Dorstener Wochenmarkt Händler hadern nicht nur mit gestiegenen Standgebühren

Mindestlohn, Standgebühren, Stammkundschaft: Wochenmarkt im Spannungsfeld
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Reihenweise buntes Obst, frisches Gemüse, eine meterlange Auswahl an Käse, Fisch oder Fleisch, dazu der passende Blumenstrauß für den Frühstückstisch: Das bekommen die Dorstenerinnen und Dorstener auf dem Wochenmarkt in der Altstadt geboten.

Besonders die Kundinnen und Kunden, die regelmäßig kommen, machen das tägliche Geschäft der Händler aus. „Die Geschäfte laufen weiter so wie vor Weihnachten. Es wird nicht ruhiger. Das ist super“, erzählt Andreas Steinkopf, der seit 34 Jahren mit seinem Käsestand vom Dorstener Markt nicht mehr wegzudenken ist. Marktmeisterin Michaela Sobotta-von Hausen wünscht sich mehr frische Lebensmittel, da gebe es noch Potenzial: „Lebensmittel gehen immer.“

Michaela Sobotta-von Hausen
Michaela Sobotta-von Hausen ist seit 2018 die Marktmeisterin in Dorsten. © Alexandra Schlobohm

Stände weichen Veranstaltungen

An den Markttagen sind viele der Stände hauptsächlich auf dem Marktplatz zu finden - außer bei Veranstaltungen. Ab Anfang November besetzt zum Beispiel der Winterzauber für mehrere Wochen den Platz. Die Stände weichen dann zu den anderen Händlern in die Nebenstraßen aus.

„Die Händler haben auch da mittlerweile ihre Stammplätze. Das ist eigentlich ein gut harmonierendes System“, erklärt Michaela Sobotta-von Hausen. Gleichzeitig sind dadurch die Kapazitäten begrenzt, um neue Händler für den Markt zu gewinnen.

Händler Andreas Unnebrink muss in dieser Zeit mit seinem Stand ausweichen. Das empfindet er als sehr störend. Problematischer ist für den Obst- und Gemüsehändler allerdings die Suche nach Personal und der steigende Mindestlohn: „Ich finde niemanden mehr“, sagt er. „Den Mindestlohn zu erwirtschaften, wird bei ganz kleinen Firmen bald fast unmöglich sein.“

Dass alles reibungslos funktioniert, ist die Aufgabe von Marktmeisterin Michaela Sobotta-von Hausen und Hubert Heiming. Sie steht im engen Austausch mit den Markthändlern und hat ein offenes Ohr für die Anliegen der Marktbeschicker.

Ende 2018 hat sie die Stelle der Marktmeisterin übernommen. Nach der Corona-Pandemie, durch die steigenden Preise als auch durch die fehlenden Nachfolger für Händler, ist die Situation zunehmend schwieriger. „Es war nach Corona schwierig, Händler zu finden und nach Dorsten zu holen“, erzählt sie.

Vor der Pandemie hat es zum Beispiel noch einen Stand mit Handyhüllen gegeben. Familie Lücke ist mit ihrem Wurst-Stand 2020 in den Ruhestand gegangen. Für beide gibt es keine Nachfolge. „Wir sind natürlich nicht die einzige Stadt, die um die Händler buhlt“, sagt sie.

Markt als Treffpunkt

Sie betont aber auch, dass es viele Händler gibt, die jahrzehntelang immer präsent auf dem Markt sind. Montags, donnerstags und samstags stehen die Stände auf dem Dorstener Marktplatz. Nicht jeden Tag sind alle Händler vor Ort.

Besonders der Samstag funktioniere nach wie vor gut: „Das Flair, einfach durch die Stände zu laufen, auch die Gerüche wahrzunehmen, sei es am Gewürzstand, sei es beim Obsthändler, beim Fischhändler, beim Käsehändler. Das ist, glaube ich, das, was die Leute einfach genießen wollen“, so Sobotta-von Hausen.

Der Markt verbinde das Einkaufen mit einem Stadtbummel, zieht Menschen aus der Umgebung an und ist Treffpunkt für Einheimische. Die Geschäfte und Gastronomie profitieren davon ebenfalls und sorgen sowohl für Stammkunden als auch Laufkundschaft. „Die befruchten sich gegenseitig“, so Sobotta-von Hausen.

Besonders die steigenden Standgebühren, die vor kurzem festgelegt wurden, beschäftigen zurzeit die Marktbeschicker. „Ich habe den größten Stand“, erzählt Andreas Unnebrink. „Bei mir schlägt es prozentual mehr zu Buche.“ Der Gemüse- und Obsthändler steht an allen Markttagen in der Stadt. Dass er mehr bezahlen soll, findet er nicht gut: „Das Ergebnis könnte sein, dass in der Woche bald weniger Händler kommen“, meint er.

Andreas Unnebrink
Andreas Unnebrink ist an allen drei Tagen auf dem Markt und verkauft Obst und Gemüse. © Alexandra Schlobohm

Seit 120 Jahren steht der Familienstand auf dem Dorstener Wochenmarkt. Seit 35 Jahren unter der Leitung von Andreas Unnebrink. Er möchte nicht weggehen, sieht aber auch den Vergleich zu anderen Städten, die mit wenig oder sogar gar keinen Standgebühren attraktiver scheinen. „Woanders sind die froh, wenn man kommt“, meint er.

Zumindest eine Differenzierung der einzelnen Markttage hält er für sinnvoll. Sein Vorschlag: Montags ist auf dem Marktplatz deutlich weniger los, dann sollten die Gebühren auch geringer sein. Dennoch ist für ihn klar: Der Markt ist aus der Innenstadt nicht mehr wegzudenken.

Dienstags gibt es in Hervest und freitags in Holsterhausen einen Markt. An beiden Tagen kommen die Händler auch nach Wulfen. „Hervest ist total charmant“, so die Marktmeisterin. Ein schöner Standort, aber fehlende Händler. Momentan stehe dort nur ein Marktbeschicker. „Der Platz birgt natürlich um einiges mehr Potenzial“, sagt die Expertin.

„In Holsterhausen stehen alle schön eng zusammen. Der ist richtig gut. Es ist alles da“, beschreibt sie hingegen den Markt in Holsterhausen. In Wulfen und Holsterhausen zeigt sich jedoch: Die Freitage laufen deutlich besser. In Wulfen hat sich der Markt ebenfalls zu einem Treffpunkt etabliert. Im Gemeinschaftshaus findet an den Markttagen am Freitag mit Kaffee, Brötchen und Waffeln ein Marktcafé des Fördervereins Pro GHW statt.

Kleiderbörse im Frühjahr

Die Kombination aus steigenden Kosten für die Stände und dem Wunsch, weitere Händler für die Märkte zu gewinnen, könnte sich daher gegenseitig ins Fleisch schneiden.

Marktmeisterin Michaela Sobotta-von Hausen hat aber Pläne für das noch junge Jahr: Sie möchte einen Kleidermarkt in Dorsten etablieren. Im Frühjahr, wenn das Wetter relativ stabil ist, soll sich an einem Samstag zum regulären Wochenmarkt in der Altstadt eine Kleiderbörse gesellen, wo Dorstenerinnen und Dorstener ihren Kleiderschrank verschmälern und gleichzeitig bei anderen stöbern können: „Die Idee hatte ich schon lange. Das hatten wir so in der Innenstadt noch nicht“, sagt sie. Einen Termin gibt es hingegen noch nicht, soll aber frühzeitig bekannt gegeben werden.