Pia (29) vermisst ihr besonderes Fahrrad „Es war ein wichtiger Teil von mir“

Pia vermisst ihr besonderes Fahrrad: „Es war ein wichtiger Teil von mir“
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Während sich Pia (29) Kraienhorst an ihre Abenteuer mit ihrem Fahrrad zurückerinnert, kommen ihr die Tränen. „Nach so vielen Erlebnissen hat es einfach irgendwann zu mir gehört. Und jetzt ist es weg.“ Die Radlerin ist verzweifelt. „Das ist wirklich eine Tragödie!“

Bis vor Kurzem legte sie fast jeden Meter auf ihrem geliebten bunten Fahrrad zurück - nun ist es verschwunden. Pia ließ ihr Rad am 17. August gegen Mittag versehentlich in der S-Bahn stehen. Seitdem ist es unauffindbar.

Zwischen Wut und Selbstzweifel

Die 29-Jährige plagen Wut und Selbstzweifel. „Wie konnte ich das Rad nur da stehenlassen? Ich bin so wütend auf mich selbst“, wie sie auch zwei Wochen nach ihrem Verlust noch feststellt. „Das Schlimmste ist, dass es ja meine eigene Schuld ist.“

Als Pia an besagtem Donnerstag mit der S4 am Stadthaus in Dortmund hält, steigt sie aus der Bahn - ohne ihr Rad. Erst bei sich Zuhause, mittlerweile wohnt die gebürtige Dortmunderin in Witten, bemerkt sie es. „Ich habe an dem Tag keinen Helm aufgehabt“, sagt sie. „Ich saß auch nicht im Abteil. Und dann war ich auch noch so müde, dass ich es einfach vergessen habe.“

Als sie ihren Verlust bemerkt, verfällt Pia in Panik. Sie alarmiert sofort einen Freund. Er wohnt in der Nähe der Haltestelle. „Dann haben wir ausgerechnet, wann die Bahn wieder dort hält“, erinnert sich Pia. Ihr Freund stieg in die Bahn - doch die Suche war vergeblich. „Das Fahrrad stand nicht mehr da“, erzählt Pia. Sie zuckt traurig mit den Schultern. Die 29-Jährige geht davon aus, dass jemand das Fahrrad mitgenommen hat. Noch am selben Tag habe sie ihren Verlust bei der Deutschen Bahn gemeldet. Auch bei der Polizei wolle sie den Vorfall noch melden.

Alltag auf zwei Rädern

Pia habe sich nach all den Selbstvorwürfen aber auch vorgenommen, aus ihrem Fehler zu Lernen. „Bei meinem nächsten Rad werde ich auf jeder Bahnfahrt daneben stehen.“ An ein neues Fahrrad denkt sie nur ungern. „Ich würde gerne erstmal abwarten, ob es bald wieder auftaucht.“

Allerdings ist Pia täglich auf ein Rad angewiesen. „Mein Alltag ist davon abhängig. Ich bin mehr Fahrrad gefahren, als ich gelaufen bin.“ Ein Auto besitzt sie nicht. Das Geld und die Umwelt spielen für Pia dabei eine große Rolle.

Am wichtigsten war ihr beim Radeln aber immer der Spaß. „Ich denke realistisch. Früher oder später muss ich mich nach einem neuen Rad umschauen“, gibt sie zu und seufzt. „Aber allein daran zu denken, tut mir in der Seele weh.“

Viel Handarbeit

Was mit dem Fahrrad passiert ist, kann sie sich nicht genau erklären. „Die Farbe ist so auffällig. Das würde man sofort aus der Ferne wiedererkennen.“ Zusammen mit verschiedenen Künstlern aus Dortmund habe sie es aufgepeppt. Sowohl die Lackierung als auch einzelne Teile seien Handarbeit.

Der Rahmen des Fahrrads war in den Farben Gelb, Orange und etwas Rot angesprüht worden.
Der Fahrradrahmen kurz nach der letzten frischen Lackierung. © privat

Gerade deswegen empfindet Pia auch Schuldgefühle. „Es haben so viele Menschen mitgeholfen, dieses Rad wieder in Schuss zu bringen. Dadurch wurde es noch besonderer“, findet die ehemalige Besitzerin.

„Jetzt habe ich es verloren und schäme mich total.“ Sie senkt den Kopf. Auch sie selbst habe an dem Fahrrad viel herumgewerkelt.

Pia werkelt an ihrem Fahrradrahmen herum. Dieser hängt an der Decke, um ihr die Arbeit zu erleichtern.
Pia legte selbst viel Hand an ihrem Rad an. © privat

Pia lernte das Schrauben. Zum einen aus Interesse, aber zum anderen auch aus Liebe zu ihrem Fahrrad. „Ich wollte eigenständiger werden. Ich wurde quasi klassisch weiblich erzogen“, erzählt die 29-Jährige, „mir wurde nie etwas Handwerkliches beigebracht. Das wollte ich ändern.“

„Kein Drahtesel“

Das Fahrrad sei ein gutes gewesen, wie Pia erzählt. „Ich wollte es mein Leben lang behalten.“ Es sei sehr stabil gewesen. Dazu sei die bunte Lackierung für Pia einzigartig. „Wenn du einmal ein gutes Fahrrad hast, willst du nicht nochmal zum Drahtesel wechseln“, scherzt sie kurz.

Schnell schlägt ihre Stimmung aber wieder in Betroffenheit um. Sie befürchtet nichts Gutes. „Das Schlimmste wäre für mich, wenn jemand es kaputt gemacht hat.“

Mit dem Rad quer durch Europa

Seit 2018 hat Pia all ihre Touren mit dem Gefährt gemacht. An die 15.000 Kilometer ist sie auf dem Sattel ihres bunten Rads bereits gefahren. Unter anderem ist die junge Frau damit sogar schon in die Türkei geradelt. Ihre Reise dahin ging quer durch Europa. Ein Jahr lang ist sie unterwegs gewesen. Freunde und ihr Partner Veit haben sie begleitet. „Wir sind zu dritt gestartet. Auf dem Weg hat die Gruppe dann immer wieder variiert“, verrät Pia. „Veit ist dazugestoßen und bis zum Ende mit mir mitgefahren.“

Pia und Veit stehen mit ihren Fahrrädern auf einem Hügel. Hinter ihnen eine Berglandschaft. Beide halten ihre Fahrräder bei sich.
Pia und ihr Freund Veit in Albanien bei einem Zwischenstopp auf ihrer Tour. © privat

Aber auch auf eigene Faust sei Pia streckenweise auf ihrer Tour unterwegs gewesen. „Solo-Abenteuer haben auch ihren gewissen Touch“, findet die Radlerin. Da sie ein Jahr lang unterwegs gewesen ist, habe sie alle Jahreszeiten miterlebt.

„In der Türkei gab es den kältesten Winter seit Jahren“, erinnert sich Pia. Die Nächte habe die Dortmunderin im Zelt verbracht. Teilweise unter dem Gefrierpunkt, wie sie berichtet. „Durch das Radeln hat man sich dann warmgehalten.“

Pia liebt das Radeln, das merkt man, wenn man mit ihr spricht. „Dieses Gefühl, wenn die Räder über den Asphalt rollen, ist einfach unbeschreiblich!“

Gerne wäre sie in der Türkei noch weiter Richtung Osten gefahren. „Irgendwann ging uns dann aber das Budget aus.“

Eine Reise zu sich selbst

Auf ihrer Reise habe sie sehr viel gelernt. „Ich habe mich selbst total gut reflektieren können“, stellt Pia fest. „In Extremsituationen habe ich mich kennengelernt, mit all meinen Grenzen und Ängsten.“

Ihr Freund Veit habe sie durch Vertrauen und Kommunikation viel unterstützt. „Unter solchen Umständen wird man nicht nur zu engeren Beziehungspartnern, sondern auch zu einem richtigen Team“, meint die Radlerin. „Teilweise lagen aber auch echt die Nerven blank. Da ist dann auch kein Platz mehr für Höflichkeiten“, gibt sie zu.

Ihr Fahrrad habe sie auf ihrer Reise umso mehr schätzen gelernt. „Es hat irgendwann einfach zu mir gehört. Das Rad war ein wichtiger Teil von mir - und jetzt ist es einfach weg.“ Beim Erzählen wird sie emotional. An ihrem Rad habe Pia in Form von einzelnen Teilen viele Andenken von ihren Reisen gesammelt. Es habe daher für Pia einen noch größeren emotionalen Wert bekommen.

Pia kniet vor einer Brücke. An der Brücke lehnt ihr buntes Fahrrad.
Pia vermisst ihr Reisefahrrad. Am 17.8. ließ sie es versehentlich in der Bahn stehen. © privat

Auch weitere Touren mit ihrem Rad hatte Pia schon geplant. „Wir wollten in den Flieger steigen und dann im asiatischen Bereich radeln“, sagt sie. „Ich bin echt traurig, dass ich das wahrscheinlich nicht mit meinem alten Reisefahrrad machen werde.“

50 Euro Finderlohn

Umso dringender sucht sie nun danach. Einen Finderlohn von 50 Euro habe sie bereits angesetzt. Einer Freundin von Pia sei ihr Fahrrad vor Kurzem gestohlen worden, wie die Radlerin erzählt. „Auf eBay hat sie es dann aber wiedergefunden, als der Dieb das Rad verkaufen wollte“, sagt Pia. Sie hofft, dass auch ihr Rad womöglich im Internet wieder auftaucht.

„Das Fahrrad ist mir wirklich sehr wichtig. Es hat mich überallhin begleitet“, erzählt sie - und wird nachdenklich. „Ich bin mit dem Fahrrad gewachsen.“ Sie tue nun alles dafür, um ihr geliebtes Fahrrad bald wieder bei sich zu haben.

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 3. September 2023.

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