
© Michael Klein (A)
Türkischer Metzger gibt ein halbes Jahr nach der Eröffnung auf
Betrieb geschlossen
Die erste türkische Metzgerei in Dorsten hat nur kurze Zeit überlebt. Ein halbes Jahr nach ihrer Eröffnung hat Hüseyin Karadavut aufgegeben. „Es hat sich nicht gelohnt“, sagt er.
Hüseyin Karadavut und seine Frau Cansu waren richtig unternehmungslustig, als sie sich 2020 nach einem geeigneten Ladenlokal für ihre Fleischerei im Ruhrgebiet umsahen. Trotz der vielen Betriebsschließungen im Metzgereihandwerk glaubten sie daran, in Dorsten mit ihrer Geschäftsgründung Erfolg haben zu können, als sie ihr Fleischhaus „Et Evi“ am 1. Dezember 2020 Im Harsewinkel eröffneten.
Umso mehr ist Karadavut enttäuscht, dass er mit seinem Angebot bei den Hervestern und Dorstenern nicht landen konnte: „Der Umsatz unter der Woche war viel zu niedrig, lediglich am Wochenende kam Geld rein“, sagt er. Unterm Strich sei die Fleischerei im Hervester Harsewinkel aber ein Zuschussgeschäft gewesen. „Ich habe 20.000 Euro aus eigener Tasche zugebuttert, aber das hat nicht gereicht.“

Wenige Monate nach der Eröffnung ist schon wieder Schluss: Die türkische Metzgerei Im Harsewinkel hat zum Bedauern einiger weniger Kunden wieder geschlossen. © Claudia Engel
Seit 29. Mai, die Hervester und die Dorstener Kundschaft werden es bemerkt haben, ist das Fleischhaus „Et Evi“ wieder geschlossen. An der Eingangstür steht noch das Schild „Neueröffnung“, denn die liegt ja erst kurze Zeit zurück. Sie war am 1.12.2020.
Viele Kunden haben ihn nach der Schließung angerufen
„Viele Kunden haben mich angerufen, als es schon zu spät war“, sagt Karadavut. Einige hätten ihr Bedauern geäußert. Er meint, dass er wohl zu einem schlechten Zeitpunkt eröffnet habe. Corona allein sei aber nicht allein das Problem gewesen: „In der Woche war die Laufkundschaft viel zu gering.“
Das, obwohl rund um den Harsewinkel, insbesondere in der Siedlung rund um den Brunnenplatz, viele türkischstämmige Mitmenschen wohnen. Karadavut hatte bei der Eröffnung angenommen, dass sein Frischfleisch vom Lamm, Rind, Kalb, alles halal, beim Publikum ankommen würde. Für die Fleischlieferung hatte er einen Großhändler seines Vertrauens aus Castrop-Rauxel gewählt. Und das Geflügel kam von einem Fleischproduzenten, der laut seiner Auskunft „in der türkischstämmigen Gemeinschaft einen sehr guten Ruf“ hat.
Doch die türkischstämmigen Mitbürger in Dorsten haben bereits feste Adressen in Hervest, wenn nicht sogar in Marl. Dirk Renner, Geschäftsmann aus Hervest, sagte auf Anfrage, dass Kunden das Fleischangebot eines anderen türkischen Anbieters auf der Halterner Straße seit Langem zu schätzen wissen: „Den aus Essen kommenden Fleischer kannten viele gar nicht“, so Renner. Dass Karadavut, mit dem er persönlich häufiger gesprochen und bei dem er auch „wirklich gutes Fleisch zu erstaunlich günstigen Preisen „eingekauft habe, den angekündigten Mittags- und Frühstückstisch nicht eingeführt hat, hält er für einen schweren Fehler: „Ich denke, Metzgereien können nur dann überleben, wenn sie sich spezialisieren.“
Margitta Renner-Gellermann wundert das Aus ebenfalls nicht: „Das hat aber nichts mit dem Standort in Hervest zu tun.“ Metzgereien-Schließungen seien überall zu beobachten. Auch in Holsterhausen habe ein Fachgeschäft geschlossen. Sie führt das unter anderem auf das Einkaufsverhalten der Verbraucher zurück: „Die Leute wollen billiges Fleisch.“
Karadavuts Bemühungen, beim Käufer mit seinem Angebot zu punkten, wurden augenscheinlich nicht von der Bevölkerung honoriert. So blieb dem Essener nur der geordnete Rückzug aus Dorsten übrig, um eine Insolvenz zu vermeiden.
Jetzt sucht er in Essen nach einem Geschäftslokal
Der in Essen wohnhafte Hüseyin Karadvut gibt trotz der Schlappe in Dorsten aber nicht auf. Er will nach wie vor selbstständig tätig sein: „Ich suche jetzt in Essen nach einem geeigneten Geschäftslokal“, erzählt er. In seiner Heimatstadt erhofft sich Karadavut einen größeren Kundenstamm und bessere Umsätze.
Seit 20 Jahren als Lokalredakteurin in Dorsten tätig. Immer ein offenes Ohr für die Menschen in dieser Stadt, die nicht meine Geburtsstadt ist. Das ist Essen. Ehefrau, dreifache Mutter, zweifache Oma. Konfliktfähig und meinungsfreudig. Wichtige Kriterien für meine Arbeit als Lokalreporterin. Das kommt nicht immer gut an. Muss es auch nicht. Die Leser und ihre Anliegen sind mir wichtig.
