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Impfgegnerin kritisiert Dorstens Bürgermeister: „Ich verbitte mir die Belehrung!“
Coronavirus
Dorstens Bürgermeister ruft „aus Solidarität“ zum Impfen gegen das Coronavirus auf. Eine Impfgegnerin wehrt sich öffentlich, spricht von „Belehrung“ und „moralischem Zeigefinger“.
Etwa die Hälfte der Menschen in Deutschland ist vollständig gegen das Coronavirus geimpft. Dorstens Bürgermeister Tobias Stockhoff ist einer von ihnen. „Seine Entscheidung“, sagt Doris Imig. „Ich habe für mich eine andere getroffen.“
Doris Imig, Künstlerin aus Schermbeck, aber in Dorsten geboren, ist das, was man in Coronazeiten als Impfgegnerin bezeichnet. Sie lehnt die Schutzimpfungen ab, „weil ich die Verantwortung für mich und meine Gesundheit selbst übernehme“. Deshalb hat sie Tobias Stockhoff einen langen Brief geschrieben. Denn der hatte vor 14 Tagen die ungeimpften Menschen in Dorsten aufgerufen, sich „aus Solidarität“ impfen zu lassen.
Doris Imig verbittet sich „die Belehrung mit dem moralischen Zeigefinger von politischer Seite. Ich sehe darin weder einen gesellschaftlichen noch einen gesundheitlichen Nutzen.“ Der Bürgermeister möge doch „einfach akzeptieren, dass es gute, wohlüberlegte Gründe mündiger Bürger für die Ablehnung geben könnte“.
Impfgegnerin erwartet „ausgewogene Haltung“
Die Schermbeckerin bezieht sich in ihrer Argumentation u.a. auf eine kürzlich ausgestrahlte Dokumentation des Fernsehsenders ServusTV, in der verschiedene Wissenschaftler zu Wort kommen. Demnach sei u.a. das Impfen mit einem mRNA-Stoff nicht vergleichbar mit einer Impfung zum Beispiel gegen Masern. Und: Spätfolgen und akute Nebenwirkungen seien schon jetzt alarmierend hoch.
Die Mehrzahl der Wissenschaftler ist allerdings anderer Meinung.
Die Impfgegnerin („Das Argument Solidarität ist unlogisch“) erwartet deshalb „von verantwortlich agierenden Politikern nicht nur eine ausgewogene Haltung zum Thema Corona, sondern auch die Respektierung der individuellen Entscheidungen zum Thema Impfen“. Eine direkte Antwort auf ihren Brief wird die Schermbeckerin von Dorstens Bürgermeister allerdings nicht bekommen.
Dorstens Bürgermeister positioniert sich eindeutig
Tobias Stockhoff begründet dies auf Nachfrage mit der „Vielzahl von Zuschriften, aktuell überwiegend von Coronaleugnern oder Impfgegnern, aus dem gesamten Land. Oft mit einer pseudowissenschaftlichen oder angstgetriebenen Argumentation.“ Als Bürgermeister sei er für das Wohl der Menschen in der eigenen Stadt verantwortlich. „Wir können nicht in schriftliche (Dauer)dialoge mit Auswärtigen zu bundesweiten Themen einsteigen. Das würde uns zeitlich viel zu sehr binden.“
Auch die Schermbeckerin ist demnach für den Dorstener Bürgermeister eine „Auswärtige“.
In der Sache widerspricht Stockhoff der Impfgegnerin aus der Nachbargemeinde aber deutlich: „Ich vertraue als Naturwissenschaftler auf die aktuellen medizinischen Studien und die Wissenschaft“, sagt er. „Nach bestem Wissen und Gewissen empfehle ich weiterhin den Menschen in Dorsten, mit Blick auf die Herdenimmunität solidarisch zu sein und sich impfen zu lassen. Auch Frau Imig hat keine für mich wissenschaftlich belastbaren Argumente aufgeführt, die mich hier zu einer anderen Überzeugung kommen lassen würden.“
Doris Imig rechnet mit weiterem Widerspruch, vielleicht sogar einem „Shitstorm“ in den sozialen Medien. Auch im Bekanntenkreis wird ihre Haltung teilweise kritisch gesehen, gibt sie zu. „Manche lassen sich aber nur pieksen, um ihre Freiheiten zurückzugewinnen.“
Veränderungen gab es immer, doch nie waren sie so gravierend. Und nie so spannend. Die Digitalisierung ist für mich auch eine Chance. Meine journalistischen Grundsätze gelten weiterhin, mein Bauchgefühl bleibt wichtig, aber ich weiß nun, ob es mich nicht trügt. Das sagen mir Datenanalysten. Ich berichte also über das, was Menschen wirklich bewegt.
