
© Grafik: Klose
Bitte nicht schon wieder ein Katzenliebhaber mit Spezial-Fetisch!
Kolumne „Dinner for One“
Online-Dating ist anstrengend. Stundenlang nach links swipen bis jemand Passendes dabei ist, kann nervig und fremdschämend zugleich sein. Der nächste Teil unserer Single-Kolumne „Dinner for One“.
Der Spruch „Die Nadel im Heuhaufen suchen" beschreibt eine Handlung mit wenig Aussicht auf Erfolg. Und genauso sieht auch Online-Dating aus. Wer nämlich glaubt, Menschen via App kennenzulernen sei aufregend und mache Spaß, liegt falsch. Es ist mühsam, stressig und meist ergebnislos.
Online-Dating ohne Oberflächlichkeit gibt's nicht
Mittlerweile erwische ich mich immer häufiger dabei, wie ich Dating-Apps nutze. Meist sitze ich abends auf dem Sofa, wenn ich anfange, wie eine Verrückte nach links zu wischen. Selten auch mal nach rechts.
Ich glaube, die Corona-Krise hat eine Teilschuld daran, dass ich Dating-Apps verfallen bin. Früher war ich zwar auf der ein oder anderen angemeldet, aber habe sie nur selten genutzt.
Ehrlich gesagt habe ich sie immer als oberflächlich empfunden. Das sehe ich auch eigentlich immer noch so. Allerdings kann ich momentan keine Männer mehr in Bars oder Clubs kennenlernen. Also musste etwas anderes her.
Vielleicht war mein Traummann schon längst dabei
Ich wische nur selten nach rechts. Das liegt nicht daran, dass ich eingebildet bin oder mich für etwas Besseres halte. Vielmehr macht die App es mir entsprechend einfach - Ich muss niemandem erklären, wieso ich mich nicht für ihn interessiere. Ich muss einfach nur über den Bildschirm wischen.
Das erste Bild einer Person kann bereits dazu führen, dass ich nicht mit ihr schreiben möchte. Geschweige denn mich für ein persönliches Treffen verabreden mag.
Oberkörperfreie Fotos, Schnappschüsse mit Duckface und Hipster-Fotos gehen nun mal gar nicht. Zumindest nicht für mich. Ohne nur den Hauch von einem schlechten Gewissen swipe ich bei solchen Fotos schleunigst nach links.
Doch das Problem dabei ist, dass ich 99 Prozent der Männer ja gar keine Chance gebe, sie erstmal kennenzulernen. Wer weiß, vielleicht war mein Soulmate schon unter den vielen, die ich, ohne nur mit den Wimpern zu zucken, in den Wind geschossen habe. Und das nur aufgrund ihres Profilbildes.
Jeder zweite Nutzer ist Horoskop-Experte
Wenn mich dann aber doch mal ein Profilbild anspricht, schaue ich mir die Beschreibung der jeweiligen Person genauer an. Doch leider versagen die meisten Nutzer auch dabei.
Direkt abgeschreckt werde ich durch folgende Interessen und Beschreibungen:
- „Cat lover": Katzen sind mir per se zwar nicht unsympathisch, aber ich gehöre ganz klar zu den Hundeliebhabern
- „Kunst“: Das geben 99 Prozent der Männer nur an, um intelligent und interessant zu wirken. Die meisten haben jedoch keinen Schimmer von Kunst.
- „Steinböcke passen perfekt zu mir“: Menschen, die ihr Horoskop nicht nur aus Langeweile lesen, sondern es ernst nehmen, sind mir suspekt.
- „Ich bin nicht so einer, der hier nur nach Sex sucht“: Glaubt mir, genau so einer ist er.
- „Wo Liebe neu entdeckt wird, ist immer ein Anfang“: Das ist nur ein Beispiel für all die poetischen Sprüche, die auf vielen Accounts herum kursieren. Ein guter ist leider noch nie dabei gewesen.
Das Schlimme daran ist, dass mindestens jeder zweiter Nutzer einen dieser Punkte über sich angibt. Sie glauben, sie würden auf diese Weise wie etwas ganz Besonderes rüberkommen. Doch eigentlich verkörpern sie alle nur noch dieselbe Person mit denselben langweiligen Interessen.
Leider gibt es immer weniger Menschen, die sich mühelos von der Masse abheben. Ich bevorzuge „Nico, Zauberer, Igel-Liebhaber" anstelle von „Max, Cat lover, Horoskop-Experte".
Anders als alle anderen zu sein, ist keine schlechte Eigenschaft, sondern eine besonders herausragende - auch wenn unsere Gesellschaft uns etwas anderes vermittelt.
Kleiner Tipp an alle Dating-App-Nutzer: Seid ein bisschen mehr ihr selbst und ein bisschen weniger alle anderen.
Neben dem Journalistik-Studium unterstützt Charlotte Schuster die Redaktion in Werne. Im Sommer 2020 hat sie ein Praktikum bei den Ruhr Nachrichten absolviert, welches ihr die schönen Seiten des Lokaljournalismus gezeigt hat.