Samira Julia Calder, Josefine Voss und Tobias Sicken (von links) bei den Proben für "Mascha und Tisa" im Tisa-Archiv.

© Michael Klein

Wie bei zwei starken Künstlerinnen die Fäden zusammenlaufen

rnBühnenprogramm

Die Premiere im Jüdischen Museum Westfalen war ein großer Erfolg. Jetzt wird die Bühnen-Produktion „Mascha und Tisa“ an einem ganz neuen Kulturort in Dorsten erneut aufgeführt.

Dorsten

, 15.11.2021, 13:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Beide sind nun schon ein paar Jährchen als Theater- und Filmschauspielerinnen im Geschäft. Doch vor diesem Auftritt hatten Josefine Voss und Samira Julia Calder einen gehörigen Bammel. „Das ist immerhin unsere erste eigene Produktion und Regiearbeit.“

Doch als das Dorstener Publikum kürzlich im Jüdischen Museum bei der ausverkauften Premierenvorstellung sie und ihren Begleitmusiker Tobias Sicken mit stehendem Applaus verabschiedete, wussten sie: Alles richtig gemacht, ihr szenisches Puzzlespiel hatte sich zu einem erfolgreichen künstlerischen Großen und Ganzen zusammengesetzt.

Wovon sich die Öffentlichkeit bei mindestens zwei Folgeterminen im neuen Tisa-Archiv auf dem ehemaligen Zechengelände - das damit seine Feuertaufe als öffentlicher Kulturort erleben wird - überzeugen lassen kann.

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In ihrer Produktion lassen die aus Dorsten stammende Josefine Voss und ihre in Buer aufgewachsene Schauspiel-Kollegin zwei Frauen-Biografien aufeinandertreffen, die auf den ersten Blick nur wenig miteinander zu tun haben: Hier die international bekannte jüdische Lyrikerin Mascha Kaléko, dort die bildende Künstlerin Tisa von der Schulenburg, die nach dem Zweiten Weltkrieg in den Dorstener Ursulinen-Orden eintrat: Was verbindet die beiden Künstlerinnen, was unterscheidet sie?

Als das Jüdische Museum und die Tisa-Stiftung mit dieser Kooperationsidee an sie herantrat, war Josefine Voss noch sicher: „Das kriegen wir kaum hin.“ Doch als sie mit finanzieller Unterstützung des „Förderfonds Interkultur Ruhr“ in ihre Recherchen eingestiegen waren, stellte sich heraus: „Da gibt es so viele Überschneidungen in den Lebensläufen, da laufen genügend Fäden zusammen.“

Josefine Voss und Samira Julia Calder haben die szenische Lesung erarbeitet.

Josefine Voss und Samira Julia Calder haben die szenische Lesung erarbeitet. © Michael Klein

So taten sich sowohl Mascha als auch Tisa in der lebenslustigen Berliner Künstler-Boheme-Szene während der Weimarer Republik um, hatten ähnliche Freundeskreise. Spannend für Josefine Voss und Samira Julia Calder, die beide in Berlin-Charlottenburg leben, war damit auch der eigene persönliche Brückenschlag zu ihren Protagonistinnen. „Savignyplatz und Bleibtreustraße waren schon damals Treffpunkte, dort also, wo wir uns heute im gleichen Alter wie Mascha und Tisa mit unseren Freunden verabreden.“

Auf Spurensuche im alten Tisa-Atelier

Josefine Voss, die sich schon in der Abschlussarbeit ihres Schauspielstudiums mit dem Leben und Wirken von Mascha Kaléko beschäftigt hatte, und Samira Julia Calder durften bei den Vorbereitungen auch im alten Tisa-Atelier bei den Ursulinen auf Spurensuche gehen.

„Schwester Barbara hat sich viel Zeit für uns genommen“, betont die 31-jährige Josefine Voss, die 2009 am St.-Ursula-Gymnasium ihr Abitur gemacht hat und in der Schultheater-AG erste Bühnenerfahrungen sammelte. „Wir hätten sogar ein Barrett nutzen dürfen, das Tisa früher immer getragen hat, aber das war uns dann doch zu heilig.“

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In ihrem Bühnen-Programm verweben die beiden Künstlerinnen Gedichte, Briefe, Begebenheiten aus den Lebensläufen von Mascha und Tisa, mal lesen sie vor, dann gibt es schauspielerische und gesangliche Einlagen. Begleitet werden sie vom Musiker Tobias Sicken, ebenfalls Dorstener St.-Ursula-Absolvent, jetzt in Bochum lebend, wo er mit „Snowfall in June“ seine eigene Indie-Folk-Band hat. Mit improvisierenden Gitarren-, Cello- und E-Bass-Klängen sorgt er für mehr als nur atmosphärische Klänge.

Sehr unterhaltsam

Brüche in Glaubensfragen, ausschweifende und komplizierte Liebeserfahrungen, das Leben in der Emigration - es gibt viele Parallelen bei Mascha und Tisa, die sich als Frauen erst in der Kulturwelt behaupten mussten. All das ist für die szenische Lesung sehr unterhaltsam und auch mit viel Humor herausgeschält worden. Gerne würde man als Zuschauer wissen wollen, ob sich die Wege von Mascha und Tisa irgendwann einmal gekreuzt haben. „Wir haben keine Dokumente, die belegen, dass sie sich damals begegnet sind“, sagt das Schauspielerinnen-Duo. „Aber offenen Fragen nachzuhängen ist doch manchmal viel spannender als eine Antwort zu bekommen.“

  • Die szenische Lesung wird in den Räumlichkeiten des Tisa-Archivs an der Fürst-Leopold Allee 65 am 19. November (Freitag) um 19.30 Uhr und am 20. November (Samstag) um 19.30 Uhr zu sehen sein.
  • Karten können bei der Stadtagentur/Stadtinfo Dorsten an der Recklinghäuser Straße 20, telefonisch unter der Rufnummer 02362/663066 oder per E-Mail an stadtinfo@dorsten.de zum Preis von 12 Euro erworben werden.
  • Ein Nachweis entsprechend der 2G-Regel (geimpft, genesen) ist am jeweiligen Veranstaltungsabend zu erbringen. Die Kapazität ist auf 50 Personen begrenzt.