ist Champions-League, BVB gegen Manchester City. Hoffentlich kriegt da nur der gegnerische Trainer Pep Guardiola das Frösteln.

Der Tag danach:

Ich habe mich etwas zu früh gefreut; denn am späten Dienstagabend, als ich auf der Couch lag, erwischten mich plötzlich die Vorboten eines grippalen Infektes: Matschbirne, verstopfter Nase und bei tiefem Luftholen ein leichter Hustenreiz. Außerdem tat mir die Einstichstelle am Oberarm etwas weh, wenn auch nichts zu sehen war.

Aufgewacht bin ich am Mittwochmorgen mit leichten Kopfschmerzen. Nach der Nacht, in der ich gut geschlafen habe, bin ich zwar arbeitsfähig, aber noch ein bisschen angeschlagen. Doch das geht spätestens nach ein, zwei Tagen vorbei, wenn man den Erfahrungen anderer glauben darf. Fazit: Es gibt Schlimmeres - wie zum Beispiel eine Covid-19-Erkrankung.

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