
Der „Schreier" muss sich im Dorstener Amtsgericht verantworten. © Privat
Sexuelle Belästigung und Spuckattacken: „Schreier von Dorsten“ erneut vor Gericht
Gerichtsprozess
Er ist als „Schreier von Dorsten“ in der Stadt berühmt-berüchtigt. Jetzt steht der Asylbewerber aus dem Sudan erneut vor Gericht. Die Anklageschrift listet gleich mehrere Vorwürfe auf.
Es war ein heißer August-Nachmittag am Dorstener Kanal. In Höhe des Mercaden-Einkaufszentrums hatten eine 17-jährige Dorstenerin und ihre 14-jähige Freundin am Uferweg eine Decke ausgebreitet. „Wir wollten gerade schwimmen gehen, da kam er schon auf uns zu“, erzählte die Jugendliche. „Der, der immer schreiend in der Stadt herumgelaufen ist.“
Doch diesmal schrie der Mann nicht nur, sondern wurde nach Aussagen der 17-Jährigen sexuell übergriffig. „Er umklammerte mit einem Arm meine Brust, fasste mich zwischen den Beinen an“, sagte die Dorstenerin am Mittwoch im Dorstener Amtsgericht aus.
Nachdem er ihr gegenüber eindeutige sexuelle Gesten gemacht habe, habe der Mann seine Zunge so tief in ihren Mund gesteckt, „dass ich keine Luft mehr bekam“. Selbst als sie sich befreien und die Polizei anrufen konnte, „hat er mich noch am Po berührt“.
Nachdem der als „Schreier von Dorsten“ berühmt-berüchtigt gewordene 44-jährige Asylbewerber aus dem Sudan vor wenigen Wochen nach siebenmonatiger U-Haft vom Essener Landgericht zu einer elfmonatigen Bewährungsstrafe wegen sexueller Belästigung, Körperverletzung und Bedrohung verurteilt wurde, werden nun in dem Prozess vor dem Dorstener Schöffengericht ähnliche Vorwürfe gegen ihn verhandelt. „Wir kehren nun den weiteren Scherbenhaufen juristisch auf“, nannte es Strafrichterin Lisa Hinkers.
Vorfälle am Busbahnhof
Auch eine 19-jährige Frau wurde Opfer des in einer Wulfener Unterkunft wohnenden Mannes - auch dieser Vorfall passierte im Sommer, direkt am Busbahnhof. Nachdem sich dort ein Bekannter von ihr verabschiedet hatte, um in seinen Bus zu steigen, „ist er mit einer Bierflasche in der Hand auf mich zugekommen“. Auch hier drückte er ihr die Zunge in den Mund, „ich habe mich gewehrt, doch der hat nicht lockergelassen“.

Auch im Lippetal am Kanal wurde der „Schreier" mehrfach auffällig. © Michael Klein
Im Januar 2021 hatten zwei Anwohner des Lippetals (Vater und Sohn) eine unangenehme Begegnung mit dem Nordost-Afrikaner. Der 21-jährige Sohn bereitete sich damals im Homeoffice auf eine wichtige berufliche Abschlussprüfung vor. Aber jeden Tag habe der Angeklagte auf einer dortigen Kanaluferbank gesessen und derart laut herumkrakeelt, „dass ich mich überhaupt nicht aufs Lernen konzentrieren konnte“, so der Sozialversicherungsangestellte.
Mit Krücke herumgefuchtelt
Mit seinem Vater hab er eines Mittags den „Schreier“ darauf hinweisen wollen, ruhig zu sein oder sich einen anderen Platz zu suchen. „Doch der fuchtelte vor uns betrunken mit einer Krücke herum, hätte uns damit getroffen, wenn wir nicht ausgewichen wären.“ Schließlich habe er den 21-Jährigen kräftig angespuckt.
Eine ähnliche Attacke passierte einem Kunden in den Mercaden. „Frauen und Kinder haben dort vorher vor lauter Angst einen großen Bogen um ihn gemacht, als er mit einer Bierflasche durch das Einkaufszentrum lief“, so das Opfer.
Und auch Polizisten wurden nach eigenen Angaben immer wieder von dem Angeklagten angespuckt oder getreten, wenn sie - was häufig vorkam - in Dorsten zu Einsätzen wegen des „Schreiers“ gerufen wurden.
Zu Beispiel am Toom-Platz, wo Beamte einen Platzverweis gegen den Mann aussprachen, zum Beispiel am Lippetor, wohin Polizisten zu einer Körperverletzung gerufen wurden, die der „Schreier“ begangen soll, oder am Lippetor, wo der Angeklagte zuvor randaliert hatte.
Kein Alkohol mehr
Der Beschuldigte, der seit vier Jahren in Dorsten lebt, stritt alle Vorwürfe ab oder gab an, sich nicht daran erinnern zu können, ließ er über einen Dolmetscher erklären. Immerhin: „Ich trinke keine Alkohol mehr“, sagte er. Überhaupt machte der Angeklagte im Gerichtssaal einen ganz anderen Eindruck als bei seinen öffentlichen „Auftritten“ in der Vergangenheit.
„Früher war er immer alkoholisiert und aggressiv, so ruhig wie heute habe ich ihn noch nie gesehen“, sagte ein als Zeuge geladener Polizist: „Vielleicht braucht er einfach nur Hilfe.“
Der Prozess wird fortgesetzt.
Geboren 1961 in Dorsten. Hier auch aufgewachsen und zur Schule gegangen. Nach erfolgreich abgebrochenem Studium in Münster und Marburg und lang-jährigem Aufenthalt in der Wahlheimat Bochum nach Dorsten zurückgekehrt. Jazz-Fan mit großem Interesse an kulturellen Themen und an der Stadtentwicklung Dorstens.
