Im Prozess um den „Todespfleger“ aus Dorsten rückt ein Urteil näher. Der 27-Jährige hatte zum Auftakt der Verhandlung am Landgericht München I ein Geständnis abgelegt. Angeklagt ist er wegen zweifachen Mordes sowie versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung in sechs Fällen.
Der Dorstener spritzte seinen Patienten Beruhigungsmittel, Adrenalin und Blutverdünner. Er wollte sie ruhigstellen, um seinen Alkoholrausch auf Arbeit ausschlafen zu können. Damit er keine Windeln wechseln musste, legte er Blasenkatheter. Beschäftigt habe er sich mit den Patienten nicht, sagte er vor Gericht. Er habe sie im Stuhl zur Wand gedreht, weil sie dann ruhiger seien.
Beliebter Fußballtrainer
Mit fortlaufendem Prozess kommen immer neue Details ans Licht. Demnach soll der Dorstener als Kind und Jugendlicher völlig unauffällig gewesen sein. Ein großer Fußballfan, der als Trainer beliebt bei Kindern war, wegen Knieproblemen aber mit dem Sport aufhören musste. Er schloss die Hauptschule ab und bestand mit Mühe und Not die Ausbildung zum Altenpfleger.
Da hatte der Absturz schon begonnen. An seinen Arbeitsstellen verschwanden regelmäßig Geld und Medikamente, er kreuzte immer wieder mit einer Alkoholfahne auf. Neunzehnmal wechselte er laut Süddeutscher Zeitung den Job. Der Dorstener nahm Drogen und machte Schulden. Dealer drohten, ihm seine Finger abzuschneiden, sollte er nicht zahlen. Seine Eltern unterstützten ihren Sohn, wo es nur ging, und beglichen dem Bericht zufolge auch mehrere tausend Euro Drogenschulden.
Über eine Zeitarbeitsfirma heuerte der 27-Jährige im Juli 2020 auf der neurochirurgischen Station im Münchener Klinikum rechts der Isar an. Krankenschwestern fiel bald auf, dass der neue Kollege immer stark nach Parfüm roch. Sie fanden ihn schlafend im Wachraum, die Stationsleitung nahm ihm sein Handy weg, weil er ständig damit spielte.

Anfangs dachten seine Kolleginnen und Kollegen, der Dorstener sei einfach nur faul. Doch er war nicht mal in der Lage, einen Hygiene-Verband richtig anzulegen. Im November 2020 warnte eine Krankenschwester laut Süddeutscher Zeitung die Stationsleitung: Man müsse auf diesen Pfleger aufpassen. Für zwei Menschen war es da schon zu spät.
„Von Eigensucht getrieben“
Laut Staatsanwaltschaft war der Dorstener „von Eigensucht getrieben“. Es sei ihm ausschließlich um sein eigenes Wohlbefinden gegangen. Er habe es außerdem genossen zu sehen, wenn Ärzte nach seinen Taten ratlos waren. Während die Mediziner versuchten, die Patienten zu retten, habe er schweigend daneben gestanden.
Dem Dorstener waren seine Patienten egal. Ihm sei auch bewusst gewesen, dass sie durch seine Manipulationen sterben könnten, sagte er vor Gericht. Zu einem Patienten baute er laut eigener Aussage aber eine Art Beziehung auf, weil dieser denselben Namen hatte wie ein Profi-Fußballer.
Geholfen hat es dem Mann nicht. Der Dorstener spritzte ihn ins Koma, der Patient kam auf die Intensivstation und starb später.
Der Prozess wird fortgesetzt. Der letzte Verhandlungstag ist für den 17. Mai terminiert.
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