Einen rückläufigen Immobilienmarkt meldet der Gutachterausschuss für Grundstückswerte in den Städten Dorsten, Gladbeck und Marl. „Die erwartete Trendwende ist nun auch auf dem örtlichen Immobilienmarkt angekommen“, sagt die Vorsitzende Dörthe Schmidt zum ersten Halbjahr 2023.
Der Gutachterausschuss besteht aus ehrenamtlichen Sachverständigen, die für Transparenz auf dem Immobilienmarkt sorgen sollen. Dazu werten sie alle Immobilienkäufe in den Städten aus und erstellen Wertgutachten. Deutlich wird nun, dass deutlich weniger Immobilien im ersten Halbjahr 2023 in den drei Städten gehandelt wurden als im Jahr davor.
Weniger Immobilien gehandelt
In Dorsten wurden im Zeitraum 17 Prozent weniger Immobilien ge- und verkauft, in Marl 25 Prozent weniger und in Gladbeck sogar 28 Prozent weniger. Sowohl bebaute als auch unbebaute Grundstücke fallen in diese Betrachtung.
Bei den Geldumsätzen ist der Rückgang in Dorsten noch am moderatesten: Hier ging der Umsatz im ersten Halbjahr nur um 9 Prozent zurück, während in Marl ein Minus von 34 Prozent und in Gladbeck sogar ein Minus von 43 Prozent verzeichnet wurde.
Warum in Dorsten der Umsatzrückgang am geringsten ausfällt? Eine echte Begründung dafür hat Bernd Rinkowski vom Gutachterausschuss nicht, weist aber darauf hin, dass es nach wie vor stark schwankende Einzelwerte gebe. „Es gibt immer noch Häuser, die teuer verkauft werden.“
Quadratmeterpreise sinken
„Insgesamt bedeutet das für den örtlichen Immobilienmarkt einen Umsatzrückgang von 103 Millionen Euro“, so Dörthe Schmidt zur Entwicklung in den drei Städten. Das Preisniveau bei Ein- und Zweifamilienhäusern ist rückläufig.
Betrachtet man die Grafik mit den Durchschnittskaufpreisen je Quadratmeter Wohnfläche für Ein- und Zweifamilienhäuser im ersten Halbjahr, fällt auf, dass Höchstpreise wie 5.000 Euro pro Quadratmeter bei einer Immobilie von vor 1960 jetzt im Markt nicht mehr durchsetzbar sind.
Umgekehrt gibt es wieder Verkäufe von Immobilien, die 100 Jahre und älter sind, bei denen die Quadratmeterpreise bei etwa 1.000 Euro liegen.

Preise jenseits von 4.000 Euro pro Quadratmeter wurden allerdings noch erzielt: allerdings nur bei Neubauten. „Im Neubausektor sind die Preise vom Baugewerbe bestimmt, wo in letzter Zeit die Preise ziemlich nach oben gegangen sind. Es ist schwer, Handwerker zu kriegen“, sagt Bernd Rinkowski.
Die Trendwende im örtlichen Immobilienmarkt kam für Rinkowski „langsamer, als wir erwartet haben“. In anderen Städten habe die Entwicklung, die durch gestiegene Zinsen und Baukosten begünstigt wurde, schneller eingesetzt.
„Den Grund kann ich Ihnen auch nicht sagen. Es hat gedauert, bis der Knick kam.“ Im Grundstücksmarktbericht 2023, der die Zahlen aus 2022 berücksichtigte, hatte Dörthe Schmidt noch in Dorsten zwar 24 Prozent weniger gehandelte Immobilien in Dorsten gemeldet, aber gleichzeitig stiegen die Hauspreise.
„Kann so nicht weitergehen“
Für Rinkowski ist die jetzige Korrektur bei den Preise nicht das Besondere, sondern der Boom davor: „Ich muss sagen, so etwas haben wir alle noch nicht erlebt.“ Immer mehr Menschen hätten Interesse an Immobilien gezeigt. Rinkowski meidet bewusst das Wort „Blase“, habe aber bei dem Boom immer gedacht: „Das kann so nicht weitergehen.“
Eine „Rückbesinnung auf das Normale“ nennt Rinkowski, der seit rund 25 Jahren den hiesigen Immobilienmarkt im Auge hat, die jetzige Entwicklung. „Dass Preise für Häuser gezahlt werden, die sie auch wert sind.“ Betrachtet man die Angebotspreise, die derzeit in Immobilienportalen zu sehen sind, scheint sich das noch nicht bei allen Anbietern herumgesprochen zu haben.
„Der Anbietermarkt wird sich erst mal an die Preise gewöhnen müssen“, glaubt Rinkowski. „Wenn man Leuten sagt, ‚diese Preise erzielen Sie nicht mehr‘, dann will man das nicht hören.“
Steht neuer Boom bevor?
Die Frage ist: Steht ein neuer Boom bevor? Laut einer Umfrage des Münchener Ifo-Instituts rechnen 1.400 Fachleute aus 133 Ländern in den nächsten zehn Jahren weltweit mit kräftig steigenden Immobilienpreisen. „Die Steigerung der Immobilienpreise wird dabei eher von Nachfrage- als von Angebotsfaktoren getrieben“, sagt Ifo-Forscher Timo Wochner.
37 Prozent der Befragten nannten dabei Gründe wie einen gestiegenen Lebensstandard und höhere Einkommen, aber auch den Wunsch nach mehr Wohnfläche und das Bevölkerungswachstum. Auch die Tendenz zu mehr Homeoffice spiele eine Rolle.
Preiszuwächse von etwa 25 Prozent werden in Süd- und Mittelamerika erwartet. In Deutschland hingegen werden von den Befragten „nur“ 7,2 Prozent höhere Immobilienpreise erwartet. Allerdings, so das Ifo-Institut, seien diese Angaben nicht inflationsbereinigt. Die realen Steigerungen dürften demnach geringer ausfallen.
Mit Material der dpa
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