Fünf Fraktionsvorsitzende haben sich zu den anstehenden Haushaltsberatungen in Dorsten geäußert.

Fünf Fraktionsvorsitzende haben sich zu den anstehenden Haushaltsberatungen in Dorsten geäußert. Steuererhöhungen will eigentlich niemand. © Montage Berthold Fehmer

Steuererhöhung in Dorsten? Fraktionen spielen auf Zeit, eine nimmt das Rathaus ins Visier

rnKommunalfinanzen

Dorsten steht ein Haushaltsloch in Millionengröße bevor. Steuererhöhungen wären für die meisten Parteien „das letzte Mittel“. Eine nimmt jetzt den geplanten Rathaus-Anbau ins Visier.

Dorsten

, 07.10.2022, 05:30 Uhr / Lesedauer: 2 min

Es steht nicht gut um Dorstens Stadtfinanzen. Knapp drei Wochen vor der geplanten Haushaltseinbringung (26. Oktober) fehlen 6,7 Millionen Euro. Das Minus könnte sich mit etwas Glück noch um zwei, drei Millionen Euro reduzieren, doch der zu erwartende Fehlbetrag treibt den Politikern schon jetzt die Sorgenfalten auf die Stirn. Denn sie müssen am Ende entscheiden, wie der Etat für 2023 ausgeglichen werden kann.

Steuererhöhungen sind „das allerletzte Mittel“

Öffentlich wollen sich die meisten Fraktionen noch nicht positionieren. Zu unsicher sei das Zahlenmaterial, heißt es da. Aber hinter den Kulissen macht das böse Wort „Steuererhöhungen“ natürlich schon die Runde. Für Bernd Schwane (CDU) wäre es „das allerletzte Mittel“, um die finanzielle Lage in den Griff zu bekommen. Friedhelm Fragemann (SPD) sieht es ähnlich. „Eine Steuererhöhung sollte nur als letzte Karte ausgespielt werden, wenn sie denn überhaupt in Betracht gezogen wird.“

„Eine Steuererhöhung sollte nur als letzte Karte ausgespielt werden.“
Friedhelm Fragemann (SPD)

Lutz Ludwig (FDP) meinte auf Anfrage: „Ad hoc sehen wir einen Spielraum beim Steuerzahler für weitere Erhöhungen als nahezu ausgeschlossen an.“ Ähnlich äußert sich Thorsten Huxel (Bündnis 90/Die Grünen). „Eine weitere Erhöhung der Grundsteuer ist aus unserer Sicht derzeit nicht vorstellbar.“

Das letzte Wort ist da aber wohl nicht gesprochen: „Bei der Einbringung des Haushaltes Ende Oktober werden belastbare Zahlen vorliegen. Erst dann können wir seriös einschätzen, in welchem Umfang Einsparungen und Mehreinnahmen notwendig werden“, sagt Huxel. Die meisten anderen Fraktionen sehen das genauso.

Ein Steuer-Vergleich mit den übrigen Städten im Kreis Recklinghausen zeigt: Dorsten liegt aktuell im oberen Mittelfeld der Tabelle. Grundsteuer B (auf bebaute und unbebaute Grundstücke) und Gewerbesteuer gelten als wichtigste Einnahmequellen für Kommunen. Sie zu erhöhen, spült verlässlich mehr Geld in die Kasse, belastet aber Hauseigentümer, Mieter und Unternehmen. Also die meisten Menschen in der Stadt.

Andererseits: Würde beispielsweise der Hebesatz in Dorsten (derzeit 780 Prozent) um 50 Prozentpunkte erhöht, bekommt die Stadt zusätzlich einen niedrigen siebenstelligen Betrag, jedes Jahr.

AfD nimmt den Rathaus-Anbau ins Visier

Die AfD lehnt dies schon jetzt kategorisch ab. Sprecher Heribert Leineweber sagt: „Mögliche Defizite können eingespart werden.“ Er hält beispielsweise den geplanten Rathaus-Anbau für entbehrlich. „Die Coronakrise hat uns Erfahrungen mit Heimarbeit für die Mitarbeiter des Rathauses beschert. Bei einem intelligenten Raummanagement dürften zusätzliche Büroflächen nicht mehr benötigt werden. Der Baubedarf würde sich auf notwendigen Renovierungen beschränken.“

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Die Stadtverwaltung hatte die Kosten für Sanierung und Anbau im Jahr 2018 mit 40 Millionen Euro beziffert. Die Kostenvoranschlag dürfte inzwischen kaum zu halten sein, unabhängig von der Frage, ob es Zuschüsse gibt.

Stadtsprecher Ludger Böhne bestätigte unlängst, dass an dem Projekt „kontinuierlich gearbeitet“ werde. Bis voraussichtlich zum Jahresende solle das Büro- und Organisationskonzept vorliegen, das „die Grundlage ist, um die nächsten Schritte im Projekt auszulösen“.

Nach einem Planungsstopp klingt das nicht.

Sprecher fast aller Fraktionen verweisen darauf, dass die neuerliche Finanzkrise nicht hausgemacht sei. Das zentrale Problem sei nach wie vor die strukturelle Unterfinanzierung von Städten und Gemeinden. Es müsse grundsätzlich das Konnexitätsprinzip gelten: Wer bestellt, muss bezahlen. Die örtlichen Grünen stehen nach eigenen Angaben mit Parteimitgliedern in Bund und Land im Austausch, „um eine gerechte und langfristige Lösung zu finden“.
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