
© Guido Bludau
Herausragende Architektur: Kongress schaut auf Wulfen-Barkenberg
Nachkriegsmoderne
Wulfen-Barkenberg hat moderne Architektur, zeitlose Architektur, aber auch Gebäude, die von Beginn an zum Scheitern verurteilt waren. Ein internationaler Kongress hat sich damit beschäftigt.
Prof. Yasemin Utku ist in Dorsten keine unbekannte. Die Architektin, Raumplanerin und Professorin für Städtebau und Planungspraxis hat im Marienviertel in der Ideenwerkstatt der Bürger mitgewirkt und Anregungen aus fachlicher Sicht gegeben.
Im Ortsteil Wulfen-Barkenberg hat sie sich in Zusammenarbeit mit der Landesinitiative Baukultur NRW mit der Stadtentwicklung der „Neuen Stadt Wulfen“ auseinandergesetzt und diese in einem kurzen Film festgehalten. Präsentiert wurde dieser Film jetzt anlässlich eines internationalen Fachkongresses.
Spielfeld für moderne Architektur
Forscher aus Israel und Nordrhein-Westfalen, die spezialisiert sind auf die sogenannte Brutalistische Architektur, sahen ihn. Barkenberg ist voll davon und deshalb nicht nur ein Spielfeld für moderne Architektur ab den 1960er-Jahren aufwärts gewesen, sondern auch heute noch ein Blickfang für die Fachwelt und Kenner zeitgenössischen Wohnens.

Die Schwarze Finnstadt auf der grünen Wiese © Guido Bludau
In ihrem Film ist Yasemin Utku durchs Viertel gegangen. Sie hat die Rote und die Schwarze Finnstadt als Beispiele für Brutalistische Baukultur eingefangen. Brutalistisch hat übrigens nichts mit Brutalität zu tun. Brutalistisch steht für die dominierende, schnörkellose Architektur zwischen etwa 1960 und dem Anfang der 1980er-Jahre.
Neben zeitlos schönen Wohngebäuden mit hoher Wohnqualität für die Bewohner, wie die Schwarze und Rote Finnstadt, sind einige brutalistische Bauwerke schon wieder vom Erdboden getilgt. Die Metastadt beispielsweise, eine Art „Hochregallager“, aufgefüllt mit Betonteilen und Glas. Sie galt anfangs als Wunderwerk modernen Wohnens, musste aber wegen ihrer Baumängel beseitigt werden.
Auch das Habiflex-Gebäude wird im Film als herausragendes Architekturwerk mit besonderer Wohnqualität hervorgehoben. Es zu revitalisieren, dürfte eine Herausforderung sein, erscheint der Fachwelt aber nicht als unrealistisch. Im Gegensatz dazu haben Ladenpassage und Wohnwelt über dem Wulfener Markt ihre besten Zeiten längst hinter sich. Dieses eigentliche Zentrum von Alt-Wulfen und Barkenberg soll nach dem Abriss des maroden Leerstandes wiederbelebt werden.
Yasemin Kutkus Film schildert die Geschichte der Neuen Stadt Wulfen. Die Modellstadt Barkenberg, geplant ab den 1960er-Jahren, sollte 50.000 Menschen ein Zuhause bieten und sichtbarer Ausdruck einer neuen Industriegesellschaft sein.
Überzogene Wirtschaftsprognosen führten schon in den 1970er-Jahren zu einer beschränkten Planung für 30.000 Bewohner. Heute leben rund 8.000 Menschen in Wulfen-Barkenberg, was eher einer großen Siedlung entspricht als einer Stadt. Dennoch stellen die Ideen für die Neue Stadt Wulfen bis heute ein besonderes Beispiel für die Nachkriegsmoderne im Ruhrgebiet dar.
Seit 20 Jahren als Lokalredakteurin in Dorsten tätig. Immer ein offenes Ohr für die Menschen in dieser Stadt, die nicht meine Geburtsstadt ist. Das ist Essen. Ehefrau, dreifache Mutter, zweifache Oma. Konfliktfähig und meinungsfreudig. Wichtige Kriterien für meine Arbeit als Lokalreporterin. Das kommt nicht immer gut an. Muss es auch nicht. Die Leser und ihre Anliegen sind mir wichtig.
