
© Claudia Engel
Masterstudentin Jennifer Eberlein: Sanierung des Habiflex zahlt sich aus
Schrottimmobilie?
Eine Studentin aus Dorsten hat Mittel und Wege gefunden, wie das leer stehende Habiflex-Wohngebäude wiederbelebt werden kann. Sie rennt damit in Dorsten offene Türen ein.
Jennifer Eberlein (25) ist Dorstenerin. Sie hat seit ihrer Kindheit eine große Leidenschaft für Wohngebäude: „Mich drängt es, alte Häuser wieder schön zu machen“, sagt die junge Frau. Zurzeit feilt sie an ihrer Masterarbeit. Die reicht sie in der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus ein.
Die Abschlussarbeit der Studentin für Architektur mit Schwerpunkt für Wirtschaft und Projektmanagement ist einem höchst umstrittenen Wohngebäude in Dorsten gewidmet: dem Habiflex in Wulfen-Barkenberg. Dafür hat sie ein Revitalisierungskonzept ausgearbeitet und untersucht, was nötig ist, um das Gebäude wieder in Betrieb nehmen zu können.
Habiflex steht seit 2008 wegen Wasserschäden und baulicher Mängel leer. Eberlein hat die Bausubstanz analysiert und führt Möglichkeiten auf, wie das Habiflex zeitgenössischen Wohnformen angepasst und wieder bewohnt werden kann.
„Beachtenswerte“ Analyse
Stadtbaurat Holger Lohse hat sich unlängst eingehend mit der jungen Frau unterhalten, als sie zu Besuch in Dorsten war. Er hält Jennifer Eberleins inhaltliche und sachliche Auseinandersetzung mit der experimentellen Architektur Barkenbergs für „beachtenswert“. „Das Nutzungskonzept für diesen Standort nimmt die Idee der flexiblen Grundrisse erneut auf, sodass der ursprüngliche Entwurfsgedanke weitergeführt wird. Auch der Vorschlag zur zukünftigen Eigentumsform für eine neue oder vielleicht auch sanierte Immobilie – die Gründung einer GmbH & Co KG – ist in jedem Fall prüfenswert“, sagt Lohse. Und macht mit dieser Stellungnahme deutlich, dass die Stadt Dorsten das Habiflex nicht abgeschrieben hat.

Das Habiflex an der Jägerstraße in Wulfen-Barkenberg © Guido Bludau
Viele Kritiker wünschen sich, dass das aus viel Beton und Glas bestehende Gebäude an der Jägerstraße abgerissen wird. Dem gegenüber stehen zahlreiche Befürworter der Habiflex-Architektur, unter anderem der Berliner Professor Jan Kampshoff. Er hat beim Projekt „Utopia“ in Barkenberg das Habiflex unter die Lupe genommen.

Jan Kampshoff, Architekt TU Berlin, im Gespräch mit dem Münsteraner Architekten Klaus Dömer beim Projekt „Utopia“ in Barkenberg © Claudia Engel (A)
Kampshoff, Vorstandsmitglied des westfälischen Kunstvereins und Mitbetreiber von Modularbeat, einer Architektengemeinschaft, die bekannt ist für ihre temporären, experimentellen Bauten, bescheinigt dem Habiflex trotz seiner bestehenden Mängel ein „tolles Konzept und eine Architektur, deren Reize heute wieder erkannt werden. Aber bauphysikalisch ist leider alles schief gegangen, was schief gehen konnte“.
Das weiß auch Jennifer Eberlein. Nach heutigen Wertmaßstäben und Wirtschaftlichtkeitsbetrachtungen für nachhaltige und ressourcenschonende Architektur hat das Gebäude es aber verdient, wiederbelebt zu werden. Jennifer Eberlein hat in einer früheren Forschungsarbeit zum Habiflex einen eingehenden „ökonomischen und ökologischen Vergleich von Abriss und Sanierung“ angestellt. Dabei ist sie zu dem Ergebnis gekommen, dass es zwar noch nicht in der Praxis angewendet wird, aber „dass in Berechnungen der energetischen Aufwendungen wie auch in den Investitionen im Vergleich von Neubau und Modernisierung der Vorteil des Gebäudevolumens in der Erhaltung bleibt“.
Mit solchen Betrachtungen rennt Jennifer Eberlein nicht nur bei der Stadt Dorsten, sondern auch bei ehemaligen Habiflex-Bewohnern offene Türen ein. Heinz-Rüdiger Kühn und weitere Nachbarn der ersten Stunde hat Jennifer Eberlein interviewt: „Das war sehr hilfreich.“ Das „Unikat“, so die ehemaligen Bewohner unisono, habe es verdient, erhalten zu werden. Das sieht Jennifer Eberlein genauso. Sie hofft, dass sie nach dem Einreichen ihrer Masterarbeit am 22. Februar 2022 mit der Stadt Dorsten im Gespräch bleibt. Sie strebt neben einem Angestelltenverhältnis bei einer großen Leipziger Firma ein Nebengewerbe als selbstständig Tätige an und will sich auf bauwirtschaftliche Aspekte konzentrieren. An der Wiederbelebung des Habiflex mitzuwirken, wäre für sie ein Traum.
Seit 20 Jahren als Lokalredakteurin in Dorsten tätig. Immer ein offenes Ohr für die Menschen in dieser Stadt, die nicht meine Geburtsstadt ist. Das ist Essen. Ehefrau, dreifache Mutter, zweifache Oma. Konfliktfähig und meinungsfreudig. Wichtige Kriterien für meine Arbeit als Lokalreporterin. Das kommt nicht immer gut an. Muss es auch nicht. Die Leser und ihre Anliegen sind mir wichtig.
