Konverter in Dorsten Stockhoff: „Habeck könnte auf Uniper Einfluss nehmen, will aber nicht“

„Habeck könnte auf Uniper Einfluss nehmen, will es aber nicht“
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Tobias Stockhoff hatte am Dienstag (9.1.) mit dem Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Dr. Philipp Nimmermann, telefoniert. Dabei teilte Nimmermann laut Stockhoff mit, dass das Ministerium sich zwar über die Standortfrage für den Konverter der Windstromtrasse „Korridor B“ habe informieren lassen.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und die Bundesregierung würden sich aber nicht für eine politische Entscheidung bei Uniper einsetzen, dass der Konverter auf der Kraftwerksfläche in Gelsenkirchen-Scholven gebaut werde.

Netzbetreiber Amprion, der den Konverter und die Windstromtrasse bauen will, und der sich zu 99 Prozent in Staatsbesitz befindliche Konzern Uniper als Eigentümer der Flächen in Scholven seien sich angeblich einig und hätten dem Ministerium mitgeteilt, dass der Kraftwerksstandort für den Bau des Konverters ungeeignet sei.

In einem Telefonat mit dem Projektverantwortlichen von Amprion, Arndt Feldmann, wurde deutlich, dass Vorgaben und Rahmenbedingungen von Uniper den Bau des Konverters auf der Kraftwerksfläche nahezu unmöglich machen.

„Ich bin enttäuscht“

Eine politische Entscheidung hatten Bürgermeister Tobias Stockhoff, Altendorfer, die Abgeordneten der Region, Michael Gerdes (MdB), Michael Breilmann (MdB) und Josef Hovenjürgen (MdL), eingefordert. „Ich bin enttäuscht, dass sich Minister Habeck dieser Verantwortung entzieht. Er könnte auf Uniper Einfluss nehmen, will es aber nicht“, sagt Bürgermeister Stockhoff nach dem Gespräch mit Nimmermann.

Stockhoff: „Die Stadt Dorsten hält es unverändert für falsch, den Konverter auf einer bisher unbelasteten Grünfläche zu bauen. Diese Entscheidung folgt erkennbar allein den wirtschaftlichen Interessen von Uniper, die freien oder freiwerdenden Flächen in Scholven anders zu nutzen.“

Wirtschaftliche Gründe

Die Ablehnung des Uniper-Standortes war von Amprion bislang immer damit begründet worden, dass das Kraftwerk nach dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs und der damit verbundenen Energiekrise, in Reserve gestellt wurde. Stockhoff vermutet allerdings ganz andere Gründe: Aus Gesprächen mit verschiedenen Stellen sei es offensichtlich für die Stadt geworden, dass hier der Bau eines Wasserstoffkraftwerks in den Fokus genommen worden sei.

Anders sei es nicht zu erklären, so Stockhoff, dass ganz offensichtlich der politische Wille fehle, sich sachlich mit den Argumenten der Menschen und der Stadt Dorsten zu befassen, die eindeutig für Scholven als Konverter-Standort sprechen. Im Gespräch habe der Staatssekretär mehrfach betont, dass er aus Mangel an Detailkenntnissen dazu nichts sagen könne.

„Das Ministerium hat sich nach meinem Eindruck mit den wirtschaftlich motivierten Aussagen von Uniper abspeisen lassen und ist seiner Verantwortung als Behörde für eine sachliche Abwägung nicht ausreichend nachgekommen“, so der Eindruck des Bürgermeisters.

Auf dem Kraftwerksgelände in Gelsenkirchen gäbe es laut Stockhoff genügend Platz für einen Konverter.
Auf dem Kraftwerksgelände in Gelsenkirchen gäbe es laut Stockhoff genügend Platz für einen Konverter. © RVR, 2022, dl-de/by-2-0.

Ursprünglich hatte auch Amprion den Kraftwerksstandort bevorzugt. Dort gäbe es mit den Flächen der stillgelegten Kraftwerksblöcke D bis F, einer Freifläche im Nordwesten der Anlage sowie nicht mehr benötigten Teilen der Kohlelagerflächen gleich drei grundsätzlich geeignete Baufelder. Zugleich handele es sich laut Stockhoff um einen voll erschlossenen, raumplanerisch und technisch bestens geeigneten Energiestandort, der bereits ans nahe Umspannwerk angeschlossen ist. Die Abwärme des Konverters könne zudem ins vorhandene Fernwärmenetz in Scholven eingespeist werden – als weiterer Baustein für die notwendige Energiewende.

Dass es durchaus anders und kooperativer gehe und Synergien sinnvoll genutzt werden könnten, habe der RWE-Konzern gezeigt, so Stockhoff. In Hamm und Voerde habe der Konzern den Bau vergleichbarer Konverter auf Kraftwerks- bzw. eigenen RWE-Flächen zugelassen.

Zweierlei Maß?

Es sei überhaupt nicht nachvollziehbar, so Stockhoff, dass die Lärmbelastung durch den Konverter nach Angaben des Staatssekretärs für die Anwohnerinnen und Anwohner in Scholven zu hoch sei. „Aber in 300 Metern Abstand zur dörflichen Wohnsiedlung Altendorf-Ulfkotte scheint das für den Bundeswirtschaftsminister dann kein Problem mehr zu sein. Ich hoffe, das kann die Bundesregierung den Bürgerinnen und Bürgern glaubhaft vermitteln. Ich kann es nicht“, so Stockhoff.

Stockhoff betont: „Wer die unbestritten notwendige Energiewende mit der Brechstange gegen die Menschen und gegen jede Logik durchsetzen will, der wird diesen Prozess nicht beschleunigen, sondern abbremsen und wird auf dem Weg die Menschen verlieren.“

Chancen schwinden

Mit der Entscheidung des Bundeswirtschaftsministeriums schwinden die Chancen, in Dorsten den Konverter noch verhindern zu können. NRW-Umweltministerin Mona Neubaur hatte vor Weihnachten mit Stockhoff vereinbart, dass seine Argumente für einen Konverter auf einer Uniper-Teilfläche geprüft werden sollten.

Der SPD-Bundestagesabgeordnete Michael Gerdes will sich mit Uniper direkt in Verbindung setzen. Für das Thema interessiert sich auch das ZDF, das am Freitag einen Beitrag in Dorsten drehen will.

Aber reicht die Zeit noch? Amprion wollte zunächst den Antrag auf Vorbescheid beim Kreis Recklinghausen bis Ende des Jahres stellen, hatte dies dann aber auf Anfang 2024 verschoben. Auf Anfrage sagte Projektsprecher Tobias Schmidt in dieser Woche, dass Amprion die Einreichung für Frühjahr 2024 plane. Ein paar Wochen bleiben also noch.

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