
© Susanne Riese
Beliebter Italiener aus Dortmund schließt sein Ristorante nach 42 Jahren
Bekanntes Restaurant
Sein Name ist in Dortmund und Umgebung der Inbegriff für feines italienisches Essen – seit mehr als 40 Jahren. Jetzt zieht sich Raffaele Miceli zurück. Für den Standort gibt es gute Nachrichten.
„Da Raffaele“ – der Name weckt bei Freunden der feinen italienischen Küche Bilder von gebratenen Scampi und Penne Arrabiata, von Thunfisch-Sashimi und zartem Rindercarpaccio.
Seit 42 Jahren verwöhnt Raffaele Miceli (66), den alle nur unter seinem Vornamen kennen, seine Gäste mit herausragenden italienischen Speisen und Weinen. Und dafür fahren Dortmunder auch gerne über die Stadtgrenze nach Herdecke. Denn vor 22 Jahren zog es Raffaele nach verschiedenen Stationen in Dortmund von der Wittbräucker Straße an die Dortmunder Landstraße in der Nachbarstadt.
Ein neuer Lebensabschnitt soll beginnen
Nun packt Raffaele auch dort seine Koch-Utensilien zusammen, um sich zukünftig um seine Familie, seine Gesundheit und andere Dinge zu kümmern. Im gemütlichen Ristorante aber gehen nicht dauerhaft die Lichter aus. Ein neuer Italiener wird übernehmen, verrät Raffaele, der selbst ganz in der Nähe auf Dortmunder Stadtgebiet wohnt.

Das Ristorante ist ein Familienbetrieb: „Ohne meine Frau und meine Kinder hätte ich das nicht geschafft“, sagt Raffaele Miceli (r.). © privat
Viele Stammgäste halten dem gebürtigen Neapolitaner die Treue, seit er 1980 in Aplerbeck an der Köln-Berliner-Straße das „La Romantica“ eröffnete. Von dort ging es zu einem anderthalbjährigen Gastspiel nach Norderney, wo er die erste Stehpizzeria der Insel eröffnete, wie er erzählt. Letztendlich sei es ihm an der Nordsee aber zu eintönig gewesen. Es zog den Mann mit dem gewinnenden Akzent zurück nach Dortmund. An der Nordstraße eröffnete er ein Café.
Dann übernahm er das Restaurant seiner Eltern am Schwanenwall. Dort, direkt hinter dem Fina-Parkhaus, begann die Geschichte des „Da Raffaele“. Der damalige Name „Elba“ habe ihm nicht gefallen, deshalb ließ er kurzerhand ein Transparent drucken, um ihn zu überkleben. Auf die Schnelle wurde „Da Raffaele“ kreiert, und das Persönliche und Italienische daran lockte neue Kundschaft an.
Eines Tages habe ihn ein Gast angesprochen, er werde ihm ein Geschenk machen. Wenig später erschien im bekannten Gourmet-Magazin „Der Feinschmecker“ das kleine Da Raffaele neben dem großen Parkhaus als Insider-Tipp. „Von dem Tag an waren wir immer ausgebucht.“

Schick, aber nicht übertrieben – und immer mit frischen Blumen. Das ist der Stil von Raffaele. © Miceli
Doch mit dem Bau der U-Bahn in der Dortmunder Innenstadt kamen Probleme, erinnert sich Raffaele. Ratten wurden durch die Großbaustelle aufgescheucht, und Prostituierte verlagerten ihr Revier. „Zunächst fanden das die Gäste noch ganz interessant, doch dann wurde es lästig.“
1991, als Raffaeles dritter Sohn geboren wurde, zog das Restaurant in den Dortmunder Süden, weit weg von den Problemen der Innenstadt an die Wittbräucker Straße.
Ganz reibungslos lief das zwar nicht, wie sich Raffaele Miceli erinnert. Denn die Brauerei, die bei der Verpachtung des Restaurants ein Wörtchen mitzureden hatte, machte sich Sorgen, dass bei einem Italiener nicht genug Bier verkauft würde.
Doch ein Gast setzte sich für die Mecelis ein. „Zur Eröffnung kamen 500, 600 Leute, es war rappelvoll. Wir hatten damals um eine Spende gebeten. 3600 Euro für die Kinderferienparty haben wir zusammenbekommen.“ Beim Erzählen merkt man Raffaele an, dass er sich noch heute darüber freuen kann.
Mit dem Ende des Pachtvertrags kam etwas Neues
Auch diese erfolgreiche Zeit ging mit dem Auslaufen des Pachtvertrags zu Ende, und der Weg des Da Raffaele führte nach Herdecke. Nun wird die 22 Jahre währende Episode an der Dortmunder Landstraße die vorerst letzte Station im wechselhaften Gastro-Leben von Raffaele Miceli sein, zu dem auch eine Zeit mit der Spaghetti-Factory, mit Eisdielen und Pizzerien gehörte.

Klein und gemütlich ist es in dem Restaurant an der Dortmunder Landstraße. © Miceli
Jetzt soll aber Schluss sein, sagt Raffaele, ein bisschen so, als müsste er sich selbst noch überzeugen. „Meine Gefühle sind gemischt“, gibt er zu. „Einen Tag freue ich mich und will auf meine Gesundheit achten, und am nächsten Tag denke ich, ich werde auf etwas verzichten, was ich geliebt habe und immer noch liebe.“
Die ganze Familie ist mit der Gastronomie verbunden
Er blickt auf den mit Weinflaschen zugestellten Holztresen und die Küche dahinter, blättert durch das dicke Reservierungsbuch. „Ich habe die meiste Zeit meines Lebens hier verbracht, jeden Tag 16 bis 18 Stunden.“ Er sei immer mit Herz und Freude dabei gewesen. „Ohne meine Familie, meine Frau und meine Kinder, wäre das nicht möglich gewesen“, betont der „Gastgeber aus Leidenschaft“, wie er von seinen Gästen beschrieben wird.
„Wir waren immer ausgebucht“, und das ganz ohne Website oder Facebook-Präsenz. Die Werbung übernehmen die Gäste selbst, die auf Tripadvisor und in anderen Portalen Lobeshymnen auf den kleinen Italiener aus Herdecke schreiben. 3000 Gäste aus Dortmund und ganz Deutschland zählt er stolz zu seinem Stammpublikum.

Es fällt dem Patron nicht leicht, sein Reich abzugeben – das Bild rechts zeigt ihn in jüngeren Jahren mit seiner Tochter. © Susanne Riese
Sie lieben das Persönliche in dem gemütlichen Laden mit der kleinen Terrasse, die übersichtliche Karte und noch mehr die Empfehlungen des Chefs und die Warmherzigkeit der ganzen Familie. „Wir versuchen, alles möglich zu machen, so wie es sich der Kunde wünscht.“ Einige Gerichte dürften niemals fehlen, der Salat mit Scampi und Belugalinsen zum Beispiel, der einst aus einem zufälligen Fehlgriff entstanden ist, wie Raffaele schmunzelnd erzählt. Sein liebstes Gericht ist Spaghetti mit Tomatensoße, gekocht von seiner Frau. „Niemand kann sie so gut zubereiten, selbst ich nicht.“
Nun müsse er erst einmal den Kopf frei bekommen, hat sich Raffaele vorgenommen. Ab Ende April hat er dafür viel Zeit. „Dann werde ich mal schauen“, sagt er leicht schelmisch. „Etwas Neues aufmachen kann ich immer.“
Seit 2001 in der Redaktion Dortmund, mit Interesse für Menschen und ihre Geschichten und einem Faible für Kultur und Wissenschaft. Hat einen Magister in Kunstgeschichte und Germanistik und lebt in Dortmund.
