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Fleischereien kämpfen wegen Kaufverhalten der Kunden ums Überleben
Meinung
Der erste türkische Fleischer in Dorsten hat ein halbes Jahr nach der Eröffnung seines Geschäftes wieder aufgegeben. Corona war nicht der Grund. Ein Kommentar.
Viele Menschen mögen Fleisch. Doch es muss günstig sein. Sehr günstig. Fleischereifachbetriebe bekommen die Auswirkungen der „Geiz-ist-Geil“-Haltung zu spüren. Die Tiere, die als Schlachtprodukte in der Kühlung landen, haben schon zu Lebzeiten darunter gelitten. Alle wollen zwar, dass es den Tieren gut geht. Wenn es aber ums Bezahlen geht, ist ihnen diese Haltung keinen zusätzlichen Cent mehr wert.
Ein Ernährungspsychologe hat in einem Interview mit der „Zeit“ die provokante These aufgestellt, dass die Deutschen keine Esskultur haben und auch Besserverdienende Billigfleisch kaufen, „weil die Deutschen über alle Bevölkerungsgruppen hinweg geizig beim Essen sind“. Das stimmt leider. Denn sonst könnten sich die Fachbetriebe behaupten.
So aber müssen Metzgerei- und Bäckereifachbetriebe deutschlandweit ums Überleben kämpfen. In Dorsten ist das genauso. Einigen gelingt der Überlebenskampf mit spezialisierten Angeboten, etwa mit Frühstücks- und Mittagstisch. Oder weil sie keine Miete zahlen müssen, da sie Eigentümer der Geschäftslokale sind.
Der türkische Fleischer hat Lehrgeld in fünfstelliger Höhe für seine Annahme zahlen müssen, dass Dorsten ein gutes Pflaster für seine Fleischerei sein könnte. Das hat sich als Irrtum erwiesen. Denn für viele Fleischesser hört der Spaß beim Preis auf.
Seit 20 Jahren als Lokalredakteurin in Dorsten tätig. Immer ein offenes Ohr für die Menschen in dieser Stadt, die nicht meine Geburtsstadt ist. Das ist Essen. Ehefrau, dreifache Mutter, zweifache Oma. Konfliktfähig und meinungsfreudig. Wichtige Kriterien für meine Arbeit als Lokalreporterin. Das kommt nicht immer gut an. Muss es auch nicht. Die Leser und ihre Anliegen sind mir wichtig.
