Eine scheinbar simple Frage, die unsere Redaktion beschäftigte, löst Kopfzerbrechen auch bei Experten aus: Warum sieht auf Luftbildern, etwa vom RVR oder bei Google Maps, die Lippe in Dorsten immer dunkler aus als der Wesel-Datteln-Kanal? Meike Delang vom Lippeverband hatte auf Anfrage dazu Experten in ihrem Haus bemüht.
Neben der unterschiedlichen Wassertiefe vermuteten diese als Hauptursache, dass es im Kanal mehr Phytoplankton gibt, also schwebende Algen. Diese würden für den grünen Schimmer sorgen, der auf den Luftbildern zu sehen ist.
„Spannende Fragestellung“
Unsere Berichterstattung nahm Tobias Grunewald, der seit vielen Jahren in Dorsten lebt, zum Anlass, sich selbst Gedanken zu machen. Für den Physiker der Ruhr-Universität Bochum ist es eine „eine spannende Fragestellung“. Die Erklärungsansätze des Lippeverbands kann er gut nachvollziehen. „Für die Schlussfolgerung, dass aus klarem Wasser (wenig Phytoplankton) direkt eine dunkle Färbung folgt, braucht es jedoch aus meiner Sicht weitere Faktoren.“
Der pegelabhängige Tiefenunterschied zwischen Lippe und Kanal sei im Mittel vielleicht eher gering - deshalb sei die Tiefe des Wassers „aus meiner Sicht eventuell ein (nicht signifikanter) Faktor“, so Grunewald analog zu den Experten des Lippeverbands. Einen signifikanten Einfluss auf die Färbung könnten laut Grunewald der „Bewuchs unter der Wasseroberfläche, Sedimente, Tiere sowie die Beschaffenheit des Flussbettes (eher dunkel, uneben, viel Gras, schlammig?)“ haben.

Im Vergleich zum Lippeverband bringt Grunewald einen weiteren Faktor ins Rennen: „Eine dynamische Wasseroberfläche (viele Wellen) würde ein dunkles Erscheinungsbild begünstigen. Voraussetzung dafür wären zum Beispiel Wind (beeinflusst aber auch den Kanal) und eine gewisse Fließgeschwindigkeit.“
Grunewald nennt einen Bergsee in Island, den Einheimische „Odins Träne“ nennen. „Bei ruhiger und nicht vereister Oberfläche kann man zum Beispiel bei manchen Bergseen (Odins Träne: etwa 20 Meter tief, klar, dunkler Seeboden) bis zum Grund schauen.“
Satellit bestätigt Beobachtung
Wilhelm Deitermann, Sprecher des LANUV, hat Fachleute der Gewässerökologie sowie des Fernerkundungszentrums auf die Frage angesetzt. „Zunächst ist hervorzuheben, dass vom Fernerkundungszentrum die Satellitendaten zwischen Januar 2021 und Dezember 2022 betrachtet wurden und die Lippe immer einen dunkleren Farbton aufwies.“
Warum das so ist, darauf könnten auch die Fachleute keine eindeutige Antwort geben, so Deitermann. „Das liegt zum einen daran, dass für eine belastbare Antwort immer ein Minimum an terrestrischen beziehungsweise hier aquatischen Referenzdaten erforderlich ist, die uns derzeit nicht vorliegen und zum anderen wahrscheinlich mehrere Faktoren hier eine Rolle spielen.“
Schwebstoffe durch Schiffe
Eine mögliche Ursache, so Deitermann, könnten die „Schiffsbewegungen sein, die dazu führen, dass im Kanal immer eine bestimmte Menge Schwebstoffe in der Wassersäule bewegt werden, welches in der Lippe (außer bei Hochwasser) nicht der Fall ist“.
Gleichzeitig scheine auch die Gewässertiefe eine Rolle zu spielen. Deitermann: „Im Rhein beziehungsweise in der Weser (letztere im Vergleich zum Mittellandkanal) werden durch Schiffsbewegungen bedingt durch die größere Tiefe weniger Schwebstoffe aufgewirbelt, als im dazu vergleichsweise flacheren Kanalnetz.“
Frage an Meike Delang: Warum ist die Lippe im Luftbild dunkler als der Kanal?
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