Zwischen Weihnachten und Neujahr hat das Hochwasser in Dorsten zahlreiche Menschen beschäftigt. Unter anderem hat lang anhaltender und ergiebiger Regen den Pegel der Lippe zwischenzeitlich auf über 10 Meter ansteigen lassen.
Die Auswirkungen davon sind noch immer spürbar. Sie betreffen beispielsweise Hofbesitzer, deren Grundstücke unter Wasser stehen, Hauseigentümer, deren Keller vollgelaufen sind, oder Kleingärtner, deren Gärten überflutet sind.
Stadt bereitet Hochwassereinsatz nach
Inzwischen werden die ersten Schäden beseitigt. Und auch die Stadtverwaltung bilanziert die Ereignisse. Denn abgehakt sei das Hochwasser noch lange nicht, sagen Johannes Büsken, Leiter des Dorstener Tiefbauamtes, und Annette Ebener, zuständig für die Bereiche Starkregen und Hochwasser. Alle Beteiligten seien dabei, das Geschehen nachzubereiten.
Eine besondere Rolle werde da den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern zukommen, sagt Johannes Büsken. Die Verwaltung plane, auf der städtischen Internetseite ein Portal einzurichten, mit dem Hochwasserbetroffene ihre Erfahrungen schildern können.
Veröffentlicht werden solle die Plattform relativ zeitnah, solange das Hochwasser noch in den Köpfen der Menschen sei. Einen konkreten Veröffentlichungstermin gebe es aber noch nicht, ergänzt Pressesprecher Christoph Winkel.
Bürger sollen Erfahrungen schildern
Johannes Büsken erklärt den Zweck: „So können wir die Erfahrungsberichte der Bürgerinnen und Bürger über die vorliegenden Hochwassergefahrenkarten legen.“ Möglicherweise, sagt der Leiter des Tiefbauamtes, gelange die Stadt so an Informationen und Hinweise, „wo wir beim nächsten Hochwasser noch genauer hinschauen müssen.“
Anhaltspunkte für von Hochwasser bedrohte Bereiche, Wohngebiete und Höfe geben Gefahrenkarten, die öffentlich im Geodatenportal der Stadt einsehbar sind. Aber: Wichtig sei da, zwischen der Hochwasser- und Starkregengefahrenkarte zu unterscheiden, sagt Annette Ebener.

Es habe zwar vor Weihnachten lange und ausgiebig geregnet, ein klassischer Starkregen sei dies aber nicht gewesen. Die Kanalisation habe das Regenwasser bewältigen können. Zumal bei Starkregen auch abseits der Lippe und der weiteren Bäche zahlreiche zusätzliche Gebiete überflutet werden könnten.
Gefahrenkarte zeigt Wasserhöhe
Dementsprechend relevant sei also die Hochwassergefahrenkarte. Sie zeigt an, wie hoch das Wasser in den betroffenen Gebieten bei Hochwasser mit hoher (10 bis 50 Jahre), mittlerer (100 Jahre) und niedriger Wahrscheinlichkeit (>500 Jahre) steigt.
Bürgerinnen und Bürger können also mithilfe der Hochwassergefahrenkarte nachschauen, ob sie sich in einem tatsächlichen Überschwemmungsgebiet oder überschwemmungsgefährdeten Gebiet befinden.
Die Praxis habe gezeigt, dass das gut funktioniere, sagt Annette Ebener. „Die Berechnungen haben gepasst“, führt sie aus und fügt hinzu: „Mit den Karten wollen wir die Menschen visuell sensibilisieren.“

Drei Beispiele:
- Eingezeichnet ist auf der Karte, dass die Felder rund um die beiden Höfe an der Ackerstraße teilweise bis zu zwei Meter unter Wasser stehen können. Und genauso ist es eingetreten: Unter anderem glich der Hof von Familie Fengels einer Hallig, wie sie im Wattenmeer zu finden ist.
- Ähnlich zutreffend war die Prognose für einen Hof an der Orthöve.
- Als „überschwemmungsgefährdetes Gebiet“ eingezeichnet ist die Kleingartenanlage Im Lippegrund. Und genau die steht unter Wasser. Allerdings nicht, weil der angrenzende Rapphoffs Mühlenbach über die Ufer getreten ist, sondern weil das Grundwasser nach oben drückt.
Gefahrenkarten haben Einschränkungen
Allerdings habe diese Karte auch Einschränkungen, so Annette Ebener. Kleinste Abweichungen von der Datengrundlage könnten zu Veränderungen auf der Gefahrenkarte führen.
Des Weiteren gebe die Darstellung den Stand zu dem Zeitpunkt und der Ereigniswahrscheinlichkeit wieder, zu dem sie berechnet wurde. Im Falle der Starkregenhinweiskarten des Bundesamtes für Kartografie und Geodäsie stammen die Berechnungen für Dorsten aus 2013. Aus diesem Grund hat die Stadt nun eigene Starkregengefahrenkarten erstellen lassen
Die örtlichen Gegebenheiten könnten sich also ändern, so Annette Ebener. Zum Beispiel durch ein neues Baugebiet, Straßenarbeiten oder Veränderungen auf dem eigenen Grundstück.
Dementsprechend weniger präzise würden die Berechnungen beispielsweise mit Blick auf einzelne Häuser. Ebenfalls nicht berechnen oder vorhersagen lasse sich, ob Keller feucht werden oder gar volllaufen.
Annette Ebener und Johannes Büsken ziehen also trotz einzelner Schadensfälle eine positive Bilanz zum Hochwasser: Die Zusammenarbeit mit dem Lippeverband, der Feuerwehr, dem THW und den anderen Hilfsorganisationen habe gut funktioniert.
Zudem seien viele positive Rückmeldungen von Bürgerinnen und Bürgern eingegangen. Auch das zeigt, wie viele Menschen in Dorsten das Hochwasser beschäftigt hat.
Info-Veranstaltung im Rathaus oder als Livestream
Zunächst allerdings lädt die Stadt zu einer Bürgerinfo ein. Wie man Schäden präventiv vermeiden und im Notfall sich selbst und Sachwerte schützen kann – das erfahren Interessierte in der Bürgerinformationsveranstaltung zum Thema „Starkregenprävention in Dorsten“, die am kommenden Donnerstag (25. Januar) um 17 Uhr angeboten wird. Die Teilnahme ist sowohl in Präsenz möglich (Großer Sitzungssaal im Rathaus, Halterner Straße 5) sowie im Livestream auf dem YouTube-Kanal der Stadt Dorsten: www.youtube.com/@stadtdorsten1251/streams
Die Infoveranstaltung bietet Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit, mehr über die Ursachen und Folgen von Starkregen zu erfahren sowie konkrete Handlungsempfehlungen für den Umgang mit solchen Wetterereignissen zu erhalten.
Es geht dabei um die Vermittlung grundlegender Informationen.
Eine individuelle Beratung ist in diesem Termin nicht möglich, für Fragen stehen die anwesenden Fachleute im Nachgang aber sicherlich zur Verfügung.
Erfahren werden die Teilnehmer unter anderem etwas über den Zusammenhang zwischen Klimawandel und einer Zunahme an Extremwettern wie Hitze, Dürre und Starkregen und insbesondere über die neue Starkregengefahrenkarte für das Dorstener Stadtgebiet.
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