Wer mit einer Sprühdose Wände beschmiert, hat weder ein Graffito geschaffen, noch sollte er sich für einen Künstler halten. Was Graffitikunst kann, ist schon jetzt an einigen Außenwänden des Gymnasiums Petrinum zu sehen - und es ist noch nicht einmal fertig.
Seit sieben Tagen arbeiten Levin Tomala und Joshua Hildebrandt an einem Auftrag, den sie dem Projekt „Wir machen Mitte“ zu verdanken haben. Am Donnerstag war Regenpause. Bis Mitte August wollen sie eine Fläche von rund 185 Quadratmetern verschönert haben.
Man kann schon sehen, dass ihnen das gelingt. Nachdem die Stadt an der Seite zum neuen Sportpark, wo ein großes Wandbild eines Petrinum-Abiturjahrgangs bereits Witterungsschäden zeigt, die Sockelflächen des Gebäudes grundiert und damit von alten Schmierereien befreit hat, haben die beiden damit begonnen, die Flächen und damit auch die Umgebung „schön zu machen“.
Urbaner Dschungel
Ein urbaner Dschungel mit Beziehungen zum Wasser (Kanal und Frachtschiff), zur Schule (Kind) und zur Natur (Frosch, Tukan) zieht sich am Sockel entlang. Tomala und Hildebrandt überlassen dabei nichts dem Zufall. Der Gladbecker (Künstlername Levin Art) und der Streetworker aus dem „Leo“ haben ihre Entwürfe zuvor vom Stadtteilbüro und im städtischen Planungsamt präsentiert und bringen sie jetzt exakt so an die Wand, wie sie „abgesegnet“ worden sind.

Stadtplaner Bernd Lehmann ist froh, dass im Fördertopf für „Wir machen Mitte“ noch Geld für dieses Projekt übrig war, das dem Umbau von Hochstadenplatz und Multifunktionsfeld im Umfeld von VHS und Gymnasium das i-Tüpfelchen aufsetzen soll.
Levin Tomala hat übrigens keine Sorge, dass das Kunstwerk Zielscheibe für Schmierfinken werden könnte. „Wir haben ausnahmslos die Erfahrung gemacht, dass unsere Graffiti in Ruhe gelassen werden“, berichtet er. Am Petrinum macht er jetzt auch die Erfahrung, dass Passanten positiv auf sein Tun reagieren. Auch Polizisten hätten bei ihren regelmäßigen Streifengängen offenbar keine Zweifel an der Legalität des Sprühdosengebrauchs gehabt, erzählt er augenzwinkernd.
Legal macht‘s mehr Spaß
Dass legales Sprühen viel mehr Spaß macht als illegales, ist seine Botschaft an all jene, die sich gern mal verbotenerweise mit Gesprühtem auf öffentlichen oder privaten Flächen „verewigen“.
Deshalb begrüßt er auch die Freigabe von offiziellen, legalen Graffitiflächen wie auf dem Zechengelände Fürst Leopold. Levin Tomala hat sein Hobby 2019 zum Beruf gemacht, den Job als Fahrzeuglackierer hat er aufgegeben. Seither nimmt er Aufträge für drinnen und draußen an. Im vorigen Jahr haben Tomala und Hildebrandt historische Motive auf Verteilerkästen in der Dorstener Altstadt gesprüht.
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