Dortmunder Bier-Experten geben Tipps: Finger weg von grünem Flaschenbier!

© Michael Schuh

Dortmunder Bier-Experten geben Tipps: Finger weg von grünem Flaschenbier!

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Bier gehört zu Dortmund wie der BVB. Doch woran erkennt man richtig gutes Bier? Wir haben zwei Bier-Sommeliers gefragt - und unter anderem erfahren, warum man grüne Bierflaschen meiden sollte.

Dortmund

, 02.03.2021, 15:28 Uhr / Lesedauer: 3 min

Nein, industriell gefertigtes Bier ist nicht ihr Ding. Die Dortmunder Diplom-Biersommeliers Ferdinand Laudage und Markus Maurer von der Bieragentur DO mögen’s lieber kreativ und handgemacht.

Bei Verkostungen erläutern sie die Unterschiede und Eigenarten solcher Craft-Biere mit ihren teilweise unkonventionellen Geschmacksrichtungen. Aber woran, bitte schön, erkennt man denn ein gutes Bier?

Richtlinien für jedes Bier

Obwohl in Sachen hopfiger Getränke weitaus kenntnisreicher als der Durchschnittskonsument, wollen sich die beiden Experten keineswegs als Lehrmeister aufspielen. „Zunächst einmal zeichnet sich ein gutes Bier dadurch aus, dass es einem persönlich schmeckt“, sagt Maurer.

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Nach einer kurzen Pause relativiert der 37-Jährige diese Aussage aber ein bisschen: „Wir Profis haben da allerdings eine etwas andere Sichtweise. Denn für jeden Bierstil gibt es gewisse Richtlinien.“

Ein Pils muss frisch sein

Und diese Standards gelten nicht nur für in Deutschland eher außergewöhnliche Sorten wie Stout, Pale Ale oder Sauerbier, sondern auch für Klassiker wie das Pils, des Deutschen liebster Gerstensaft.

„Pils sollte einen schlanken, frischen Charakter besitzen, zudem eine gewisse Hopfenbittere und eine schöne Spritzigkeit“, erläutert Maurer. Kurzum: Es ist feinherb, prickelnd und wunderbar durstlöschend. Der Hochsommer kann kommen.

Experten unter sich: Markus Maurer (links) und Ferdinand Laudage schätzen nicht nur beruflich, sondern auch privat ein gutes Bier.

Experten unter sich: Markus Maurer (links) und Ferdinand Laudage schätzen nicht nur beruflich, sondern auch privat ein gutes Bier. © Michael Schuh

Nachdem die Flasche geöffnet oder das Glas beim Wirt geordert wurde, kann ein jeder Konsument rasch überprüfen, ob denn das Bier in seiner Hand tatsächlich etwas taugt. Ein paar Vorkenntnisse sollte der Biertester zwar besitzen, doch die Formel für solche Verkostungen ist relativ einfach: sehen, riechen, schmecken.

Stimmt die Schaumstabilität beim Bier?

Der Blick aufs Bier im Glas gibt schnell Antworten auf die wichtigen Fragen des Lebens: Wie ist die Farbe? Stimmt die Schaumstabilität? Ist die Flüssigkeit filtriert oder nicht?

Die Stil-Richtlinien lassen nämlich wenig Spielraum: So muss es sich beim Pils um ein schlankes, trockenes, untergäriges und bitteres Bier mit ausgezeichneter Schaumstabilität und einem eleganten blumigen Hopfenaroma handeln. Aha. Außerdem sollte es knackig, klar und erfrischend sein. Doch damit nicht genug, weiß Maurer: „Wichtig ist auch ein harmonisches Gesamtbild.“

Bier in grünen Flaschen hat ein Problem

Hat das Auge sein Urteil gefällt, kommt die Nase ins Spiel. Zugegeben: Um Hopfencharakteristik, Säure, spezielle Zutaten oder Fehlaromen zu erschnüffeln, bedarf es gewisser Grundlagen, die sich der Kenner in spe beispielsweise bei Bierseminaren aneignen kann.

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Doch es gebe durchaus Fehler, erläutert Ferdinand Laudage, die auch ein Laie schnell erkennt - oder besser: erriecht. Ein einfaches Beispiel sei das Bier in grünen Flaschen, „denn diese Flaschen lassen sehr viel mehr UV-Licht durch als die braunen. Und solches Licht zerlegt die Hopfenöle und zerstört so die Struktur. So entsteht ein sogenannter Lichtgeschmack.“

Diese Erfahrung könne jeder bei einem Experiment zu Hause machen: Einfach ein Bier in einer grünen Flasche kaufen, öffnen und dran riechen. „Der Geruch erinnert an frisch gemähten Rasen“, sagt Laudage, „und wird als eher unangenehm empfunden.“

Stimmt die Farbe? Ist die Schaumstabilität korrekt? Ferdinand Laudage überprüft ein Bier auch mit den Augen.

Stimmt die Farbe? Ist die Schaumstabilität korrekt? Ferdinand Laudage überprüft ein Bier auch mit den Augen. © Michael Schuh

Kommen wir zur letzten und wahrscheinlich wichtigsten Komponente eines Bieres: dem Geschmack. Zu Beginn der Probe steht logischerweise der Antrunk, der eine zentrale Rolle bei der Bewertung einnimmt. Dieser erste Kontakt von Flüssigkeit und Zunge müsse sich, so Laudage, von Bierstil zu Bierstil unterscheiden: „Bei dunklen Bieren sollte er weich und rund sein, bei hellen frisch und spritzig.“

Ist der Abgang des Bieres süß oder bitter?

Im Mittelteil der Probe stehe dann der Malzkörper im Fokus: Ist er vollmundig oder schlank? Wie bereits erwähnt: Ein paar Vorkenntnisse können auch bei diesem Test nicht schaden.

Und schließlich das Ende der Geschmacksexplosion, der sogenannte Abgang. Je nachdem, wie massiv Hopfen beim Brauen eingesetzt wurde, bestimmen Süße oder Bittere die letzten Züge des Genusses. „Und da schmeckt man wirklich gewaltige Unterschiede“, verdeutlicht der Experte.

Ein Abend vor dem Kamin braucht ein anderes Bier als ein Sommertag

Nicht zuletzt fällt die jeweilige Situation, in der man ein Bier oder eventuell auch mehrere zu sich nimmt, immens ins Gewicht. Eingekuschelt vor dem Kamin passt ein schweres, dunkles, würziges Bier meist besser als eine Berliner Weiße oder ein Kölsch.

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Ganz anders im Sommer. „Wenn es heiß ist und man sich erfrischen will, dann darf es gerne ein normales Pils sein“, weiß Laudage - vermutlich aus eigener Erfahrung.

Kein Bier für Regenwetter

Und sein Kollege Maurer bringt es anhand eines Beispiels wunderbar auf den Punkt: „Ein San Miguel ist bei 35 Grad an einem spanischen Strand echt super. Bei Regenwetter in Wanne-Eickel aber eher weniger.“

Zur Sache

Bier-Sommeliers bieten Brauseminare und Verkostungen an

  • Ferdinand Laudage (38) entdeckte 2012 seine Liebe zu Craftbier und begann 2013 sein eigenes Bier zu brauen. Diese nicht sonderlich komplizierte Kunst des Brauens wollte er unbedingt weitervermitteln. Deshalb ist sein Arbeitsschwerpunkt bei der „Bieragentur DO“, die er gemeinsam mit Markus Maurer betreibt, die Ausrichtung von Brauseminaren. Laudage hat bereits drei Bücher über das Brauen von Craft-Bier geschrieben.

  • Markus Maurer (38) befasst sich mit allen Aspekten der Bierkultur und steht in engem Kontakt mit vielen Braumeistern und Gleichgesinnten. Er liebt Biere, die nicht der Norm entsprechen, verachtet aber auch ein erfrischendes Helles nicht, wenn es gut gebraut ist. Maurer ist bei der „Bieragentur DO“ der Fachmann für Bierverkostungen und Food-Pairing-Abende.
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