
© Michael Klein
Tisa-Archiv in Dorsten öffnet mit Dreier-Ausstellung seine Türen
Zechengelände
Das Tisa-Archiv in Dorsten sichert künftig das Erbe der Künstlerin, Ordensfrau und Ehrenbürgerin Tisa von der Schulenburg (Schwester Paula). Mit einer Dreier-Ausstellung ist es nun geöffnet.
Eigentlich sollte am 8. Februar - am Todestag der 2001 verstorbenen Ursulinen-Ordensfrau, Künstlerin und Dorstener Ehrenbürgerin Tisa von der Schulenburg (Schwester Paula) - eine große Eröffnungsfeier mit Vernissage, musikalischen Beiträgen und Gaumenfreuden stattfinden. „Doch das hat die Corona-Situation verhindert“, sagt Lambert Lütkenhorst, Vorsitzender der Tisa-Stiftung.
Dennoch ist er froh, dass das neue Tisa-Archiv auf dem Ex-Zechengelände Fürst Leopold in Dorsten immerhin still und leise mit einer ersten Ausstellung bestückt wurde und die Räumlichkeiten nun der Öffentlichkeit präsentiert werden.
Projekte mit Schulen
Auch als außerschulischer Lernort könnte das Gebäude im Schatten des Fördergerüsts schon genutzt werden. „Projekte mit Schulen werden wir aber erst dann veranstalten, wenn es die pandemische Lage zulässt“, erklärt Sabine Fischer, Leiterin der Dorstener Stadtagentur und Geschäftsführerin der Tisa-Stiftung.
Schon am Eingang des Gebäudes mit der Nummer 65 werden die Besucher von einem großen Porträtfoto begrüßt, das die Künstlerin bei der zeichnerischen Arbeit zeigt. Sechs Monate lang wird die erste Ausstellung zu sehen sein, die aus drei Elementen besteht.
Bergbau-Bilder
Im „großen Saal“ sind unter dem Thema „Tisa und der Bergbau“ Werke zu sehen, die Tisa in den 1990er-Jahren gezeichnet, gemalt oder als Plastiken gestaltet hat. Bergleute bei er Butterbrot-Pause, bei der Mahnwache im Protest gegen die Dorstener Zechenschließung, bei der schweren Arbeit unter Tage: Dem Bergbau war Tisa seit ihrer Exil-Zeit im England der 1930er-Jahre verbunden.

Freuen sich darauf, endlich auch Besucher in den Räumen des neuen Tisa-Archivs auf dem Zechengelände begrüßen zu dürfen: Sabine Fischer (Leiterin der Stadtagentur und Geschäftsführerin der Tisa-Stiftung), Michael Sagenschneider vom Kuratorium der Tisa-Stiftung und deren Vorsitzender Lambert Lütkenhorst. © Michael Klein
Auf zwei großen Tischen In einem Nebenraum befinden sich fein säuberlich und wohl sortiert die Original-Reliefplatten des stadthistorischen Tisa-Brunnens, der 1962 auf dem Marktplatz aufgestellt, 2018 wegen des Umbaus der Fußgängerzone abgebaut wurde und lediglich als Replik auf dem Agatha-Kirchplatz Wiederauferstehung feiern wird.
Die Originalplatten wurden im Betonwerk Voßbeck-Elsebusch „proper aufgearbeitet“, sagt Lütkenhorst. Die Tisa-Stiftung, die diese Reliefs in Obhut genommen hat, überlegt nun, was sie auf Dauer damit macht: einlagern, einzelne Platten ausstellen oder womöglich mehrere zusammen als Quader auf dem Außengelände platzieren? Da gibt es mehrere Gedankenspiele.
„Tisa-Lounge“
Ebenfalls im großen Foyer hat die „Tisa-Lounge“ als dritter Teil der Ausstellung Platz gefunden. Die aus Dorsten stammende Schauspielerin Josefine Voß, eine frühere Ursulinen-Schülerin, die im November die erfolgreiche szenisch-musikalischen Lesung „Mascha & Tisa“ in ihrer Heimatstadt mitgestaltet hatte, hat für die Tisa-Lounge spannende Dokumente aus fast 100 Jahren zu Biografie und Werk der Künstlerin zusammengestellt.
Ausgestellt wird auch ein alter hölzerner Malkasten, den Tisa seit Beginn ihrer künstlerischen Karriere in Gebrauch hatte. Nebst Werkzeugen, die sie von dem bedeutenden englischen Skulpturen-Künstler Henry Moore geschenkt bekam. „Beides aus einer Sammlung, die unser Kuratoriumsmitglied Franz-Josef Kuhn erhalten und die er dem Tisa-Archiv zur Verfügung gestellt hat“, sagt Lütkenhorst.
Nicht die einzigen Zugänge: Eine Dorstener Familie übergab eine bei einer Tombola für die Lepra-Hilfe ersteigerte geschnitzte Holzfigur von Tisa als Dauerleihgabe, eine weitere Familie vom Bodensee stiftete farbige Aquarelle, auch aus Marl gingen aus Privatbesitz Tisa-Originale bei der Tisa-Stiftung ein. „Auch sehr persönliche Dokumente wie Reisepässe oder Briefe von Tisa wurden uns schon überlassen.“
Erste Termine stehen fest
Auch Anfragen für Veranstaltungen und Ausstellungen trudeln mehr und mehr ein. Schon jetzt steht fest, dass am 18. März ein Theaterstück im Programm der Frauenkulturtage aufgeführt wird. Im September wird sich im Tisa-Archiv eine Künstlerin in Wort, Musik und Bild der Schriftstellerin Hildegard von Bingen annähern.

Fein säuberlich sind die Original-Reliefplatten des Tisa-Brunnens auf zwei Tischen im Tisa-Archiv platziert. © Michael Klein
Auch weitere Ausstellungen sind geplant. Beispielsweise eine „Lepra-Ausstellung“ mit Werken von Tisa, die sich 1968 auf einer Reise nach Äthiopien mit dem Thema befasst hatte, und Bildern des Fotografen Christopher Thomas, der in Nepal seine Begegnungen mit Aussätzigen mit der Kamera festhielt.
Und natürlich werden auch weiterhin - dank Unterstützung und Mitauswahl der „Tisa-Archivare“ Schwester Barbara und Heinz-Josef Leiwen - Werke von Tisa zu sehen sein: im September beispielsweise Bilder aus den englischen Exil-Jahren.
Auch auf dem derzeit noch karg besetzten Außengelände soll sich noch einiges tun. Es werden Bäume gepflanzt und auch eine künstlerische Gestaltung des Areals ist geplant. Unter anderem mit Skulpturen von Claudia Piepenbrock, der neuen Preisträgerin des Tisa-von-der Schulenburg-Preises, in der sich das Thema Nachhaltigkeit widerspiegeln wird.
Unterstützung der RAG-Stiftung
Manfred Sagenschneider, Kuratoriumsmitglied der Tisa-Stiftung, erklärt, dass dank einer großzügigen Unterstützung der RAG-Stiftung die inhaltliche Arbeit der Tisa-Stiftung für die nächsten fünf Jahre gesichert sei.

Auch ein alter Malkasten von Tisa und Werkzeuge, das sie von dem berühmten Bildhauer Henry Moore bekommen hat, wurden dem Tisa-Archiv aus Privatbesitz anvertraut. © Michael Klein
Die Ruhrkohle AG (RAG) selbst stellt das Gebäude an der Fürst Leopold-Allee 65 zur Verfügung. „Da es weiter dem Zweck als Sicherungsstandort für das Bergbau-Grubenwasserkonzept dient, steht das Grundstück unter Bergrecht“, so Sagenschneider. Heißt: Die großen Tore bleiben für „Spontanbesucher“ geschlossen.
Eine Anmeldung zum kostenfreien Besuch des Tisa-Archivs während der Öffnungszeiten (Dienstag bis Freitag: 10 bis 12 Uhr, Donnerstag 16 bis 18 Uhr, jeden 1. Sonntag im Monat von 11 bis 15 Uhr oder nach Vereinbarung) ist nur nach vorheriger Anmeldung unter Tel. (02362) 663060 oder per Mail (kontakt@tisa-stiftung.de) möglich.
„Ein Gewinn für Dorsten“
„Wir werden sicherstellen, dass es zu diesen Zeiten immer eine persönliche Präsenz vor Ort gibt“, so Sabine Fischer, die derzeit wegen der „Doppelbelastung“ für das neue Tisa-Archiv und die Leitung der Stadtagentur gut zu tun hat. „Aber das mache ich gerne“, sagt sie: Denn in Sachen Kultur, Stadtmarketing und Tourismus sei das Tisa-Archiv für ihr gesamtes Aufgabengebiet „ein echter Gewinn“ für Dorsten.
Geboren 1961 in Dorsten. Hier auch aufgewachsen und zur Schule gegangen. Nach erfolgreich abgebrochenem Studium in Münster und Marburg und lang-jährigem Aufenthalt in der Wahlheimat Bochum nach Dorsten zurückgekehrt. Jazz-Fan mit großem Interesse an kulturellen Themen und an der Stadtentwicklung Dorstens.
