
Heinz-Peter Wäscher (61) beschäftigt sich intensiv mit der E-Mobilität. © Niklas Berkel
Heinz-Peter Wäscher (61) kritisiert E-Lade-Situation in Dorsten: „Nicht nutzerfreundlich“
E-Mobilität
Nicht überall in Dorsten gibt es ausreichend Möglichkeiten, sein E-Auto zu laden, sagt Heinz-Peter Wäscher (61). Er hat Ideen, wie das verbessert werden kann. Was die Stadt dazu sagt.
Heinz-Peter Wäscher (61) hat eine große Leidenschaft: E-Autos. Ab 2035 sollen in der Europäischen Union keine Verbrennermotoren mehr zugelassen werden. Der Umbau der Auto-Flotte ist in vollem Gange. Doch die Ladesituation ist noch nicht überall optimal, findet Wäscher. Zur Situation in Dorsten findet er klare Worte.
Wäscher kennt sich mit dem Thema E-Autos aus. Seit mehreren Jahren fährt er selbst eines. Hat sich dadurch für die Materie begeistert. Er betreibt sogar einen eigenen Youtube-Kanal.
Sein großes Hobby ist der „E-Cannonball“. Eine Vergleichsverbrauchsfahrt, bei der E-Auto-Fahrer verschiedene Herausforderungen meistern müssen. Beispielsweise mehrere 100 Kilometer fahren und dabei so selten wie möglich aufladen. „Es geht bei so einer Challenge darum, nicht so schnell wie möglich an sein Ziel zu gelangen, sondern so effizient wie möglich“, sagt Wäscher.
E-Auto: „Steht er, lädt er“
Und Effizienz ist, gerade was das Aufladen eines E-Autos betrifft, ein wichtiges Stichwort. Das Motto für E-Auto-Fahrer sei „Steht er, lädt er“, sagt der 61-Jährige. Doch das sei in Dorsten nicht immer möglich. Auch wenn Wäscher findet, dass Dorsten auf den ersten Blick gut aufgestellt sei, was die E-Lade-Infrastruktur betrifft, sieht er die Ladestationen oft an den falschen Orten.
Insgesamt gibt es in Dorsten 25 Ladesäulen mit 50 öffentlich zugänglichen Ladepunkten. Die können 24/7, also jeden Tag, voll genutzt werden. „Da hierbei die teil-öffentlichen Ladepunkte nicht erfasst sind, können Nutzer mitunter noch an mehr Standorten laden“, erklärt Sebastian Cornelius, Klimaschutzmanager der Stadt Dorsten. Damit sind Ladestationen auf beispielsweise Firmengeländen oder Hotels gemeint.
Zudem sind weitere Ladestationen geplant, sagt Cornelius. „Sowohl auf öffentlichen als auch nicht-öffentlichen Flächen.“ Wie weit die Planungen dahingehend sind, könne er aktuell aber nicht mitteilen.
Auch aus seiner Sicht ist Dorsten aktuell gut aufgestellt. Im unmittelbaren Vergleich zu den weiteren Kommunen des Kreises Recklinghausen liegt Dorsten sogar auf Platz zwei.
Was Heinz-Peter Wäscher dagegen kritisiert, ist, dass die Ladestationen an den falschen Stellen stünden. „Sie sind so hingestellt, dass ich da als Autofahrer nicht hinfahren möchte.“ Als Beispiel nennt er die E-Lade-Säule bei Rosin in Alt-Wulfen. „Wer steht dort, um länger zu laden?“, fragt er. „Wenn ich da vorbeifahre, ist sie fast immer leer.“
Die öffentlichen E-Lade-Säulen, wie sie auch an der Hervester Straße in Alt-Wulfen steht, ist ein Normalladepunkt mit einer Ladeleistung von maximal 22 kW. Ein E-Auto, wie Wäscher es hat, müsste dort mindestens drei Stunden lang stehen, bis es zu 80 Prozent geladen ist. „Das ist nicht nutzerfreundlich“, sagt Wäscher. Anders wäre es, wenn die Ladestationen dort stünden, wo Menschen mehr Zeit verbringen. Beispielsweise beim Einkaufen.

Heinz-Peter Wäscher vor seinem Auto, das lädt. © Niklas Berkel
Auch die Lade-Situation in Wulfen-Barkenberg oder Deuten sei unzureichend. Dort müsste es mehr (Barkenberg) oder überhaupt Möglichkeiten (Deuten) geben, um öffentlich zu laden. Nicht jeder E-Auto-Fahrer habe die Möglichkeit, zu Hause zu laden.
Wäscher: Es braucht unterschiedliche Lade-Säulen
Dabei spielt nicht nur eine Rolle, ob es überhaupt eine Möglichkeit gibt, zu laden, sagt Wäscher. Es müsse auch Sinn machen, welche Ladestation aufgestellt wird. Eine Standard-Ladesäule wie bei Rosin mache in Deuten beispielsweise keinen Sinn. „Da bräuchte man eher eine Schnelllade-Säule, wie man sie an Autobahnen findet.“ Das sind Ladesäulen mit maximal 100 kW. An solchen Ladestationen lädt Wäschers Auto knapp eine halbe Stunde für 80 Prozent Reichweite.
Also dort, wo weniger Menschen wohnen, brauche man nicht viele Ladesäulen, sondern es reichen weniger. Die müssen dann aber flotter laden, damit sie nicht dauerhaft besetzt sind.
Insgesamt sei es laut Klimaschutzmanager Cornelius sowieso so, dass die meisten Menschen zu Hause laden. „Basierend auf der Annahme, dass 80 bis 90 Prozent der Ladevorgänge daheim an der eigenen Steckdose getätigt werden, würde der Bedarf an öffentlicher Ladeinfrastruktur gut 10 Prozent der insgesamt zugelassenen reinelektrischen Fahrzeugen in der Stadt entsprechen, da Hybridfahrzeuge in der Lage sind, auch größere Strecken bis zum nächsten Ladepunkt zu überbrücken“, erklärt der Klimaschutzmanager.

Klimaschutzmanager Sebastian Cornelius, Bürgermeister Tobias Stockhoff und innogy-Regionalleiterin Maria Allnoch vor einer der Ladesäulen auf dem Pendlerparkplatz in der Altstadt. © privat
Laut letztem Stand (Sommer 2021) sind in Dorsten 400 rein elektrische Fahrzeuge zugelassen. Die Stadt geht davon aus, dass sich diese Zahl verdoppelt haben dürfte. „Demnach hätte Dorsten einen Bedarf von rund 80 öffentlich verfügbaren Ladepunkten im gesamten Stadtgebiet für eine Grundabdeckung.“ Damit ist klar, dass sich in Dorsten im Bereich der E-Lade-Situation noch etwas tun muss.
Doch wo wären in Dorsten noch geeignete Standorte für E-Ladestationen? Pauschal sei das aktuell nicht zu beantworten. „Grundsätzlich überall da, wo eine Vielzahl potenzieller Nutzer und eine ausreichende Verweildauer bzw. Aufenthaltsqualität gegeben wäre“, sagt Cornelius.
Geeignet wären größere Arbeitgeber, Nahversorgungszentren sowie innerstädtische Parkflächen. Darüber hinaus auch Parkhäuser in Einkaufszentren oder zentrale Ladebereiche in größeren Gewerbegebieten.
Gefragt sind laut Dorstens Klimaschutzmanager private Investoren. Die Kommune dagegen habe „die Herausforderung zu bewältigen, Interessenten geeignete Flächenpotenziale anzubieten oder in Abstimmung mit verantwortlichen Stellen Lösungen herbeizuführen.“
E-Autos an Laternen laden?
Eine Lösung, um die E-Lade-Situation in Dorsten zu verbessern, sieht E-Auto-Experte Karl-Heinz Wäscher in einem speziellen Modell: Laden an Laternen. In Berlin beispielsweise sollen sich bis zu 1.000 Straßenlaternen sukzessive in Ladepunkte für Elektroautos verwandeln. Die Installation von 200 dieser Laternenladepunkte läuft bereits.
„Wenn sich dieses Modell in Deutschland durchsetzt, könnte man zu jeder Zeit laden“, sagt der 61-Jährige.
Ein Modell, das Klimaschutzmanager Cornelius spannend findet. Von dem er aber auch sagt, dass es finanziell mehr Sinn mache, es in dicht besiedelten Gebieten zu installieren. Wie in Berlin oder in Essen, wo ein ähnliches Projekt angelaufen ist.
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