Einen ganzen Stapel ausgedruckter Fotos breitet Michaela Stinhöfer auf dem Esstisch aus. Dann schlägt sie ein eng beschriebenes Notizbuch auf. Ganz genau hat sie alles dokumentiert: Es geht um die massiven Schäden in ihrer Wohnung, vermietet von der Peach Property Group.

Ihre Notizen zeigen: Die Mängelliste ist lang. Die kaputte Heizung habe den Ausschlag dafür gegeben, nun an die Öffentlichkeit zu gehen. Dabei ist es in der Parterre-Wohnung Am Wall in Wulfen-Barkenberg überhaupt nicht kalt. Im Gegenteil. Es ist viel zu warm. Die Balkontür steht offen, damit die Temperatur in den Räumen einigermaßen erträglich bleibt.
Heizung lässt sich nicht abschalten
„Ich kann die Nachtspeicherheizung nicht abschalten“, klagt die 56-Jährige. Die Heizung laufe also 24 Stunden, sieben Tage die Woche. Und das seit Frühjahr 2023. Wie hoch das Thermometer in ihrer Wohnung wirklich steigt, habe Michaela Stinhöfer noch nicht ausprobiert.
Doch das Dauerheizen und die zu warme Wohnung seien nur die Spitze des Eisbergs, sagt die Dorstenerin. Damit meint sie unter anderem die aktuelle Stromrechnung. Denn selbst nach den monatlich geleisteten Abschlägen von rund 220 Euro fordert Anbieter Eon eine Nachzahlung von etwa 1.400 Euro für das Verbrauchsjahr 2022/23.
Eine Summe, die Manuela Stinhöfer als Sozialhilfe-Empfängerin nicht zahlen kann. Hinzu kommen die horrend hohen Abschläge, die nun für das aktuelle Verbrauchsjahr fällig werden. „Ich soll mittlerweile einen Abschlag von rund 450 Euro im Monat zahlen.“
Kein Fehler des Stromversorgers
Dabei stand der Energieversorger Eon in der Vergangenheit bereits mehrfach in der Kritik. Diesmal hätten die Zählerstände und auch die Abrechnungen allerdings gestimmt, sagt Karin Janowitz, die rechtliche Betreuerin von Michaela Stinhöfer. Sie hilft der Mieterin so gut es geht. Doch auch sie stößt an ihre Grenzen.
Denn die entsprechende Wohnungsgesellschaft sei das große Problem. Da sind sich die beiden Frauen einig. Denn die Peach Property Group handele nicht. Michaela Stinhöfer blättert in ihrem Notizbuch: Zweimal sei seit Frühjahr 2023 jemand da gewesen und habe sich die kaputte Heizung angeschaut und den Schaden registriert. Behoben worden sei dieser allerdings immer noch nicht.
Entsprechend sehen Michaela Stinhöfer und Karin Janowitz die Wohnungsverwaltung in der Pflicht, für die enorm hohen Stromkosten aufzukommen. Schließlich habe diese die Schäden nicht adäquat behoben. Juristische Unterstützung bekommt die Mieterin mittlerweile von einer Anwältin. Denn sollte die Nachzahlung nicht geleistet werden, droht der nächste Gau: Sollte die Zahlung nicht beglichen werden, könnte der Energieversorger den Strom komplett abstellen.
Ebenfalls durch Nicht-Handeln aufgefallen sei die Wohnungsverwaltung bei einem Wasserschaden im Bad. Zwar wurde die Wand geöffnet, aber noch immer tropfe Wasser aus der Leitung. Mittlerweile hat sich Schimmel gebildet. Dabei leidet Michaela Stinhöfer an der chronischen Lungenkrankheit COPD.

Das Resultat für Michaela Stinhöfer und ihre Mitbewohnerin: Die Fenster sowie die Balkontür bleiben meistens auf. Auch nachts. Nur dann werde es einigermaßen erträglich zum Schlafen. Aber, sagt die 56-Jährige: „Man schläft sehr unruhig.“ Dabei denkt sie weniger an den geringeren Einbruchschutz durch die offenen Fenster als an die Ratten, die sich vor dem Hauseingang eingenistet haben.
Ratte kriecht aus dem Klo
Denn auch sie machen Michaela Stinhöfer und den anderen Hausbewohnern das Leben schwer. Sie erinnert sich an eine ganz spezielle Begegnung mit den ungeliebten Nagern: „Einmal wollte ich morgens ganz verschlafen zum Klo. Als ich den Deckel hochgeklappt habe, kam mir eine dicke Ratte entgegen.“
Schnell habe sie den Mülleimer auf den Deckel gestellt und Hilfe gerufen. Eine Rattenkappe für das Abflussrohr hätte sie selber bezahlen sowie ein- und gegebenenfalls wieder ausbauen müssen.
Zurück halten sich Gebäudeeigentümer und Wohnungsgesellschaft zudem mit Investitionen für die Barrierefreiheit. Für Michaela Stinhöfer ist das aber unverzichtbar. Die Dorstenerin leidet an der chronischen Lungenkrankheit COPD. Außerdem ist sie seit 2019 auf einen Rollstuhl angewiesen.
Sie sei deshalb extra in die barrierearme Parterre-Wohnung gezogen, sagt Michaela Stinhöfer. Das Haus selbstständig verlassen könne sie dennoch kaum. Es fehlt eine Rampe, die ihr den Zugang zu Haus- und Wohnungstür ermöglicht. Zu teuer (17.000 Euro) sei eine Rampe am Hauseingang. Eine Rampe zum Schlafzimmer habe man verneint.
Rampe am Hauseingang zu teuer
Der Kompromiss: eine Rampe am Hintereingang, inklusive eines befestigten Weges. Zwar habe der Vermieter mündlich sein Einverständnis bekundet, aber es fehle eine schriftliche Zusage. Ohne die würden beauftragte Firmen nicht anfangen zu arbeiten.

Für Michaela Stinhöfer ist diese Situation eine Tortur. Denn durch den Hintereingang ins Haus gelangt sie nur, indem sie sich mit ihrem elektrischen Rollstuhl über eine abschüssige Wiese quält.
Mehrfach sei sie dort bereits stecken geblieben und gefallen. Vor allem während der anhaltenden Regenfälle der vergangenen Wochen. 2.000 Euro musste sie danach für eine Reparatur an ihrem elektrischen Rollstuhl hinlegen. Ihre größte Sorge bleibt aber die Frage: „Muss erst etwas passieren, bevor Eigentümer und Wohnungsgesellschaft reagieren?“
Die zuständige Krankenkasse hat indes einen Antrag abgelehnt, die Kosten (rund 42.000 Euro) für einen treppensteigenden und elektrischen Rollstuhl zu übernehmen.
Auf die Schilderung des Falles und auf die Bitte um eine Stellungnahme vom 15. Februar hat die Peach Property Group noch nicht reagiert (Stand 27.2., 11 Uhr).
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