Für den 27. März (Montag) ist in den Westfalenhallen eine Veranstaltung angekündigt, die im Vorfeld für Kontroversen sorgt. Der Schweizer Publizist Daniele Ganser soll auf der Bühne stehen. Ganser ist umstritten.
Er gilt der verschwörungsideologischen Szene zugehörig. Bekannt wurde er, indem er öffentlichkeitswirksam die Anschläge vom 11. September 2001 in Frage stellte. Einige seiner Äußerungen werden als antisemitisch eingestuft.
Kritik an Schweizer Historiker
Ganser bezeichnet sich auf seiner Homepage als „Historiker und Friedensforscher“. Darunter stehen Zitate von anderen über ihn, in denen er unter anderem als „Popstar der Friedensbewegung“ oder als „Wilhelm Tell unter den Historikern“ bezeichnet wird.
In Innsbruck in Österreich untersagte der Bürgermeister einen Vortrag. An vielen seiner Auftrittsorte gab es in der Vergangenheit Protest.
Das gilt jetzt auch für Dortmund, wo er über sein neues Buch mit dem Titel „Warum ist der Ukraine-Krieg ausgebrochen?“ sprechen will.
Von mehreren Seiten wird vehement kritisiert, dass Ganser in einer städtischen Immobilie Raum gegeben werde. So hat sich die Fraktionsspitze von Bündnis 90/Die Grünen in Dortmund, Ingrid Reuter und Christoph Neumann, in einem Statement nun geäußert.
Kooperation mit rechten Medien
„Wir werden sowohl im Rat als auch im Aufsichtsrat der städtischen Westfalenhalle den Vorgang thematisieren“, heißt es hierin. „Mit der klaren Zielsetzung, dass die Westfallenhalle den Vertrag für die Veranstaltung mit Daniele Ganser kündigt.“
Laut den Grünen kooperiere Ganser mit einschlägigen rechten Magazinen und Formaten wie „Russia Today“ oder „KenFM“ oder „Compact“, das vom Bundesamt für Verfassungsschutz seit Dezember 2021 als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft werde.
Antisemitische Impf-Aussagen
„Das Netzwerk zur Bekämpfung von Antisemitismus in Dortmund stuft Äußerungen von Ganser als antisemitisch ein“, schreiben Ingrid Reuter und Christoph Neumann.
Man sei deshalb „fassungslos, dass die städtische Tochter Westfalenhalle Räumlichkeiten für eine Veranstaltung mit Ganser zur Verfügung stellt.“ Der Rat der Stadt habe sich in der Vergangenheit mehrfach klar gegen Antisemitismus, Rechtsextremismus und rechtes Gedankengut positioniert.
Kritik von Beratungsstelle
„Die letzten Jahre haben gezeigt, wie Verschwörungsideologinnen und -ideologen mit ihrer demokratiefeindlichen Propaganda versucht haben, den öffentlichen Diskurs zu bestimmen. Sie verfolgen damit nur ein Ziel: Die Gesellschaft zu spalten, um schlussendlich die Demokratie zu zerstören. Das lassen wir nicht zu“, so die Grünen-Fraktion.
Deutliche Kritik an dem Auftritt äußert über ihren Twitter-Account auch die Organisation „U-Turn“, eine Beratungsstelle zum Thema Rechtsextremismus. Gansers Methode bestehe darin, durch Suggestivfragen eine Verschwörung zu suggerieren und Ressentiments zu aktivieren.
„U-Turn“ zufolge verbreite Ganser zum Ukraine-Krieg zudem Thesen, die an russische Staatspropaganda erinnern, wie etwa, dass die Nato hauptverantwortlich für den Krieg sei.
Verharmlosung des Holocaust?
Ganser habe die Spaltung der Gesellschaft in Geimpfte und Ungeimpfte mit dem Verhältnis von Nazis und Juden zur Zeit des Nationalsozialismus verglichen.
Pia Lamberty, Expertin für verschwörungsideologische Theorien, stuft dies laut „U-Turn“ als „geschichtsrevisionistisch und holocaust-verharmlosend“ und damit als eine „Form des Antisemitismus“ ein.
Erst vor Kurzem war in Dortmund eine Debatte über Veranstaltungen mit demokratiefeindlichem Inhalt aufgetaucht, nachdem türkische Rechtsextremisten aus dem Umfeld der „Grauen Wölfe“ in einem privaten Saal in der Nordstadt gefeiert hatten.
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