
© Petra Berkenbusch
Sandy Meinhardt (SPD): „Wir Sozialdemokraten müssen laut sein“
Landtagswahl 2022
Erst vor zweieinhalb Jahren trat sie in die SPD ein, jetzt kandidiert Sandy Meinhardt für den Landtag. Jugend, Familie und Soziales sollen ihre Herzensthemen bleiben.
Das macht ihr so schnell keiner nach. Sandy Meinhardt ist erst vor zweieinhalb Jahren in die SPD eingetreten, und jetzt blickt sie im Wahlkreis als Landtagskandidatin von allen Plakaten. „Ich fühle mich schon ein bisschen von mir selbst gestalkt, wenn ich im Wahlkreis unterwegs bin“, sagt die 40-Jährige lachend. Und sie ist gerade viel unterwegs, wie sich das in der heißen Phase des Wahlkampfes gehört.
Fürs Kandidaten-Gespräch mit der Redaktion hat sie ihren Lieblingsort aussuchen dürfen. „Da musste ich nicht lange nachdenken“, erklärt sie, „das ist die Maschinenhalle von Fürst Leopold.“ Im Dorstener Verein für Bergbau-, Industrie- und Sozialgeschichte arbeitet sie seit Jahren im Vorstand mit, für das Denkmal hat sie einen Schlüssel.
Sie wollte der SPD nicht beim Abstieg zugucken
Irgendeine Art von Schlüssel muss sie auch für die SPD gehabt haben, denn die Partei hat ihr die „Ochsentour“ erspart. Schon ein halbes Jahr nach Eintritt in den Ortsverein Holsterhausen bekleidete sie dort ein Vorstandsamt. Schriftführerin, also doch ein bisschen Ochsentour. Dann die Kommunalwahl, bei der die SPD nicht nur wegen des plötzlichen Ausstiegs ihrer Bürgermeister-Kandidatin Jennifer Schug alt aussah. „Entweder guckst Du jetzt dem Abstieg zu oder Du versuchst, was zu bewegen“, habe sie sich gedacht, und die Wahlplakate im Mai 2022 zeugen von ihrer Entscheidung zu Letzterem.

Sandy Meinhardt mit Schmusekatze Esmay bei ihrer Lieblingsbeschäftigung: Lesen. © privat
Das Interesse an der Politik sei nicht plötzlich gekommen, erzählt die Kandidatin. Obwohl sie in einer eher unpolitischen Familie aufgewachsen sei, schlage ihr Herz seit Teenagerzeiten eher links. Ein Parteibeitritt sei dennoch für sie lange nicht infrage gekommen.
Neuanfänge sind förmlich ihr Spezialgebiet
Für kämpferische Neuanfänge dagegen war Sandy Meinhardt immer schon zu haben. Hin- und hergerissen zwischen dem Berufswunsch Goldschmiedin oder Sängerin, entschied sie sich nach dem Hauptschulabschluss zunächst fürs Singen, Modeln und einen Job bei Medion. Als der große Durchbruch ausblieb, begann sie eine Ausbildung als Bürokauffrau. „Die machte ich nicht zu Ende, weil ich ein Kind erwartete.“ Vor 17 Jahren erblickte der erste Sohn die Welt, zweieinhalb Jahre später der zweite.
Als Ehefrau und Mutter hielt es sie nicht lange zu Hause. Auf der Bühne sah der Gatte sie nicht gern, am Ende scheiterte die Ehe, und es war mal wieder Zeit für einen Neuanfang: Fortan alleinerziehend, arbeitete sie als Quereinsteigerin in der Buchhaltung. Die wahre Leidenschaft gehörte jedoch Projekten für benachteiligte Jugendliche in ihrer Heimatstadt Dorsten, die sie zunächst ehrenamtlich begleitet hat. Seit 2018 arbeitet sie als Integrationskraft an der von-Ketteler-Schule, wie gewohnt als Quereinsteigerin.
Herzensthemen: Jugend, Familie und Soziales
„Mein Herz schlägt für die Jugendhilfe“, bekennt Sandy Meinhardt, die im Jugendhilfeausschuss erste Erfahrungen in parlamentarischen Gremien gesammelt hat. Familie, Jugend und Soziales sollen ihre Herzensthemen bleiben, falls die Wähler sie nach Düsseldorf schicken. Listenplatz 16 erscheint ihr als ein Platz mit Aussicht, Josef Hovenjürgen (CDU) als ein siegverwöhnter Gegenkandidat, vor dem sie großen Respekt hat. „Ich würde die Wahl gerne gewinnen“, sagt Sandy Meinhardt, „wenn es jedoch nicht reicht, kann ich beruflich jederzeit zurück zur Förderschule, die mich für die Zeit des Wahlkampfs freigestellt hat.“
Falls die Mama künftig nicht im Düsseldorfer Parlament arbeitet, wären mindestens die beiden Söhne enttäuscht. Die finden die Pläne ihrer Mutter, in die sie frühzeitig einbezogen wurden, nämlich cool und nicht peinlich, wie ihre Mama zunächst befürchtet hatte. Die pfiffigen Jungs haben schon nach einer Taschengelderhöhung gefragt, auf die sie im Zweifelsfalls verzichten müssten.
Das Land muss die Kommunen besser ausstatten
Ein Zurück aus der Politik ist für Sandy Meinhardt keine Option. Sie betrachtet ihre Kandidatur nicht als Eintagsfliege: „Ich will zeigen, dass die SPD nicht tot ist. Dass wir Sozialdemokraten laut sind.“ Auch in ihrer Heimatstadt Dorsten ist ihr die SPD zu leise. „Die SPD ist ein bisschen müde geworden mit den Jahren, wir brauchen mehr Kampfeswillen.“ Schließlich fälle man in der Politik wichtige Entscheidungen für das Leben der Mitmenschen.
Im Land würde sie sich gern dafür einsetzen, dass die Kommunen besser ausgestattet werden. Meinhardt: „In Dorsten erlebe ich zum Beispiel eine Stadt, die super aufgestellt ist, was Familie, Jugend und Soziales angeht. Ich erlebe aber auch ein Jugendamt, das für diese wichtigen Aufgaben viel zu wenige Mitarbeiter hat.“
Partei hat das Potenzial der jungen Frau erkannt
Deshalb will sie auf gar keinen Fall von der Bildfläche verschwinden, falls es am 16. Mai nach Düsseldorf geht. Aber schon gar nicht, wenn das nicht klappt. „Ich will weitermachen in der Politik, aber ich strebe kein Mandat an. Ich will was bewegen, aber ich brauche kein Amt.“
Man kann sich kaum vorstellen, dass die Partei das zulässt. So, wie der Bundestagsabgeordnete Michael Gerdes einst als erster erkannt hat, dass in der Dorstenerin genug Power und Potenzial für eine Landtagskandidatur stecken, werden auch die Genossen vor Ort in zweieinhalb Jahren gemerkt haben, welche Energie in Sandy Meinhardt schlummert. Als stellvertretende Kassiererin haben sie sie bereits in den Vorstand eingebunden. Da ist noch mehr drin.
Geboren und geblieben im Pott, seit 1982 in verschiedenen Redaktionen des Medienhauses Lensing tätig. Interessiert an Menschen und allem, was sie anstellen, denken und sagen.
