Christian Feldmann (46) kämpft für die Energiewende. Er wohnt mit seiner Familie im Dorstener Stadtteil Wulfen-Barkenberg in einem Einfamilienhaus von 1981. Das Dach hat er bereits gedämmt, Luftwärmepumpen am Haus aufgestellt und eine Photovoltaik-Anlage mit 24 Kilowatt-Peak Leistung installiert. Den überschüssigen Strom will er in seine E-Autos laden.
Doch die Garagen für die E-Autos befinden sich nicht auf dem Hausgrundstück, sondern, wie in Barkenberg typisch, auf einem zentralen Garagenhof. Dazwischen: ein öffentlicher Fußweg. In dieser Situation müsste Feldmann seinen Strom ins öffentliche Netz einspeisen, wofür er rund 10 Cent bekommt, und für die E-Autos zurückkaufen zum derzeitigen Tarif von rund 33 Cent.
„Das wird nie was“
Ökonomisch macht das für Feldmann natürlich keinen Sinn. Vor Jahren fragte er die Stadt Dorsten und den Netzbetreiber Westnetz, ob letzterer einen Stromanschluss zu den Garagen legen könne. Er hätte dann, so die Antwort, die anderen 25 Eigentümer zum Mitmachen überzeugen müssen, bei Kosten zwischen 1.000 und 2.000 Euro pro Partei. Feldmanns Reaktion: „Das wird nie was.“
Mit der Stadt Dorsten vereinbarte er zuletzt, dass er auf eigene Kosten ein Kabel durch den Fußweg legen lassen darf. Die Leitungen sollen von einer Firma gelegt werden. Doch die hat im Moment so viel zu tun, dass Feldmann immer noch nicht weiß, wann es so weit sein wird.
Hohe Materialkosten
Allein über 2.000 Euro Materialkosten für die Kabel wird Feldmann zahlen müssen, die einen größeren Durchmesser haben müssen, um die Strommenge zu bewältigen. Bagger, Arbeitskosten und mehr erhöhen die Summe. Aber braucht man die Kabel überhaupt? Nach einem Gespräch mit Bürgermeister Tobias Stockhoff sei ihm dessen Satz nicht mehr aus dem Kopf gegangen: „Es sei eigentlich Irrsinn, dass Menschen private Kabel in die Erde legen wollten, nur weil wir kaufmännisch anders mit dem Strom umgingen, als er physikalisch fließe.“
Das brachte den IT-Berater Feldmann auf eine Idee. Er hat einen internetfähigen Haushaltszähler, der sekündlich Werte ausgebe. Wenn die Photovoltaik Strom ins öffentliche Netz speise, könne dies der Ladelektronik in der Garage gemeldet werden. Das Auto bekäme dann Strom „entlang der Erzeugungskurve“, allerdings über das öffentliche Netz. Eigenverbrauch der PV-Anlage und die Wirtschaftlichkeit würden dann steigen.

Laden ohne eigenes Kabel?
Für Menschen in Feldmanns Situation würde das einen riesigen Vorteil bringen: Es müssten keine privaten Kabel mehr von der PV-Anlage zum Auto gezogen werden, sondern das öffentliche Stromnetz würde genutzt. Für viele Immobilienbesitzer und E-Auto-Fahrer wäre das ein echter Durchbruch.
Aber was unterscheidet Feldmanns Idee von Cloud-Lösungen, wie sie manche Stromanbieter im Angebot haben? Dabei gebe man seinen Photovoltaik-Strom ab und erhalte gewisse Kontingente zurück, so Feldmann über das Geschäftsmodell der Energieversorger. Nachteil für die Kunden: „Die Marge bleibt nicht voll bei ihnen.“
Steht das Regelwerk im Weg?
Bevor Feldmanns Idee umgesetzt werden könnte, müsste aber erst einmal geklärt werden, ob das deutsche Regelwerk dem nicht entgegensteht. Laut Stadtsprecher Ludger Böhne bereitet der Dorstener Klimaschutzmanager Sebastian Cornelis derzeit Schreiben an die zuständigen Stellen des Bundes in Berlin vor, die das Problem und die mögliche Lösung schildern. Und dann bleibt abzuwarten, wie die Reaktion ist.
Beim Wulfener „Energiestammtisch“ trifft sich Feldmann regelmäßig mit Gleichgesinnten und will auch seinen Nachbarn anbieten, den Solarstrom seiner PV-Anlage zu tanken. „Meine Wallbox kann sieben weitere Slave-Wallboxen unterhalten.“ Aber schafft das die PV-Anlage? Dass alle Autos gleichzeitig laden, passiere kaum in der Realität, so Feldmann. „Die meisten E-Autos stehen sich mit dem Akku die Füße wund.“
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