
Die Schauspielerin Caroline Keufen schlüpft in die Rolle der Postbotin Gabriele Unterweger. © Thomas Eicher
Mit Postbotin unterwegs: Stadtführung durch Dorsten wird zum Theaterstück
Kultursommer
Stadtführung der besonderen Art: Eine Schauspielerin nimmt ihr Publikum mit auf eine Tour durch Dorsten, die zwischen Literatur und Geschichte, Heimatkunde und Komödie hin und her wechselt.
Gabriele Unterweger ist Postzustellerin in Dorsten. Sie kennt sich aus in ihrer Stadt, kann allerhand erzählen über den Ort und seine Einwohner. Wer Gabriele Unterweger auf ihrer Auslieferungstour begleitet, der lernt viele historische und aktuelle Plätze der Lippestadt kennen - und eine Menge unterhaltsame und fiktive Anekdoten über die Stadt.
Gabriele Unterweger ist natürlich keine echte Briefträgerin. Auch sie ist eine Fiktion. In ihrer historischer Uniform steckt nämlich die Wuppertaler Schauspielerin Caroline Keufen. Sie nimmt ihr Publikum am Donnerstag (8. September) um 17.30 Uhr und 19.30 Uhr mit auf eine Stadtführung der besonders kreativen Art, auf einen Rundgang, der sich zum wandelnden Theaterstück entwickelt.
Auf dem Weg wechseln nicht nur die Orte, sondern auch die Figuren. Und diese wechseln von Literatur zu Geschichte, von Heimatkunde zu Komödie. Und auch das begleitende Publikum wechselt seine Funktion, wird zum Teil in das Geschehen mit einbezogen und so zu einem Akteur, der durchaus Einfluss auf das Geschehen bekommt.
Vom Kulturverein „Melange“
Die szenische Stadtführung wurde im Auftrag von Stadtagentur, Trägerverein Altes Rathaus und Verein für Orts- und Heimatkunde für den Dorstener Kultursommer konzipiert - vom Literatur- und Kulturverein „Melange“ mit Sitz in Dortmund, der seit vielen Jahren in Dorsten für das Veranstaltungsprogramm im Alten Rathaus zuständig ist. Und der im Auftrag der Stadtagentur in Dorsten bereits mehrere literarische Park-Spaziergänge veranstaltet hat - beispielsweise Shakespeare im Bürgerpark, Wilhelm Busch im Schlosspark Lembeck, die „Kräuterhexe“ im Garten der Biologischen Station Lembeck.

Dr. Thomas Eicher, Melange-Geschäftsführer, ist Regisseur des besonderen Stadtspaziergangs. © Privat
„Sabine Fischer von der Stadtagentur fragte an, ob wir einen Spaziergang mit geschichtlichem Hintergrund eigens für Dorsten entwerfen könnten“, erzählt Melange-Geschäftsführer Dr. Thomas Eicher. Gefragt, getan. Für den szenischen Spaziergang wählte er als Regisseur des Projektes einen besonderen Kniff.
„Denn Gabriele Unterweger, die durch die Stadt führt, ist keine einfache Briefträgerin, sondern arbeitet in einer Spezialabteilung, die für unzustellbare Sendungen zuständig ist“, erzählt er. „Und die Teilnehmer werden von ihr als Berufsanfänger angeleitet, indem sie ihnen Beispiele aus ihrem Arbeitsalltag zeigt.“
Insgesamt zwölf Stationen gibt es auf der Tour. Dabei erfahren die Teilnehmer auch einiges über aktuelle Dorstener Geschehnisse. „An den Mercaden beispielsweise versucht die Postbotin, Briefe und Rechnungen an Geschäfte zuzustellen, die dort schon längst ihren Standort aufgeben haben“, erzählt der Regisseur.
Und schnell stellt sich heraus, dass es nicht nur einfach um Briefe geht, die nicht auf Anhieb zugestellt werden können, sondern um solche, die teilweise schon lange unterwegs sind. Feldpost beispielsweise, gerichtet an die Gefallenen des Ersten Weltkriegs. „Und da deren Namen nicht einmal mehr am Dorstener Kriegerdenkmal zu finden sind, legt die Briefzustellerin die Feldpost dort als weiteres Mahnmal aus.“

Die Briefzustellerin wird an so manche Dorstener Haustür klingeln.
Die Zustellerin greift also auch zu unkonventionellen Methoden. So lässt sie die Teilnehmer entscheiden, ob es einem Franziskaner-Mönch zuzumuten ist, dass er einen Brief von seinem unehelichen Sohn erhält.
Bei den Briefinhalten konnte das Melange-Team vor allem auch auf die literarischen Talente von Edelgard Moers zurückgreifen. Die Autorin, Pädagogin und Heimatkennerin hat beispielsweise fiktive Briefe von jüdischen US-Auswanderern in ihre alte Dorstener Heimat verfasst - doch die Empfänger sind ohne Wissen ihrer Angehörigen längst in Konzentrationslager abtransportiert worden.
Touristisches Angebot
Sabine Fischer von der Stadtagentur und Dr. Thomas Eicher hoffen, dass die Stadtführungen gut angenommen werden. „Sie sollen nämlich auch anschließend als touristisches Angebot von interessierten Gruppen gebucht werden können.“ Karten für die beiden Premieren-Termine gibt es für 7 Euro in der Stadtinfo an der Recklinghäuser Straße.
Geboren 1961 in Dorsten. Hier auch aufgewachsen und zur Schule gegangen. Nach erfolgreich abgebrochenem Studium in Münster und Marburg und lang-jährigem Aufenthalt in der Wahlheimat Bochum nach Dorsten zurückgekehrt. Jazz-Fan mit großem Interesse an kulturellen Themen und an der Stadtentwicklung Dorstens.
