Trotz Mercaden: Viele Leerstände in der Lippestraße

Optimismus ist verflogen

Die Mercaden als Hoffnungsträger für die gebeutelte obere Lippestraße? Ein Jahr nach Eröffnung des Einkaufszentrums ist dieser Optimismus erst einmal verflogen. Sieben Leerstände gibt es aktuell, zwei weitere folgen bald.

Dorsten

, 09.06.2017, 06:03 Uhr / Lesedauer: 3 min

Am 1. Oktober wird die Café-Filiale der Bäckerei „Karl“ (Hausnummer 38) schließen, nebenan zieht Jennifer Eikenkamp noch im Juni mit ihrem Fachgeschäft „Serendipity – Der Glücksfund“ aus, um ihr geschäftliches Glück künftig woanders zu finden.

„Die Lippestraße schwächelt ganz schön stark, was nicht gut ist für die Stadt“, sagt Thomas Hein, Vorsitzender der Dorstener Kaufmannschaft (DIA). Für ihn „steht und fällt die Situation dort mit den Mercaden“. Und auch mit der Nachnutzung des alten Mensing-Herrenhauses. „Die ist ja noch ein Geheimnis, außerdem hängt da weiter das Maklerschild im Schaufenster“ – obwohl nach Angaben der Eigentümer eigentlich zum Jahresende ein neuer Mieter einziehen solle. Die Bäckerei-Kette „Karl“ gibt den Standort auf, „weil der Mietvertrag ausgelaufen ist“, erklärte eine Sprecherin der Firma auf Anfrage unserer Zeitung.

Andere Kundschaft erhofft

Dies gilt auch für „Serendipity“. „Wir hätten ihn womöglich noch verlängert, wenn die Voraussetzungen hier nicht so schlecht wären“, sagt Pächterin Jennifer Eikenkamp. „Doch die Kundschaft ist nicht die, die wir uns hier versprochen haben.“ Vor zwei Jahren hat sie mit ihrer Mutter Ute das exquisite Ladenlokal mit hochwertigen Stoffen, Papeterie- und Geschenk-Artikeln eröffnet. „Als Dorstener wollten wir unbedingt hier die Innenstadt mit einem schönen Angebot beleben.“

"Falscher Ort"

Doch die Lippestraße sei der falsche Ort gewesen, trotz aller anfänglicher Zuversicht im Hinblick auf die Mercaden. „Seitdem das Geschäft Alkazaar weg ist, scheint ein imaginärer Block Richtung Lippetor zu liegen“, so Ute Eikenkamp: „Hier kommt kaum einer mehr lang.“ Und dann drohe auch noch der Umbau der Fußgängerzone mit seinen langwierigen Bauarbeiten, die im Sommer in der Lippestraße beginnen.

„Ein Vertreter der Industrie- und Handelskammer sagte uns, dass wir da mit einem Umsatzrückgang von mindestens 30 Prozent rechnen müssen“, so Ute Eikenkamp. Mutter und Tochter versuchten zwar, woanders in der Stadt ein neues Geschäftslokal zu finden. „Doch was selbst in Seitenstraßen an hohen Mieten und Maklergebühren aufgerufen wird, ist unglaublich“, erzählt Jennifer Eikenkamp.

Einzelhandel geht es schlecht

DIA-Vorsitzender Thomas Hein bestätigt das: „Dem Einzelhandel geht es immer schlechter. Die Eigentümer haben anscheinend noch nicht verstanden, dass sie nicht mehr die Mieten von vor 15 Jahren nehmen können.“ Eine Einschätzung, die Christoph Krafczyk, City-Manager im Stadtteilbüro des Stadtumbau-Projektes „Wir machen Mitte“, teilt.

„In Gesprächen müssen wir die Eigentümer darüber aufklären, dass der stationäre Handel stark unter der Online-Konkurrenz zu leiden hat und sie darauf bei der Mietpreisgestaltung Rücksicht nehmen sollten.“ Die Lippestraße hat nach seinen Worten eine Entwicklung genommen, „die letztendlich so nicht zu erwarten war“. Die jüngsten Geschäftsaufgaben hätten aber unterschiedliche Gründe, „da darf man nicht pauschalisieren“. Für Christoph Krafczyk ist der Bereich aber kein Sorgenkind. „Wir nehmen uns aber der Sorgen der Eigentümer und Mieter an. Wir verstehen uns als Vermittler.“

Leerstandsmanagement

Ein Instrument sei dabei das Leerstandsmanagement, das Anbieter und Interessenten zusammenbringen soll. Ein anderes sind die Förderprogramme, die durch „Wir machen Mitte“ für Umbauten aufgelegt werden. So interessiere sich laut Krafczyk derzeit ein Immobilieneigentümer in der Lippestraße für eine mögliche umfassende Sanierung. „Doch bevor er einen sechsstelligen Betrag in die Hand nimmt, möchte er natürlich schon die realistische Perspektive haben, dass sich anschließend ein Nutzer findet.“

DIA-Vorsitzender Thomas Hein hofft indes darauf, dass die Fußgängerzone möglichst bald in neuem Glanz erstrahlt. „Natürlich tun die Bauarbeiten weh“, sagt er. „Aber dafür sieht die Innenstadt anschließend viel attraktiver aus.“ Ute und Jennifer Eikenkamp werden dann längst ihr neues Geschäft im ehemaligen Restaurant „Castello“ (Gahlener Straße/Clemens-August-Straße) eröffnet haben. „Das können wir dort sogar um ein kleines Café ergänzen.“

Übrigens: Neben den „Zu vermieten“-Schildern und den leeren Schaufenstern, die durch Werbe-Dekorationen anderer Geschäfte kaschiert werden, findet sich dann doch ein Hinweis auf einen Neuzugang für die Lippestraße. In Hausnummer 7 wird demnächst der Handy-Shop „Axion“ einziehen, der derzeit noch in der Essener Straße sitzt. Aber: Frequenzbringer sehen anders aus.