Diari Kardi führt das XL Schnitzelhaus an der Dortmunder Saarlandstraße.

Diari Kardi führt des XL Schnitzelhaus an der Dortmunder Saarlandstraße. © Joscha F. Westerkamp

„Bald ist Schluss!“: Restaurantchef kritisiert Lieferando – Konkurrenten sehen Vorteile

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Essen bestellen viele Dortmunder über Lieferando. Gebühren und Bedingungen sind sehr unterschiedlich. Ein Gastronom macht eine Rechnung auf - er will aussteigen. Konkurrenten sehen die Sache anders.

Dortmund

, 05.08.2022, 10:50 Uhr / Lesedauer: 3 min

Lieferando habe sein Restaurant gerettet, sagt Diari Kardi. Doch wirklich glücklich ist der Inhaber des „XL Schnitzelhauses“ an der Saarlandstraße nicht. „Ich warte jetzt noch einen eventuellen Lockdown im Dezember ab. Und dann ist Schluss mit Lieferando.“

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Vergleichsweise günstig sind die Kosten bei Lieferando-Bestellungen bei ihm: Einen Euro zahlt man an Lieferkosten, die Preise entsprechen denen auf seiner normalen Speisekarte. Bei anderen Restaurants zahlt man teils bis zu sieben Euro reine Lieferkosten – und manchmal dann auch noch höhere Preise für jedes Gericht, als wenn man vor Ort essen würde.

„Ich will nicht alle meine Kosten auf die Kunden schießen“, begründet Kardi. Dafür leide sein Gewinn über Lieferando erheblich.

Diari Kardi verkauft in seinem „XL Schnitzelhaus“ neben Schnitzel auch Nudeln und Pizza.

Diari Kardi verkauft in seinem „XL Schnitzelhaus“ neben Schnitzel auch Nudeln und Pizza. © Joscha F. Westerkamp

„Ich habe den Laden im März 2020 aufgemacht. Da war die ganze Saarlandstraße gesperrt und es kam Corona. Man muss schon ehrlich sagen, ohne Lieferando hätten wir da keine Chancen gehabt", sagt er. Doch: „Das hat dann zwar Umsatz gebracht, war aber im Grunde sinnlos.“ Das, war für ihn bei Lieferando an Gewinn übrig bliebe, sei viel weniger als das, was er an Lieferando zahlen müsse.

Kardi zählt das genauer auf: „13 Prozent gehen bei jeder Bestellung an Lieferando. Außerdem 59 Cent Gebühr für jede Geld-Abbuchung – obwohl die Bank nur etwa 6 Cent nimmt. Dazu kommt die Mehrwertsteuer. Außerdem gibt es von Lieferando eine Stempelkarte. Da bekommt nach zehn Bestellungen eine Lieferung zum halben Preis. Das muss ich auch zahlen.“

Die Lieferando-Fahrer nimmt Diari Kardi gar nicht in Anspruch. Das würde die Provision fast verdreifachen.

Die Lieferando-Fahrer nimmt Diari Kardi gar nicht in Anspruch. Das würde die Provision fast verdreifachen. © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

Insgesamt komme er so auf etwa 20 Prozent, die an Lieferando gehen. Und das, obwohl Kardis Team die Lieferungen selbst ausfährt. Wenn er das als Dienstleistung von Lieferando in Anspruch nähme, wären es bei jeder Bestellung statt 13 Prozent Provision satte 33 Prozent (und dazu kämen weiterhin die 59 Cent Abbuchgebühr sowie die Mehrwertsteuer).

Kardi verrät seine konkreten Zahlungen an Lieferando

Für das Jahr 2020 kann Kardi die Lieferando-Zahlungen in konkreten Zahlen nennen. „In den Monaten März bis Dezember habe ich meinen gesamten Umsatz über Lieferando gemacht. Das waren 120.000 Euro. Davon sind 22.500 Euro an Lieferando gegangen. Das sind mehr als 2.000 jeden Monat!“

Nach Abzug aller weiteren Kosten bliebe für ihn bei Lieferando-Bestellungen nur etwa fünf Prozent Gewinn. „Das ist für eine Gastronomie an der Saarlandstraße gar nichts", so Kardi.

„Wir sind durch den Anfang der Pandemie irgendwie plus minus null durchgekommen. Aber mittlerweile haben wir uns eine Stammkundschaft aufgebaut und machen 70 Prozent des Umsatzes im Restaurant. Bald sollen es 100 Prozent werden. Ich habe schon jetzt den Lieferradius auf ein Drittel verringert.“

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Als Gastronom möge er das Liefer-Prinzip auch einfach nicht. „Ich habe hier Köche, die alles frisch zubereiten. Wenn die Leute bestellen, kommt das frische Essen aber in eine schwarze Box und wird dann 30, 40 Minuten herumgefahren. Dann kann das doch nicht mehr schmecken.“

Null Euro Liefergebühr bei Pizzeria "il Punto"

Eine andere Einstellung zu Lieferando hat Tejiuder Singh. Er führt die Pizzeria „il Punto“ in der östlichen Innenstadt. Als einer von wenigen Gastronomen in Dortmund liefert er ohne zusätzliche Kosten – auch über Lieferando.

Tejiuder Singh führt die Pizzeria „il Punto".

Tejiuder Singh führt die Pizzeria „il Punto". © Joscha F. Westerkamp

Wie das funktioniert? „Wir sind ein Familienbetrieb, ich habe genau einen Mitarbeiter. Wir fahren selbst aus. Und unser Auto ist sehr sparsam. Da haben wir keine hohen Kosten", erklärt Singh. Dazu lieferten sie nur in einem kleinen Radius von etwa drei Kilometern. Bei Diari Kardi sind es – auch nach starker Verkleinerung – noch knapp fünf.

Das, was er an Lieferando zahlen muss, hält Singh für fair. „Die machen einen ganz großen Markt aus. Die Leute bestellen nun mal sehr ungern über ihr Telefon und viel lieber per App. Und wenn alle Bestellungen, die ich per Lieferando kriege, per Telefon bei mir ankommen würden, müsste ich dafür noch eine weitere Person einstellen.“

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Wer ein Problem mit Lieferando habe, müsse ja nicht auf den Anbieter zurückgreifen. „Aber dann muss er auch selbst werben, die Website programmieren und alles. Wenn es ein Problem gibt, regelt Lieferando das sofort.“

„Westermanns“ lässt Lieferando fahren

Auch Manuel Kraas, Inhaber von „Westermanns Deli“ aus der Kaiserstraße, steht Lieferando positiv gegenüber. Wer dort bestellt, zahlt allerdings mittlerweile 3,49 Euro Lieferkosten. Ein Grund dafür: Die Restaurant-Mitarbeiter fahren die Lieferungen nicht mehr selbst aus.

Manuel Kraas ist Geschäftsführer des „Westermanns“.

Manuel Kraas ist Geschäftsführer des „Westermann’s“. © Irina Höfken (Archiv)

„Während Corona haben wir das selbst gemacht. Aber jetzt, wo das Geschäft wieder gut läuft, haben meine Mitarbeiter Besseres zu tun, als Essen zu liefern."

Zur Höhe der Provisionen sagt Kraas: „Dass externe Dienstleister Geld kosten, ist nun mal so." Und teurer wäre es in den letzten Monaten auch geworden, wenn seine Mitarbeiter weiter lieferten. „Wir haben ja auch gestiegene Energiekosten.“

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Lieferando bei sich abzuschaffen, hält er für sich für keine gute Idee. „Es kommt einfach kein anderer Anbieter an die Marktmacht von Lieferando dran. Wenn ich die App nicht nutze, habe ich auch deren Werbewirkung nicht. Die breite Masse geht zum Bestellen einfach direkt zu Lieferando – und findet uns da.“