Baumfällaktion

Auch diesen beiden Anwohnerinnen waren entsetzt, als sie die Baumfällaktion auf dem umzäunten Grundstück bemerkten. © Michael Klein

Anwohner in Dorstener Wohnsiedlung sauer: Riesige alte Eichen abgeholzt

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Ein Investor schafft Fakten: Kurz bevor die Stadt zu einem geplanten Wohnbau-Projekt einen Bebauungsplan und eine Veränderungssperre für das Areal erlassen wollte, griff er zur Kettensäge.

Dorsten

, 22.08.2022, 17:30 Uhr / Lesedauer: 2 min

Als die Baumfäller anrückten, als die Riesenkräne mit den schweren Kettensägen ihr Werk begannen, da ließ Anwohnerin Monika Weber in ihrem Haus alle Rollläden herunter. „Ich konnte mir diesen schlimmen Kahlschlag wirklich nicht anschauen.“ Auch ihre Nachbarin Annegret Schröder (beide Namen geändert) zeigte sich erschrocken: „Schon als meine 95-jährige Mutter im Jahr 1930 nach Holsterhausen zog, standen die Eichen hier“, erzählt die: „Die kann man doch nicht einfach so abholzen.“

4.000 Quadratmeter großes Grundstück

Zahlreiche Holsterhausener waren in den vergangenen Tagen sauer darüber, wie sich ein gut 4.000 Quadratmeter großes Privat-Grundstück im Bereich Antoniusstraße/Krusenpad von einem Tag auf den anderen verändert hat: Mehrere weithin sichtbare riesige alte Eichen, dazu Obstbäume und Tannen wurden hier am Donnerstag im Auftrag eines Investors (Eigentümer des Grundstücks) aus Dorsten gefällt. „Nicht nur aus klimatischer Sicht ein Unding“, kritisiert auch der Dorstener Heinrich Mussmann die Aktion.

Abgeholzte Bäume

Nur ein kleiner Teil der Baumstämme, die nach dem Kahlschlag übrig geblieben sind. © Lea Rokitta

Das Grundstück samt dem darauf stehenden, rund 250 Jahre alten Wohnhaus und einem weiteren Hofgebäude gehörte früher der Familie eines inzwischen verstorbenen Dorstener Lokalpolitikers und stellvertretenden Bürgermeisters. Nach seinem Tod veräußerte die Witwe das Areal an jenen Investor, der dort ein Neubauprojekt mit mehreren Wohneinheiten plant.

Die Stadtverwaltung Dorsten sei im Vorfeld nicht über die Fällaktion informiert gewesen, so Pressesprecher Ludger Böhne. Erst am Tag selbst: Anwohnerin Monika Weber hatte nach eigenen Angaben im Rathaus angerufen. Rechtlich gesehen sei die Abholzung aber nicht illegal, sei ihr gesagt worden.

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„Wir haben keinen Tatbestand gefunden, dass die Bäume unter Schutz gestanden hätten“, bestätigt Ludger Böhne. Zwar sei durch die zuständigen Behörden zu prüfen, ob das Bundesnaturschutzgesetz greife. „Aber auch hier kann es bestimmte Ausnahmefälle geben“, so Böhne: „So muss zum Beispiel der Artenschutz ausreichend beachtet werden.“ Eine solche positive Prüfung habe in dem Holsterhausener Fall vorgelegen.

Zeitpunkt ist pikant

Der Zeitpunkt der Fällaktion ist aber pikant: Damit unter anderem das geplante Bauvorhaben des Investors sich an die bestehende Bebauung angleicht, hatte die Stadt nämlich einen Bebauungsplan erarbeitet, für den der Umwelt- und Planungsausschuss am Dienstag (23. August) um 17 Uhr im Wulfener Gemeinschaftshaus den Aufstellungsbeschluss fassen soll.

Das Grundstück Antoniusstraße/Krusenpfad aus der Luft gesehen.

Das standen die Bäume noch: das Grundstück Antoniusstraße/Krusenpfad aus der Luft gesehen. © Geonetzwerk Metropole Ruhr

Ebenso sollen die Ausschussmitglieder darüber entscheiden, ob für das Grundstück eine sogenannte „Veränderungssperre“ gelten soll. Inhalt unter anderem: die Sicherung des zum Teil „erhaltenswerten Baumbestandes“.

Der Baumaspekt ist durch die Fällaktion natürlich hinfällig geworden. Ausschuss-Vorsitzender Friedhelm Fragemann (SPD) erklärte, dass man an dem Beschluss zur Veränderungssperre dringend festhalten müsse. „Sonst besteht die Gefahr, dass da noch mehr gemacht wird, was wir nicht nicht wollen.“

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Fragemann will anregen, dass der Erhalt des bestehenden Hauses wegen seines „prägenden Charakters“ geprüft wird. Der Ausschuss-Vorsitzende weiter: „Dass jemand in Kenntnis der Tagesordnung des Ausschusses und der Notwendigkeiten des Klimaschutzes sich so verhält, ist moralisch verwerflich und skandalös.“

Der Investor erklärte auf Anfrage der Dorstener Zeitung, dass er wegen der Baupläne im Dialog mit der Stadt gewesen sei, sich zum Thema aber derzeit nicht weiter äußern werde.

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