Gefangen in der eigenen Wohnung Aufzug in Wohnkomplex am Clarenberg ist seit Wochen defekt

Aufzug defekt: Sengül Koc kann Wohnung am Clarenberg nicht verlassen
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Im Wohnkomplex am Clarenberg in Dortmund-Hörde wohnen viele ältere Menschen und junge Familien mit kleinen Kindern. Im Treppenhaus parken Kinderwagen, vor fast jeder zweiten Wohnungstür steht ein Rollator. In Haus Clarenberg 7 ist das ein großes Problem: Der Aufzug in dem Hochhaus ist seit November defekt.

Sengül Koc ist deshalb seit Anfang November in ihrer Wohnung in der zweiten Etage gefangen. Die 68-Jährige ist schwer gehbehindert und kann das Haus nur mit einem Rollstuhl verlassen.

Das elektrische Fahrzeug nützt ihr nichts, seit der Fahrstuhl seinen Dienst aufgegeben hat. Sie kann weder zum Einkaufen noch in ihren geliebten Schrebergarten an der Goymark und nicht einmal spontan zum Arzt. Seit vier Wochen plagen sie Zahnschmerzen.

Die Wohngesellschaft LEG bietet für solche Fälle einen Krankentransportdienst an. Doch die Aussicht, in einem Stuhl durchs Treppenhaus getragen zu werden, macht Sengül Koc Angst.

In Haus Nummer 7 am Clarenberg sind die Bewohner auf die Treppe angewiesen.
In Haus Nummer 7 am Clarenberg sind die Bewohner auf die Treppe angewiesen. © Susanne Riese

Lieber will sie warten, bis der Aufzug wieder fährt. Doch das wird nach Auskunft der LEG noch eine Weile dauern. Erst Anfang März sei das nötige Ersatzteil für die Reparatur verfügbar, teilt Sprecherin Veronika Böhm auf Anfrage mit. Man sei nach dem Ausfall sofort tätig geworden.

„Es handelt sich hier um einen nicht trivialen Schaden, der nur mit dem Einbau eines speziellen Ersatzteils behoben werden kann. Leider bremst die Gesamtgemengelage am Markt und die damit einhergehenden, langen Lieferzeiten die Ersatzteilbeschaffung aus. Die Fachfirma konnte daher bislang die Arbeiten nicht abschließen.“

In einigen Häusern – Clarenberg 11 und 26 sowie in der Wilhelm-Schmidt-Straße 11 – seien zwischen Januar und April Instandsetzungsmaßnahmen an den Aufzügen geplant. Das Haus Clarenberg 7 sei aber nicht betroffen, dort gehe es allein um die Reparatur, nicht um eine Modernisierung.

Tragehilfe wird angeboten

Die Unannehmlichkeiten bedauert Veronika Böhm ausdrücklich. „Wir hatten hier sofort einen informativen Aushang über den Ausfall mit Hinweis auf den von uns in solchen Fällen standardmäßig angebotenen Einkaufs- und den medizinischen Tragedienst für unsere betroffenen Mieterinnen und Mieter im Treppenhaus platziert.“

Die Tragehilfe für Einkäufe wird dienstags und donnerstags in der Zeit von 12.30 und 14.30 Uhr angeboten, die Krankentransporthilfe von Montag bis Freitag von 7.30 bis etwa 16 Uhr.

Familie Koc hat diese Angebote bislang nicht genutzt. Gönül Koc ist vorübergehend bei ihrer Mutter eingezogen, um sie zu versorgen. „Alle sozialen Kontakte und normale Alltagsdinge wie einkaufen sind nicht möglich“, sagt Gönül Koc. „Das ist nicht menschlich, ihre Psyche ist deshalb angeschlagen.“

Mit ihrem elektrischen Rollstuhl kommt Sengül Koc derzeit nicht weit.
Mit ihrem elektrischen Rollstuhl kommt Sengül Koc derzeit nicht weit. © Suanne Riese

Auch die Schwiegertochter Angelique Schneider kümmert sich um die Frau, die seit 15 Jahren am Clarenberg wohnt und sich nur mit großer Mühe mit Rollator bewegen kann. „Sie hat ihre Selbstständigkeit komplett verloren.“

Unzählige Male habe sie bei der LEG angerufen, sagt Gönül Koc, aber keinen Ansprechpartner gefunden. Schließlich verfasste sie einen Beschwerdebrief und kündigte eine Minderung der Miete an. „Genau die Menschen, die aufgrund einer körperlichen Einschränkung auf den Fahrstuhl angewiesen sind, werden von der LEG schon seit Jahren im Stich gelassen“, schreibt sie. Denn der Fahrstuhl falle immer wieder aus, und das in einer ganzen Reihe von Häusern.

Provisorische Seilzüge

Für viele Bewohnerinnen und Bewohner sei das ein Riesenproblem. So müssten ältere Nachbarn extra einen Hundesitter beschäftigen, weil sie selbst nicht die Treppen bewältigen können, um mit ihren Hunden Gassi zu gehen.

Ihre Schwester könne die Mutter nur besuchen, wenn noch jemand dort sei. Sie habe kleine Zwillinge, die sie alleine nicht gleichzeitig hochtragen kann. „Und man kann ja nicht ein Kind einfach unten stehen lassen.“

Die Mieter aus den oberen Stockwerken des Hauses mit sieben Etagen zögen ihre Einkäufe inzwischen mit Seilen nach oben, damit sie nicht alles hinauftragen müssen. Auch sie könnten sich allerdings helfen lassen. Zettel am Eingang und am Fahrstuhl weisen auf den Trage-Service hin, der an zwei Tagen in der Woche angeboten wird.

Auf die schriftliche Beschwerde der Familie Koc hin schrieb die LEG Mitte Dezember zurück und kündigt die Reparatur mit Hinweis auf Lieferschwierigkeiten und Mitarbeitermangel zunächst für die 13. Kalenderwoche (Ende März) an, korrigierte das dann aber: „Wir können Ihnen mitteilen, dass wir den Aufzug am 3. März repariert haben werden.“

Das bedeutet für Sengül Koc weitere drei Wochen Gefangenschaft in ihrer eigenen Wohnung.

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