Dortmunder Top-Restaurants erheben „No Show“-Strafe Weiteres beliebtes Lokal denkt darüber nach

Dortmunder Top-Restaurants erheben „No Show“-Strafe
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Dirk Grammon kann das Wort „Corona“ nicht mehr hören. Nicht, weil der Dortmunder Sternekoch wegen der Pandemie etliche Monate sein Restaurant in Brackel nicht öffnen durfte. Sondern, weil es zu oft als Begründung für eine extrem kurzfristige Stornierung von Reservierungen benutzt wird. „Und bei manchen weiß ich: Das stimmt nicht.“

Sein exklusives und hochpreisiges Edel-Restaurant „Grammons“ (7 Gänge für 169 Euro) hat lediglich sechs Tische - sagen Gäste nur wenige Stunden vorher ab oder kommen einfach nicht, bricht Grammon ein erheblicher Teil des Umsatzes weg. Und mehr noch: „Wir kaufen dafür ein, was gebucht wird“ - und viele edle Lebensmittel sind nicht nur teuer, sondern auch nur sehr kurz haltbar.

Die so genannten „No Shows“ haben sich zu einem ernst zu nehmendem Problem in der Gastronomie entwickelt. Eine Umfrage des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) NRW aus dem Dezember unter 270 Gastronomen in NRW ergab, dass die „No Shows“ bei rund drei Vierteln der Betriebe in den vergangenen Jahren zugenommen haben. Mehr als jeder fünfte der Befragten gab an, durch Reservierungs-Schwänzer mehr als 10 Prozent seines Jahresumsatzes zu verlieren.

Anfang 2022 hatte Grammon genug: Er führte eine so genannte „No Show“-Gebühr ein. Wer seitdem später als 24 Stunden vor dem geplanten Restaurant-Besuch seine Reservierung absagt oder sie einfach nicht wahrnimmt, muss 150 Euro Strafgebühren zahlen. Pro Person, versteht sich. Ein Weg, den immer mehr Restaurants gehen: 11 Prozent der von der Dehoga befragten Gastronomen erheben bereits ähnliche Gebühren.

Dirk Grammon verlangt 150 Euro pro Person, wenn ein Gast seine Reservierung nicht wahrnimmt.
Dirk Grammon verlangt 150 Euro pro Person, wenn ein Gast seine Reservierung nicht wahrnimmt. © Nils Hofmann (Archivbild)

Zu ihnen könnte demnächst auch Florian Kohl gehören. Auch der Inhaber des beliebten schwäbischen Restaurants „Labsal“ im Schatten des Dortmunder U denkt über „No Show“-Strafen für Reservierungs-Schwänzer nach. „Wir würden das gerne einführen“, sagt er.

Bereits vergangenes Jahr sorgte das „Labsal“ für Aufsehen, als es in den Sozialen Medien das „No Show“-Phänomen anprangerte - offenbar vergebens: „Wir hatten in den vergangenen zwei Wochen wieder verstärkt Probleme mit ‚No Shows‘“, sagt der 38-jährige Gastronom. „Auf Dauer ist das ein echter wirtschaftlicher Schaden.“

Doch noch zögert Kohl. Es gebe einiges zu prüfen, etwa den zusätzlichen Verwaltungsaufwand und rechtliche Probleme. Und dann wisse man nicht, wie die Gäste darauf reagierten.

Florian Kohl führt zusammen mit Jessica Pahl das Labsal an der Rheinischen Straße. Er denkt über eine „No Show“-Strafe nach.
Florian Kohl führt zusammen mit Jessica Pahl das Labsal an der Rheinischen Straße. Er denkt über eine „No Show“-Strafe nach. © Oliver Schaper (Archivbild)

Phillip Schneider würde Kohl wohl zur Einführung einer „No Show“-Strafe raten. Der Dortmunder Spitzenkoch - wie Grammon seit 2021 mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet - wagte diesen Schritt bereits 2019. Sein Fazit nach vier Jahren: „Man trifft zwar auf Widerspruch, es ist aber eine gute Sache.“

Praktisch jedes Wochenende habe er Probleme mit „No Shows“. Trauriger Rekord seien einmal drei Tische gewesen - „da bin ich fast ausgerastet“, erinnert sich Schneider. Sein Restaurant „Der Schneider“ in Brackel hat darauf reagiert: „Wir überbuchen uns schon, damit wir jemanden haben, der kurzfristig einspringt.“

Eintreiben ist „Riesen-Hickhack“

Und dann ist da noch die „No Show“-Strafgebühr, bei Schneider 75 Euro pro Person. Die einzutreiben sei zwar manchmal „ein Riesen-Hickhack“, aber eines, das sich lohne. „Der Gast muss verstehen, was er damit anrichtet, wenn er nicht kommt.“ Wie viel Geld er durch die Strafgebühren seit 2019 eingenommen habe, kann er jedoch nicht sagen. „Ich habe keine Zeit, über so etwas Buch zu führen.“

Bei Schneiders Sternekoch-Kollegen Dirk Grammon ist die „No Show“-Strafe eine absolute Ausnahme: Etwa einmal im Jahr passiere es, dass er sie verhängen müsse, berichtet er.

Beide Sterneköche gehen bei den „No Show“-Strafen mit Augenmaß vor: „Wenn jemand kurz vor dem geplanten Besuch bei ihm anrufe, sagt Grammon, „und mir glaubhaft erklärt, das etwas Ernsthaftes passiert ist, finden wir eine Lösung“.

Als Instrument gegen schlichte Reservierungs-Schwänzer möchten sie die Strafe jedoch nicht mehr missen. Dieses Argument könnte auch bei Labsal-Inhaber Kohl den Ausschlag geben: „Wenn es mit den ‚No Shows‘ so weitergeht, können wir keine Rücksicht mehr nehmen.“

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