Störche fressen wie Scheunendrescher

Gefahr fürs Ökosystem?

Ganz Dorsten freut sich über die Storchenpaare HerrMann und Inge (Deuten), Werner und Luise (Hervest) und Agnes und Ludger (Rhade) und ihren gesunden Nachwuchs. Ganz Dorsten?

Dorsten

, 31.05.2017, 15:29 Uhr / Lesedauer: 2 min
Acht Fremdstörche treiben sich in Hervest herum. Was führen sie im Schilde?

Acht Fremdstörche treiben sich in Hervest herum. Was führen sie im Schilde?

Nein: Landwirt Hubert Krampe in Rhade betrachtet den öffentlichen Freudentaumel um die schwarzbefrackten Langschnäbel mit gemischten Gefühlen. Er hält die zunehmende Zahl von Störchen in Dorsten für problematisch: "Die Störche sind Prädatoren (Räuber), sie fressen alles, was ihnen vor den Schnabel kommt", hat Krampe beobachtet.

Krampe lebt mitten in der Einflugschneise des Rhader Storchenpaares Ludger und Agnes und sieht des Öfteren, womit die Storcheneltern ihren Nachwuchs füttern. Das Biotop Rhader Feuchtwiesen liefere den Störchen eine reichhaltige Menüauswahl. Darüber hinaus verschmähe der Storch aber auch nicht die besonders geschützten und vom Aussterben bedrohten Kiebitze  und ihre Brut. Oder junge Hasen. "Das Land hat für viele Millionen Euro landwirtschaftliche Flächen mit dem Programm Vertragsnaturschutz gefördert, um sie zu extensivieren, damit sich dort seltene Arten wieder ansiedeln können", sagt Krampe. Solche Flächen gebe es auch in Rhade. Auch diese Gebiete würden nun von Meister Adebar heimgesucht, der sich an den seltenen Leckerbissen ergötze.

Hungrige Brut

Sein Appetit sei in der Brutzeit besonders groß. Bekanntlich füttern Ludger und Agnes sowie Werner und Luise insgesamt sechs Junge durch. Krampe hat seine Beobachtungen mit den Experten von der Biologischen Station in Lembeck geteilt. Und so manches sachlich geführte Streitgespräch über die von ihm gemutmaßte Storchenplage und den Raubbau der Störche an der Natur ausgetragen, wie er sagt.

Nikolai Eversmann, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Biologischen Station in Lembeck, bestätigt das, meint aber: "Von einer Storchenplage in Dorsten kann keine Rede sein. Das Stadtgebiet verträgt drei Storchenpaare und deren Nachwuchs, ohne dass das biologische Gleichgewicht dadurch gestört wird."

Kritik zurückgewiesen

Die Kritik von Krampe weist der Wissenschaftler deshalb zurück. Gleichwohl betrachtet aber auch er äußerst kritisch, wie selbst ernannte Storchenfreunde die Vögel zu Haustieren machen, indem sie sie füttern: "Das ist überhaupt nicht artgerecht", so Eversmann. Die Fütterung der Vögel führe dazu, dass die Störche wider ihrer Natur im Winter nicht gen Süden ziehen und sich in unseren Breiten breitmachen. Dass jeder Storchenfreund zudem am liebsten eine eigene Nisthilfe errichten möchte, hält Eversmann für grundfalsch: "Wir raten davon ab. Der Storch braucht ein Ökosystem, das ihn trägt. Greift der Mensch zu sehr darin ein, dann kippt es." Dass der Storch den Kiebitz fresse, liege in der Natur der Sache: "Dem Kiebitz ginge es nicht besser, wenn es den Storch nicht gäbe." Der Einsatz von Insektiziden, so mutmaßten Wissenschaftler, sei der Grund dafür, dass die Kiebitzbestände schrumpfen.

Denn: "Kiebitze ernähren sich von Insekten." Ludger und Agnes, HerrMann und Inge sowie Werner und Luise dürfen deshalb getrost weiter als gefeierte Schluckspechte auftreten. Denn Störche sind, wie die Kiebitze, eine geschützte Art. Und leben seit Jahrhunderten mit ihnen in einem Ökosystem zusammen.

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