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Guerilla-Baumpflanzaktion „gegen Klimakrise und Schlamperei der Stadt“
Klimaschutz
In einer ungewöhnlichen Aktion haben Klimaschützer in Dorsten Bäume in städtischen Grund und Boden gepflanzt. Als Zeichen für mehr Klimaschutz und gegen die „Schlamperei der Stadt“.
Immer, wenn sich Danielle Schulte am Hülse die alte Dorstener Postkarte von 1902 anschaut, blutet ihr das Herz. „Damals standen an der Alleestraße noch richtig viele Bäume“, sagt sie. „Da sah es hier nicht so unsäglich und kümmerlich aus wie jetzt.“

Damals trug die Allleestraße ihren Namen noch zu Recht (Postkarte aus dem Jahr 1902). © Privat
Deshalb hat die Anwohnerin und Lehrerin am Freitag (12.3.) mit Mitgliedern der Dorstener Gruppe „Teachers for Future“ nicht nur ein, sondern gleich zwei markante Zeichen für mehr Klimaschutz ins Erdreich an der Alleestraße gesetzt. Früh am Morgen, vor den Hausnummern 11 und 12.
Seitdem stehen dort zwei Walnussbäume, der eine drei, der andere fünf Meter hoch: „Weil diese Baumart nach derzeitigem Stand der Wissenschaft mit den Folgen des Klimawandels relativ gut zurecht kommt.“
Zahnarzt stiftet Bäume
Gestiftet wurden die Bäume vom Dorstener Zahnarzt Dr. Robert Lau, auch er wohnt um die Ecke, auch ihm waren die rund zehn Baumlücken der ehemaligen Allee schon länger ein Dorn im Auge. Zwar habe die Stadt vor 10, 15 Jahren mal eine Reihe von Ahornbäumen dort gepflanzt, erzählt die Pädagogin, sie seien aber an einer Krankheit zugrunde gegangen.

Im Vergleich zur Postkarte von 1902 sieht die Alleestraße heute kümmerlich aus - auch trotz neuen Walnussbaums. © Michael Klein
Danielle Schulte am Hülse sagt, dass sie vorher schon mehrfach die Stadt gebeten habe, die Baumlücken der Alleestraße zu schließen. „Doch wir wurden immer wieder vertröstet.“ Also nahm die Gruppe den Spaten selbst in die Hand.
Es war eine echte „Guerilla-Pflanz-Aktion“ auf städtischem Grund und Boden, „Corona-konform, friedlich und ohne Zwischenfälle verlaufen“. Weil vorher nicht klar war, wie viele Mitstreiter dem Aufruf folgen würden, hatte die Dorstenerin wegen der Corona-Bestimmungen den „Klimaschutz-Handstreich“ eigens bei der Polizei angemeldet. „20 Leute kamen während der dreistündigen Aktion vorbei.“

Die Initiatoren der „For-Future-Gruppen" in Berlin im Invalidenpark (v.l.): Frank Abschlag (Parents for Future), Ivan Villanueva (Schools for Future), Danielle Schulte am Hülse (Teachers for Future) und der Akademische Direktor am Museum für Naturkunde; Bernd Hagedorn (Scientists for Future), der am Dorstener St. Ursula-Gymnasium sein Abitur gemacht hat. © Privat
„Absurderweise wollte das Ordnungsamt uns kurz vorher die Aktion untersagen, weil es nicht verstehen konnte, wie die Polizei so etwas Unmögliches überhaupt genehmigen könnte“, so die Lehrerin, die sich aber nicht im Unrecht sieht. „Es ist ja juristisch nicht verboten, Bäume zu pflanzen.“
„Begrünen gerne weiter“
Zumal an Stellen, wo schon immer Bäume standen, wie die leeren Flächen am Straßenrand der Alleestraße zeigen. „Da muss man eben was gegen tun, wenn so eine Schlamperei von der Stadt läuft“, meint sie und kündigt an: „Gerne werden wir Dorsten in Zukunft weiter begrünen: nachhaltig und biodivers.“ Baumlücken gibt es auch genug woanders in der Stadt.
Die Dorstenerin ist Klima-Aktivistin, „und das schon ewig“, sagt sie. Die an einem Düsseldorfer Gymnasium tätige Lehrerin für Kunst und Geschichte war im März 2019 Mitbegründerin der Initiative „Teachers for Future Deutschland“, seit Dezember 2020 gibt es auch eine Dorstener Gruppe.
Klimakrise als Schulthema
Die Klimaschützer fordern unter anderem, die Klimakrise offiziell auch in allen schulischen Vorgaben zu verankern und jedwedes Schulpersonal zu befähigen, die Klimakrise aktiv zu bewältigen.
Der ideellen Unterstützung eines prominenten Klimaschützers ist sich Danielle Schulte am Hülse gewiss. „Ich habe regelmäßig mit Gregor Hagedorn Kontakt, erzählt sie. Der Akademische Direktor des Naturkundemuseums Berlin hat unter anderem mit Eckhard von Hirschhausen die Initiative „Scientists for Future“ gegründet - und kennt in Dorsten nicht nur die Alleestraße: Der 55-jährige Wissenschaftler hat nämlich am St.-Ursula-Gymnasium sein Abitur gemacht.

Zwei der Baumlücken an der Alleestraße © Michael Klein
Die Baumpflanzaktion in Dorsten fand übrigens nicht nur anlässlich des zweijährigen Bestehens der „Lehrer für Zukunft“ statt, sondern auch als Fingerzeig auf den geplanten Globalstreik von „Fridays for Future“ am Freitag (19. März). Deswegen findet die Initiatorin eine Tatsache „schade“: dass am Freitag keine Schüler aus der „Friday for Future“-Initiative aufgetaucht sind.
Geboren 1961 in Dorsten. Hier auch aufgewachsen und zur Schule gegangen. Nach erfolgreich abgebrochenem Studium in Münster und Marburg und lang-jährigem Aufenthalt in der Wahlheimat Bochum nach Dorsten zurückgekehrt. Jazz-Fan mit großem Interesse an kulturellen Themen und an der Stadtentwicklung Dorstens.
