Karsten Meyer hatte sich eine andere Premiere gewünscht. Gute Zahlen und Perspektiven sind Dorstens Kämmerer allerdings nicht vergönnt gewesen für seine erste Haushaltsrede. So malte der Nachfolger von Hubert Große-Ruiken am Mittwoch ein eher düsteres Bild. Und er sagte klipp und klar: „Wir tragen keine Schuld an diesen Entwicklungen, wir haben nichts falsch gemacht!“
Meyer spielt damit unter anderem auf die „chronische“ Unterfinanzierung der Kommunen und das OVG-Urteil zu den Abwassergebühren an. Dorsten bekommt außerdem rund 5 Millionen Euro weniger Schlüsselzuweisungen (wegen der gestiegenen Gewerbesteuereinnahmen), aber auch Inflation, Energiekosten und Preissteigerungen auf vielen Gebieten machen sich deutlich bemerkbar.
Auf sieben Millionen Euro beläuft sich derzeit das Minus in der Stadtkasse. Wie hoch es genau sein wird, wenn der Stadtrat im Dezember den Etat für 2023 verabschiedet, weiß derzeit niemand. Meyer fehlen weiterhin wichtige Daten von Bund und Land, neue Gesetzesvorhaben sind noch nicht verabschiedet worden.
So oder so wird am Ende ein ziemlich tiefes und vor einem Jahr noch undenkbares Loch bleiben. Um das zu stopfen, wird die Politik in den nächsten Wochen einiges aufbieten müssen. Immerhin ist es schon gelungen, das ursprüngliche Minus von 14,2 Millionen Euro zu halbieren. Den deutlich gestiegenen Gewerbesteuereinnahmen sei Dank, außerdem den vielen Ämtern und Abteilungen im Rathaus, die laut Meyer „bis an die Schmerzgrenze gegangen“ seien und weitere drei Millionen Euro aus ihren Budgets gestrichen haben.

Einig sind sich der Kämmerer und Bürgermeister Tobias Stockhoff, dass es wenig sinnvoll und gegenüber nachfolgenden Generationen auch nicht fair wäre, Kosten aus der Corona-Pandemie und dem Ukraine-Krieg in Jahren und Jahrzehnten abzustottern oder die Unterhaltung städtischer Gebäude noch weiter auf die lange Bank zu schieben. Das verlagere Probleme nur in die Zukunft.
„Generationengerechtigkeit darf man nicht nur leben, wenn die Kassen voll sind. Generationengerechtigkeit muss man dann besonders beachten und leben, wenn die Kassen leerer werden oder gar schon leer sind“, betonte Stockhoff in seiner Rede. Der Bürgermeister sieht allerdings einen großen Vorteil gegenüber vielen Städten, die jetzt erstmals vor riesigen finanziellen Herausforderungen stehen. „Wir haben als Stadtgemeinschaft bewiesen, dass wir auch herausfordernde Zeiten meistern!“
Aber wie? Die Grundsteuer B zu erhöhen. wäre eine Möglichkeit, gilt derzeit aber nur als allerletzte Option. Der Kämmerer hat sie aber trotzdem in seinem Haushaltssicherungskonzept aufgeführt. Deutlich wahrscheinlicher erscheint indes, Projekte wie den geplanten Rathaus-Neubau um einige Jahre zu verschieben, „aber auch das müsste zunächst genau gerechnet werden“, betonte Stockhoff vor der Ratssitzung.
Möglicherweise werden die Politiker auch einen Griff ins Sparschwein beschließen. Das ist zwar längst nicht so fett wie in in anderen Städten, könnte diesmal aber helfen, sogenannte „Einmaleffekte“ auszugleichen. In den nächsten Jahren, in denen es Stand jetzt nicht wesentlich besser aussieht, ist das eher keine Option mehr.
Nicht nur der Bürgermeister, auch der Kämmerer will den Kopf ob der jüngsten Entwicklungen nicht in den Sand stecken. „Es gibt immer Hoffnung und Aussichtslosigkeit kennen wir in Dorsten nicht“, sagte Meyer am Mittwoch beinahe trotzig. „Auch dann nicht, wenn eine Rettung unmöglich scheint. Das haben wir in den vergangenen 30 Jahren bewiesen.“
Wie teuer diese Rettung die Stadt und ihre Einwohner in den nächsten Jahren zu stehen kommt, weiß derzeit allerdings niemand.
Stadt Dorsten macht ausgerechnet im Krisenjahr 2022 ein dickes Plus
Dorsten und die Finanzkrise: Vernunft gegen Populismus
Sabine Fischer und die Stadtinfo sind ins Stadthaus umgezogen