
Ali Kleit hat eins: Mit dem 9-Euro-Ticket fuhr er am Mittwoch von Hörde nach Unna. © Andreas Schröter
Erster Tag mit 9-Euro-Ticket: „Wir haben niemanden stehen lassen müssen“
Bus- und Bahnverkehr
Der 1. Juni ist der erste Tag mit dem 9-Euro-Ticket. Die spannende Frage bleibt, wie sich der Rabatt auswirkt und ob es in Bussen und Bahnen in Dortmund eng wird. Wir haben nachgehört.
Katrin Wienand ist als Pendlerin jeden Tag am Hörder Bahnhof - und kennt so fast jeden Stammgast, der hier in den Zug steigt. An diesem Mittwochmorgen, stellt sie fest, sind zumindest ein paar unbekannte Gesichter dabei. Der Grund dafür dürfte das Neun-Euro-Ticket sein, das seit dem 1. Juni als Monatsticket gilt und das zum Umsteigen vom Auto auf Bus und Bahn animieren soll.

Pendlerin Katrin Wienand entdeckte am Hörder Bahnhof am Mittwoch auch ein paar neue Mitfahrerinnen und Mitfahrer. © Andreas Schröter
Bei Mirjam Sorg, die ebenfalls am Hörder Bahnsteig steht, hat das gewirkt. Sie fährt mit ihrem neuen 9-Euro-Ticket nach Bochum. Sonst hat sie die Strecke immer mit dem Auto bewältigt. „Aber wenn man jetzt nicht anfängt, etwas zu ändern, ändert sich ja nie was“, sagt sie.
Immerhin ist die Nachfrage nach dem Rabatt-Ticket auch in Dortmund sehr groß. DSW21 registrierte zum 1. Juni insgesamt 67.000 verkaufte 9-Euro-Tickets. Allein in der letzten Woche vor dem Start gab es gut 2.500 Neuregistrierungen in der Ticket-App DOtick. Zum Vergleich: In den ersten viereinhalb Monaten des Jahres waren es rund 4500. Und auch der erst seit Mittwoch mögliche Verkauf der 9-Euro-Tickets an Automaten lief gut an.

Seit dem Monatsersten ist für den jeweiligen Monat auch der Kauf des 9-Euro-Tickets am Automaten in den Stadtbahnstationen möglich. © Wiebke Plöger
Trotzdem: Viel voller als üblich war es am Mittwochmorgen in Bussen und Bahnen nicht, wie Ali Kleit feststellt, der mit dem 9-Euro-Ticket am Mittwochmorgen von Hörde nach Unna fuhr. Das bestätigt auch der generelle optische Eindruck von Bahnsteigen, Bussen und Bahnen im Stadtgebiet. Von „business as usual“, also dem üblichen Geschäft, spricht auch DSW21-Sprecher Frank Fligge.
Keine überfüllten Fahrzeuge
„Wir hatten am Morgen keine überfüllten Fahrzeuge und haben niemanden an einer Haltestelle stehen lassen müssen, weil das Fahrzeug aus allen Nähten platzt“, bilanzierte er am Vormittag.
Auch dauerhaft macht sich Frank Fligge keine Sorgen, dass die bis Ende August befristete 9-Euro-Ticket-Aktion für übervolle Busse und Bahnen sorgen wird und damit zur Anti-Werbung für den öffentlichen Nahverkehr werden könnte. Bei den 67.000 verkauften 9-Euro-Tickets seien ja auch die Kundinnen und Kunden mitgezählt, die ihr Ticket sonst zum üblichen Preis gekauft hätten, merkt der DSW21-Sprecher an.
Generell sei auch noch Luft bei Bussen und Bahnen. Im Vergleich zur Zeit vor Corona liege man noch immer bei einer Auslastung von nur 80 bis 85 Prozent, so Fligge. Und schließlich fallen von den drei Monaten Aktionsphase sechs Wochen auf die Sommerferien. „Wir gehen also davon aus, dass wir in Dortmund wirklich gut klarkommen werden“, sagt der DSW-Sprecher. Und generell freue man sich, „dass der Fokus jetzt so stark auf dem ÖPNV ist, auch politisch“.
Bemerkbar gemacht hat sich das 9-Euro-Ticket auf jeden Fall in den Kundencentern von DSW21. „Wir haben aber immer noch Zeit, um die Kunden zu beraten“, betont Andreas Hamburger, Mitarbeiter im DSW21-Kundencenter an der Kampstraße. Fragen gebe es etwa zur Reichweite - das Ticket ist bundesweit gültig - oder zur Mitnahme von Personen, die allerdings nicht möglich ist.
Auch die berühmte Frage, ob und wie man mit dem Ticket nach Sylt kommt, tauchte schon auf. „Dafür haben wir dann aber keine Zeit, das sprengt den Rahmen“, merkt Andreas Hamburger an.
Warten auf Ausflugsverkehr
Absehbar ist, dass viele Menschen das 9-Euro-Ticket in den nächsten Wochen und Monaten für die Freizeit und für Ausflüge nutzen werden. Man werde das in den nächsten Tagen und über Pfingsten sehr genau beobachten, kündigt Frank Fligge an. Wenn man zu bestimmten Zeiten und auf bestimmten Linien ein erhöhtes Fahrgastaufkommen feststelle, werde man schauen, ob man ein paar Zusatzfahrten oder eine Taktverdichtung einplanen kann.
Dem Ganzen seien mit Blick auf den Fahrzeugpark und das Personal allerdings Grenzen gesetzt, merkt der DSW-Sprecher an. „Man kann nachjustieren. Aber wir können nicht von heute auf morgen von einem 10- auf einen 5-Minuten-Takt umstellen.“
Oliver Volmerich, Jahrgang 1966, Ur-Dortmunder, Bergmannssohn, Diplom-Journalist, Buchautor und seit 1994 Redakteur in der Stadtredaktion Dortmund der Ruhr Nachrichten. Hier kümmert er sich vor allem um Kommunalpolitik, Stadtplanung, Stadtgeschichte und vieles andere, was die Stadt bewegt.

Ich fahre täglich durch den Dortmunder Nordosten und besuche Menschen, die etwas Interessantes zu erzählen haben. Ich bin seit 1991 bei den RN. Vorher habe ich Publizistik, Germanistik und Politik studiert. Ich bin verheiratet und habe drei Töchter.
