Zu schade für die Tonne: Lebensmittel retten und abholen in Dorsten

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Zu schade für die Tonne: Lebensmittel retten und abholen in Dorsten

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Lebensmittelrettung liegt im Trend, auch in Dorsten gibt es, offen für alle, verschiedene Möglichkeiten, selbst aktiv zu werden. Eine davon ist erst aus einem schweren Streit entstanden.

Dorsten

, 06.02.2022, 11:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Die Themen Nachhaltigkeit, Müllvermeidung und Lebensmittelrettung sind auch in Dorsten längst angekommen. Neben der Tafel, die übrig gebliebene Lebensmittel zu sehr günstigen Preisen an Bedürftige verkauft, gibt es zwei weitere, sogar komplett kostenlose Angebote.

Eine davon ist „Foodsharing“, ein in Deutschland, Österreich und der Schweiz aktiver Verein, der über die Plattform foodsharing.de vernetzt ist. Bei Foodsharing werden sowohl unter Privatpersonen Lebensmittel verschenkt als auch von gewerblichen Partnern abgeholt. Für letztere Variante, die sich Foodsaving nennt, muss ein Quiz gemacht sowie eine Einarbeitung mit erfahrenen Abholern, den sogenannten Foodsavern, absolviert werden.

Foodsharing ist für alle da

„Wir kommen immer erst nach der Tafel“, sagt Annette Peine von Foodsharing Dorsten. Bei Foodsharing werden nämlich ausdrücklich auch Lebensmittel nach Ablauf der Mindesthaltbarkeit weitergegeben, solange diese noch bedenkenlos genießbar sind. Ausdrücklich ausgeschlossen ist jedoch eine spätere Haftbarmachung der Betriebe oder Foodsaver für die Qualität der Waren.

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Abholen darf jeder. „Wir richten uns nicht nur an Bedürftige“, betont Foodsharing-Botschafterin Annette Peine, die sich das Amt mit Yvonne Friesen teilt. Abgegeben werden die Lebensmittel dann an zentraler Stelle zu festgelegten Zeiten, die vorher über die eigene Facebookseite bekannt gegeben werden. Momentan passiert das einmal pro Woche. Gleichwohl führe ihr 165 Mitglieder starke Verein auch private Verteilungen in besonders benachteiligten Gegenden sowie in ausgewählten Privathaushalten durch. Inzwischen gibt es auch eine zweite Facebookseite für Lebensmitteltausch und -abgaben unter Privatpersonen, die „Lebensmittel verschenken Dorsten“-Gruppe.

Einen eigenen Fairteiler, einen zentralen Raum mit Kühlschrank und Regale, hat der Foodsharing-Bezirk nicht mehr.

Heftiger Streit unter Foodsharern

Grund dafür ist ein vorausgegangener Streit mit dem alten und neuen Betreiber, der Familie Johannsen, die die Foodsharing-Idee in Dorsten im Jahr 2018 erst ins Rollen gebracht hatte. Tochter Nicky hatte sich in Australien vom illegalen Mülltauchen, auch Containern genannt, inspirieren lassen. Beim Containern, das es auch hierzulande gibt, werden von Supermärkten weggeworfene Lebensmittel aus Abfallbehältern gerettet.

Die darin befindlichen Nahrungsmittel wurden etwa wegen abgelaufener Mindesthaltbarkeitsdaten, Druck- und Fäulnisstellen oder aus Überschuss weggeworfen, sind jedoch ohne größere Geschmacks- und Qualitätseinbußen und ohne erhöhtes gesundheitliches Risiko noch essbar. „Unsere Tochter war total erstaunt und begeistert, was sich aus diesen Lebensmitteln noch machen ließ“, sagt Vater Dieter.

Raus aus der Illegalität

Zusammen mit Nicky und Frau Karin suchte man nach einer legalen Variante, Lebensmittel vor der Tonne zu retten. Also schloss man sich Foodsharing an. Anfangs wurden die bei der Dorstener Tafel aussortierten Lebensmittel abgeholt. Mit dem Beginn der Coronakrise, als die Tafel zwischenzeitlich geschlossen war, steuerte man auch vermehrt Supermärkte an. „Wir hatten viel zu tun“, so Dieter Johannsen. Mit der Anzahl der Helfer wuchsen aber auch die Probleme, Missgunst und gegenseitige Verleumdungen waren an der Tagesordnung. Sogar eine eidesstattliche Erklärung sollte die Familie am Ende unterschreiben. „Es ging gar nicht mehr um die Sache“, erinnert sich Karin Johannsen.

Die Familie stieg aus und gründete ihre eigene Initiative, die im Gegensatz zu einem eingetragenen Verein ohne viel Bürokratie auskommt.

Die Umweltinitiative „Robin Food“ war geboren, die das Ehepaar Johannsen in Zusammenarbeit mit lokalen Betrieben, der Stadt Dorsten“, „Dorsten dank(t) dir“ und der Dorstener Arbeit betreibt. Seit dem 18. Januar wird am wieder zum Leben erweckten Fairteiler am Holzplatz 19 nun jeden Dienstag ab 16 Uhr eine Lebensmittelausgabe organisiert. „Wir richten uns an Bedürftige“, sagt Dieter Johannsen.

Karin und Dieter Johannsen haben nach viel Streit und Problemen mit „Foodsharing" ihre eigene Initiative „Robin Food" ins Leben gerufen.

Karin und Dieter Johannsen haben nach viel Streit und Problemen mit „Foodsharing" ihre eigene Initiative „Robin Food" ins Leben gerufen. © privat

Wieder Spaß am „Fairteilen“

Einen Nachweis verlange man nicht, vertraue aber auf die Aufrichtigkeit der Abholenden. In seinem neuen kleinen Team aus circa sechs Helfern fühlt er sich super wohl, der Spaß an der Lebensmittelrettung, die unmittelbar vor Ausgabe am Dienstagnachmittag bei ausgewählten Partnern erfolgt, ist zurück. „Letzte Woche waren mehr als 40 Leute zum Abholen da“, freut er sich über die gute Resonanz. Am Abholtag ist sein Team zwischen 8 und 18 Uhr unter Tel. (0157) 51234765 für weitere Fragen erreichbar.