
© Petra Berkenbusch
Emigranten reisten mit dem Schiff übers Meer in eine ungewisse Zukunft
Jüdisches Museum
Mit dem Schiff übers Meer ins Exil: Viele Künstler und Literaten flüchteten auf diesem Weg vor den Nazis. Im Jüdischen Museum Westfalen beleuchtet eine Ausstellung einige Schicksale.
Während ihres Kunst-Studiums in den „Goldenen Zwanziger Jahren“ in Berlin lernte Tisa von der Schulenburg im Haus des jüdischen Bankiers Hugo Simon viele Künstler-Persönlichkeiten kennen: Bertolt Brecht, George Grosz, Arnold und Beatrice Zweig, Carl Zuckmeyer. Mit vielen anderen teilten sie später ein Schicksal: Sie mussten emigrieren, Nazi-Deutschland verlassen. Und sie taten es alle per Schiff.
Die Ausstellung „Schiffswege Kulturschaffender ins Exil“, die vom 25. August bis zum 29. November im Jüdischen Museum Westfalen zu sehen ist, führt die Künstler und Literaten sozusagen wieder zusammen - dank Tisa von der Schulenburg, die als Schwester Paula bei den Dorstener Ursulinen ihre zweite Lebenshälfte verbracht hat.
Tisa-Bilder brachten die Ausstellung nach Dorsten
Als Kuratorin und Autorin Dr. Kristine von Soden die Ausstellung fürs Kunstmuseum Ahrenshoop und eine etwas verkleinerte Variante für die Galerie im Georgshof in Hamburg vorbereitet hat, kam der Kontakt zum Jüdischen Museum zustande. Die Kuratorin war auf der Suche nach Bildern Tisa von der Schulenburgs, bekam sie ausgeliehen und sagte dem wissenschaftlichen Museumsmitarbeiter Thomas Ridder gern zu, die Ausstellung auch nach Dorsten zu schicken.
Hier ist nun zu sehen, wie Bertolt Brecht, George Grosz, Mascha Kaléko, Else Lasker-Schüler, Carl Zuckmeyer, Beatrice Zweig, Tisa von der Schulenburg und andere vor den Nazis ins Ausland flüchteten und wie umtriebige Geschäftsleute an ihnen durch den Verkauf von Schiffspassagen und Umzugs-Service verdienten.
Postkarten und Fotos von den Schiffen und Häfen sowie Zitate der Emigranten und Beispiele ihrer Werke runden das Bild ab.
Nicht alle konnten ihr Schaffen im Exil fortsetzen
Die Ziele der Emigranten waren sehr unterschiedlich. Während Tisa von der Schulenburg zum Beispiel nur eine kurze Überfahrt nach England buchte, führten die oftmals hastig angetretenen, legalen und illegalen Aufbrüche andere nach Palästina, Südamerika oder in die USA. Es gab auch Umwege: Bert Brecht zog zunächst nach Skandinavien, erst 1941 ging er in die USA.
Während Tisa von der Schulenburg ihr künstlerisches Schaffen fortsetzte, unter anderem mit den Bildern aus dem Kohlerevier in Durham, waren andere Künstler von Verfolgung und Flucht nahezu gelähmt. Und je länger die Naziherrschaft dauerte, desto schwieriger wurde die Flucht. Bis 1941 sogar ein Ausreiseverbot erlassen wurde und die lange geplanten Massendeportationen begannen.
Schiffswege ins Exil gibt es auch heute. Oftmals führen sie übers Mittelmeer in jene Richtung, aus der die Protagonisten der Ausstellung damals aus gutem Grund fort wollten. Dass Deutsche damals in anderen Ländern aufgenommen wurden, darf uns 2020 ruhig eine Mahnung sein.
Geboren und geblieben im Pott, seit 1982 in verschiedenen Redaktionen des Medienhauses Lensing tätig. Interessiert an Menschen und allem, was sie anstellen, denken und sagen.
