Bier aus der Kokosnuss oder mit 57 % Alkohol? Dieser Laden hat es
Spezialitätenläden in Dortmund
Max Zellner verkauft in seiner Bierothek in der Thier-Galerie ausschließlich ausgefallene Bierspezialitäten - auch im Lockdown. Selbst für Pilz-Freunde und Hobbit-Fans ist etwas dabei.
Lange vorbei sind die Zeiten, in denen vornehmlich Pils-Kisten im Getränkemarkt standen und Sorten wie Alt, Weizen oder Kölsch ein Exoten-Dasein fristeten. Heute hat fast jeder Getränkehändler ein großes Portfolio verschiedener Biere im Angebot - handwerklich gebrautes Craft Beer inklusive.
Doch nur ein einziges Dortmunder Geschäft beschränkt sich ausschließlich auf den Verkauf dieser eher ausgefallenen Bierspezialitäten: die Bierothek in der Thier-Galerie.
Sonderlich glücklich ist Max Zellner mit seiner Dortmunder Bierothek nicht gestartet: Am 7. März feierte der Store-Manager die Eröffnung in der Thier-Galerie, wenig später musste er aufgrund des Coronavirus schon wieder schließen.
Doch der 37-Jährige, der einst die Politik Ostasiens studierte und zuletzt ein Bier-Fachgeschäft in Bochum betrieb, machte das, was für Biertrinker eher unüblich ist: Er biss die Zähne aufeinander.
Qualität wichtiger als Herkunft
Seit Ende April - auch aktuell darf die Bierothek als Geschäft der Grundversorgung öffnen, was sie auch freitags und samstags von 12 bis 18 Uhr macht - warten nun über 300 Sorten auf die Kunden der Bierothek; süße, saure, fruchtige, leichte oder hochprozentige Tropfen aus Europa, Amerika und Asien.
„Aus Australien ist auch ab und zu etwas dabei“, sagt Zellner, seines Zeichens Kenner der hopfigen Flüssigkeit. „Biere aus Afrika zu bekommen, ist allerdings echt schwer.“ Aber ohnehin gehe es bei der Ware ja in erster Linie nicht darum, aus einer möglichst unbekannten Ecke der Welt zu stammen: „Ich achte mehr auf Qualität als auf Herkunft.“
Und dann sagt der 37-Jährige etwas, das dem deutschen Liebhaber des Gerstensaftes, der seine Heimat noch immer als die Herzkammer des weltweiten Brauwesens versteht, erstarren lässt: „In Deutschland ist man ziemlich festgefahren auf klassische Biere. In Sachen Vielfalt sind uns andere Länder wie Estland, Belgien oder Polen weit voraus.“
Das gilt es zunächst einmal hinzunehmen; doch automatisch stellt sich die Frage: Welche Biere, die es zwischen Flensburg und Passau nicht allerorts zu kaufen gibt, verlangen seine Kunden denn?
„Kenner suchen meist nach Pale Ale oder Indian Pale Ale“, verweist Zellner auf die ursprünglich in England beheimateten, aus hellem Malz hergestellten Getränke. „Und der letzte Schrei ist New England Pale Ale.“ Dies zeichne sich durch einen hohen Hopfengehalt und eine besondere Fruchtigkeit aus.
„Das kann schon mal fast wie Maracujasaft schmecken“, sagt der Experte, „oder es erinnert an Mango, obwohl überhaupt keine Mango drin ist.“ Denn, oh Wunder: Allein der Hopfen sorgt für die tropisch-fruchtigen Aromen.
Einige der ausgefallensten Biere der Bierothek:
Aber Max Zellner hat noch eine ganze Reihe anderer Biere auf Lager, die dem normalen Pils-Liebhaber bislang eher spanisch vorkommen - auch wenn sie aus ganz anderen Ländern stammen.
Dieses belgische Sauerbier mit stattlichem Alkoholgehalt von 9,5 % trägt einen asiatischen Namen, wird tatsächlich aber in Estland gebraut. Ein Teil des Bieres wird in Cognac-, der andere in Bourbon-Fässern gelagert; anschließend werden beide Teile wieder miteinander vermischt - deshalb Yin Yang.
„Es gibt Freaks, die suchen ganz gezielt dieses qualitativ hochwertige Bier“, weiß Zellner. Und lassen sich das auch was kosten: 0,38 Liter schlagen mit 9,90 Euro zu Buche. „Aber so ein Bier trinkt man ja über den Abend verteilt“, erläutert der Experte. „Wie einen guten Whiskey.“
Ein in Belgien gebrautes Bier mit afrikanischen Wurzeln, dessen fruchtiger Geschmack diesmal nicht vom Hopfen stammt; vielmehr wird dem Bier ein Schuss Bananensaft beigemischt.
Mongozo gibt es auch noch in anderen exotischen Geschmacksrichtungen, doch eines eint sie alle: Getrunken wird das Bier aus einer halben Kokosnussschale, die ebenfalls zum Angebot der Bierothek gehört. Aufgrund des Geschmacks und des überschaubaren Alkoholgehalts von 3,6 % eher etwas für den süßen Zahn - obwohl es auch gut zu exotisch-scharfen Speisen passt. (0,33 l kosten 2,90 Euro).
Kein Pils-, sondern ein Pilzbier, das sicherlich nicht jedermanns Sache ist. Denn dem Namen entsprechend wird das sechsprozentige Ale tatsächlich mit schwarzen Trüffeln und schwarzem Pfeffer gewürzt. „Und das nicht zu knapp“, sagt Max Zellner.
Für das Projekt Pilz-Kultur haben sich drei Brauer aus Bayern, Baden-Württemberg und NRW zusammengetan; gebraut wird das Bier aber gleich um die Ecke: in Hagen. (0,33 l kosten 4,90 Euro)
Kaum zu glauben, aber dieses Getränk darf sich tatsächlich Bier nennen - trotz 57 % Alkohol. „Denn es wird nicht destilliert, sondern gebraut“, erklärt Zellner. Und zwar in Franken, nach der Eisbock-Methode, bei der das Bier immer wieder vereist und das gefrorene Wasser entfernt wird.
Laut Zellner „ein wahnsinniger Aufwand“, der Schorschbock 57 zu einem der stärksten Biere der Welt macht. Und sicherlich nicht zu einem der günstigsten: Das 40-ml-Fläschchen kostet 24,90 Euro.
Obwohl man die ganz bekannten Marken aus NRW in der Bierothek vergeblich sucht, gibt es durchaus auch regionale Sorten: So Bergmann aus Dortmund, Kumpel-Bier aus Bottrop oder das Mücke Ingwer Pale Ale aus Essen, übrigens benannt nach dem letzte Grubenpferd der Zeche Zollverein.
In andere Welten entführt das 1420er Eichental aus Geldern am Niederrhein. Dieses North England Brown Ale (5,3 % Alkohol), gern auch „Hobbit-Bier“ genannt, wird eigens für die Tolkien-Tage in Geldern gebraut. Ein Prost aufs Auenland! (0,33 l kosten 2,90 Euro)