Stadt Dorsten trauert um Rolf Abrahamsohn, der mit 96 Jahren verstorben ist

Nachruf

Gemeinsam mit Angehörigen, Freunden und der Jüdischen Kultusgemeinde Recklinghausen trauern Bürgerschaft, Rat und Verwaltung der Stadt Dorsten um Rolf Abrahamsohn.

Dorsten, Marl

von Dorstener Zeitung

, 27.12.2021, 15:25 Uhr / Lesedauer: 2 min
Schwester Johanna Eichmann und Rolf Abrahamsohn verband eine tiefe Freundschaft.

Schwester Johanna Eichmann und Rolf Abrahamsohn verband eine tiefe Freundschaft. © Elisabeth Cosanne-Schulte-Huxel

Rolf Abrahamson ist am 23. Dezember im Alter von 96 Jahren verstorben. Abrahamsohn, Kind einer jüdischen Kaufmannsfamilie aus Marl, überlebte in der Terrorherrschaft der Nationalsozialisten mehrere Vernichtungslager.

Nach dem Krieg kehrte er zurück nach Marl, setzte sich in der Region unermüdlich ein gegen das Vergessen und zugleich für Versöhnung. Dafür wurden ihm unter anderem der Titel „Vestischer Ehrenbürger“ des Kreises Recklinghausen und der Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen verliehen.

Sein Weg führte ihn oft nach Dorsten

Sein Weg führte ihn oft nach Dorsten: Intensiv begleitete er die Gründung und das Werden des Jüdischen Museums. Mit dessen langjähriger Leiterin und Dorstener Ehrenbürgerin, Schwester Johanna Eichmann, – vor zwei Jahren wie Abrahamsohn am Tag vor Heiligabend verstorben – verband ihn eine tiefe Freundschaft. Oft hat er auch hier in der Stadt als Zeitzeuge über sein Leben erzählt.

Rolf Abrahamsohn und Bürgermeister Tobias Stockhoff im Februar 2016 beim 90. Geburtstag von Schwester Johanna

Rolf Abrahamsohn und Bürgermeister Tobias Stockhoff im Februar 2016 beim 90. Geburtstag von Schwester Johanna © Elisabeth Cosanne-Schulte-Huxel

Bürgermeister ist betroffen von dem Verlust

Bürgermeister Tobias Stockhoff ist betroffen von dem Verlust: „Rolf Abrahamsohn wird uns fehlen. Er hat aus seinem Leben ein Vermächtnis und einen Auftrag an die Nachgeborenen gemacht. Als Zeitzeuge hat er die Erinnerung an die Schrecken der nationalsozialistischen Diktatur wachgehalten. Es war ihm besonders wichtig, jungen Menschen davon zu erzählen, welche Gräuel er selbst erlebt hat – auch wenn es ihm persönlich schwerfiel, darüber zu sprechen. Der notwendige Blick in die Vergangenheit war bei ihm aber vor allem auch ein Blick in die Zukunft. Eine Zukunft ohne Krieg, Antisemitismus, Ausgrenzung. Für diese Botschaften hat er gelebt. Wir werden ihn in ehrender Erinnerung behalten als herausragende Persönlichkeit und wir werden sein Lebenswerk fortsetzen.“

Fahnen werden auf Halbmast gesetzt

Rolf Abrahamsohn wird am Mittwoch (29. Dezember) auf dem Jüdischen Friedhof in Recklinghausen beigesetzt. An diesem Tag werden die Fahnen am Dorstener Rathaus und der Hauptfeuer- und Rettungswachse auf Halbmast gesetzt und die Stadtpfarrkirche St. Agatha wird um 11.30 Uhr die Toten- und Auferstehungsglocke als Zeichen der Verbundenheit und Wertschätzung läuten.

Für Erinnerung und Versöhnung

Dechant Dr. Stephan Rüdiger: „Rolf Abrahamsohn hat sich nicht allein im politischen Sinne für Erinnerung und Versöhnung eingesetzt, sondern auch als zutiefst gläubiger Mensch. Er hat die Jüdische Kultusgemeinde Recklinghausen mit aufgebaut, hat sie viele Jahre als Vorsitzender und später Ehrenvorsitzender geprägt. Auch im Vorstand der Jüdischen Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit war er engagiert und hat Austausch, Dialog und Verständnis zwischen den Religionen und Kulturen gefördert.“

Auch Dirk Hartwich aus Rhade erinnert sich an Rolf Abrahamson: „Die Publikation ‚Dorsten unterm Hakenkreuz‘, eine Aufarbeitung der Gechichtsgruppe von unten, war ohne Zeitzeugen nicht möglich. Rolf Abrahamsohn bestätigte alle schrecklichen Details des deportierten Lippestadt-Bürgers Ernst Metzger, der überlebte und gemeinsam mit Rolf Abrahamsohn an der Präsentation des Bandes 1 der Publikationen ‚Dorsten unterm Hakenkreuz’ 1983 im Alten Rathaus teilnahm.“