Der MGV 1948 Hervest-Dorsten war unter anderem für seine vorweihnachtlichen Konzerte bekannt.

Der MGV 1948 Hervest-Dorsten war unter anderem für seine vorweihnachtlichen Konzerte bekannt. © Archiv

Männerchor in Dorsten löst sich auf: „Sind nicht mehr singfähig“

rnChor

Zu wenig Sänger bei den Proben und immer ältere Mitglieder, die sich auch wegen Corona um ihre Gesundheit sorgen: Ein Jahr vor dem 75. Geburtstag muss ein Dorstener Männerchor aufgeben.

Dorsten

, 22.09.2022, 17:30 Uhr / Lesedauer: 2 min

Das alljährliche Ständchen zum Geburtstag ihrer „Lotti“ ist für die Sänger vom MGV 1948 Hervest-Dorsten Ehrensache. Und der Auftritt im August sollte natürlich etwas ganz Besonders sein. Schließlich war es der 100. Geburtstag von Charlotte Sibilitz, der Tochter von MGV-Mitgründer Willi Glasner. 18 Männer sangen da in der Seniorenwohnanlage Paulinum für ihr Ehrenmitglied. Einige waren allerdings nur gekommen, weil es eben Lottis Hundertster war.

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Zu den regulären Proben des MGV erscheinen schon länger eher halb so viele Sänger. Es fehlen vor allem erste Tenöre, aber auch im zweiten Bass sieht es schlecht aus. Ein ausgewogener Chorklang ist da nicht zu erreichen. Oder wie der Vereinsvorsitzende Wilhelm Hardt es formuliert: „Wir sind nicht mehr singfähig. Deshalb müssen wir aufhören.“

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Zwei Liquidatoren sollen den Verein abwickeln

Bei der Mitgliederversammlung am kommenden Dienstag (27.9.) soll die Auflösung des Vereins offiziell beschlossen werden. Zwei sogenannte Liquidatoren sollen bestimmt werden und sich im Anschluss um die Abwicklung kümmern. Damit endet in diesen Tagen still und leise ein Stück Dorstener Chorgeschichte.

Der MGV Hervest-Dorsten wurde 1948 von 13 Männern gegründet. Es handelte sich überwiegend um Bergleute der Schachtanlage Fürst Leopold-Baldur. Willi Glasner wurde erster Vorsitzender, Bergwerksdirektor Anton Kuboschok Schirmherr - und der „Westfalenhof“ zum Vereinslokal. Kaum zwei Jahre später sangen schon mehr als 50 Männer mit. Über die Jahre entwickelte sich der Chor zu einer kulturellen Institution in Dorsten, bekannt vor allem für seine vorweihnachtlichen Konzerte.

MGV 1948 Hervest-Dorsten mit Horst Kather, Wilhelm Hardt, Johannes Sonnhalter, Wilhelm Schroer, Klaus Florin, Joachim Klinckmann, Hans Joachim Schwankl und Chorleiter Michael Hartel.

Das Archivbild zeigt die MGV-Mitglieder (v.l.): Horst Kather, Wilhelm Hardt, Johannes Sonnhalter, Wilhelm Schroer, Klaus Florin, Joachim Klinckmann, Hans Joachim Schwankl und Chorleiter Michael Hartel. © privat

Gründe für das Ende des Vereins gibt es einige. Die Mitglieder sind im Schnitt 77 Jahre alt und Nachwuchs gibt es quasi nicht: „Neue Sänger zu finden, ist so gut wie unmöglich“, sagt Ehrenvorsitzender Hans-Joachim Schwankl. „Das haben wir jahrelang probiert.“

„Corona hat ziemlich viel kaputt gemacht“

Aber auch Corona hat dem personell ohnehin gebeutelten Verein noch einmal zugesetzt. Zwischenzeitlich wich der MGV zum Proben in die Kreuzkirche aus, weil unter den damals geltenden Corona-Regelungen im Proberaum maximal neun Männer hätten singen dürfen. „Dann lüften, dann die nächsten neun rein“, sagt Wilhelm Hardt. „So kann man keine Chorprobe machen. Corona hat viel kaputt gemacht.“

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Das Geburtstagskonzert für Ehrenmitglied Charlotte Sibilitz wird somit wohl der letzte Auftritt des MGV 1948 Dorsten gewesen sein. Für den Vorsitzenden Wilhelm Hardt schließt sich gewissermaßen der Kreis. Vor zehn Jahren hörte er seine Vereinskollegen zum ersten Mal singen. Es war „Lottis“ 90. Geburtstag. Als er dem Einsingen lauschte, erkannte der Gospelchor-Sänger seine Stimmlage: zweiter Bass. „Dann bin ich beigetreten und es hat mir auch immer sehr viel Spaß gemacht.“

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