Die B 224-Brücke über den Wesel-Datteln nervt derzeit viele Autofahrer in Dorsten. Nachdem Mitte August ein Kohlefrachter die Brücke gerammt hat, kommt es im Dorstener Stadtkern vor allem zu Stoßzeiten zu regelmäßigen, langen Staus, da die Brücke nur einspurig befahrbar ist.
Ursula Gehrke, Sprecherin des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes (WSA) Duisburg, berichtet auf Anfrage: „Zurzeit findet die Nachrechnung und Überprüfung der in Mitleidenschaft gezogenen Bauteile durch ein Ingenieurbüro statt. Hierzu wird eine Lösung erarbeitet, um die beschädigten Querträger in der Örtlichkeit auszutauschen.“
Leitungen werden verlegt
Dabei muss das WSA sich mit anderen Stellen koordinieren. Man stehe in Abstimmung mit den Leitungsbetreibern, „deren Leitungen in diesem Bereich unterhalb der Brücke verlaufen. Ohne eine Verlegung dieser Leitungen sind keine Instandsetzungsarbeiten möglich“, so Gehrke.
Gibt es schon einen Zeitplan, wann die Brücke repariert sein und die Brücke wieder freigegeben wird? Ein Enddatum nennt Gehrke nicht. Aber: „Wir gehen davon aus, die entsprechende Ausschreibung im November veröffentlichen zu können. Die Verkehrssicherung wird bis zum Abschluss der Maßnahme in dem benötigten Umfang vorhanden bleiben.“

Wer zahlt für die Reparatur?
Wer bezahlt die Reparatur am Ende? Gehrke: „Es gibt verschiedene Versicherungen für die Binnenschifffahrt in Deutschland, aber keine Pflichtversicherung. Etwa 90 Prozent der Schiffe sind versichert. Sollte aber keine Versicherung abgeschlossen sein, wird der Eigner in Regress genommen. Im schlimmsten Fall kann es auch mal vorkommen, dass der Staat die Kosten übernehmen muss.“
Zur konkreten Ursache des Schiffsunglücks in Dorsten befragt, verweist Gehrke an die Wasserschutzpolizei. Doch die gab am Montag auf Anfrage dazu keine Auskunft. Allerdings war der Dorstener Unfall in den letzten Wochen und Monaten kein Einzelfall: Rund eine Woche nach dem Zwischenfall in Dorsten fuhr ein Schiff auf dem Wesel-Datteln-Kanal gegen die B 235-Brücke in Datteln/Olfen. Am 6. Oktober fuhr ein Schiff auf dem Rhein-Herne-Kanal gegen die Brücke am Nordsternpark. In allen drei Fällen wurden die Führerhäuser schwer beschädigt.
Wasserstand kann schwanken
Was wird getan, um solche Unfälle, die wie in Dorsten drastische Folgen haben können, zu vermeiden? Gehrke holt dafür etwas weiter aus. In der Binnenschifffahrtsstraßenverordnung gebe es Regeln ähnlich wie im Straßenverkehr, wobei auch Besonderheiten einzelner Wasserstraßen darin dargestellt würden. Gehrke: „Dazu gehören die Durchfahrtshöhen unter den Brücken genauso wie die Abladetiefe, also wie tief das Fahrzeug im beladenen Zustand in die Wasserstraße einsinken darf.“
Die Durchfahrtshöhen im Westdeutschen Kanalnetz könnten „nicht zu jedem Zeitpunkt garantiert werden“, so Gehrke: „Der Schiffer muss sich auf Wasserstandsschwankungen – Schwall und Sunk – infolge Schleusungs- und Pumpvorgängen, Windstaus (kann in einem von West nach Ost ausgerichteten Kanal wie dem Wesel-Datteln-Kanal oder dem Rhein-Herne-Kanal durchaus eine Rolle spielen) oder auch anderen Schiffsverkehrs einrichten.“

Ballastwasser kostet Zeit
Wenn ein Schiff aufgrund sehr geringer Zuladung oder im leeren Zustand zu hoch liege, um unter den Brücken durchzufahren, „kann es sogenanntes Ballastwasser als ‚Ladung‘ nehmen, damit das Schiff tiefer in das Wasser einsinkt“, so Gehrke. Dieser Vorgang koste natürlich Zeit - „erst das Wasser aufnehmen, später wieder auspumpen, ist aber langjährig geübte Praxis in der Schifffahrt.“
Am Wesel-Datteln-Kanal betrage die Durchfahrtshöhe 4,50 Meter. Es sei dort mit bis zu 30 Zentimeter Schwall zu rechnen, sodass der höchste Punkt des Schiffsaufbaus, in der Regel das Steuerhaus, nicht höher als 4,20 Meter liegen dürfe, so Gehrke: „Die Brücken sind in den meisten Fällen höher als 4,50 Meter, die regelmäßig gemessenen Werte werden den Schifffahrtstreibenden bekannt gegeben.“ Zwischen den Brücken könne der Schiffsführer das Steuerhaus voll ausfahren, an den Brücken müsse er die Höhe den ihm bekannten Randbedingungen anpassen, so Gehrke.
5,25 Meter werden angestrebt
Langfristig strebe die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung eine Höhe von 5,25 Meter an. Gehrke: „Damit wäre ein zweilagiger Containerverkehr möglich.“ Heißt: Schiffe könnten Container in zwei Lagen stapeln. Gehrke: „Ein Problem ergibt sich aber daraus, dass nur rund die Hälfte der Brücken im Ruhrgebiet WSV-Brücken sind. Es muss also auf dem Verhandlungswege versucht werden, eine Änderung der sonstigen Brücken – Bahn, Straße, Fußgänger, Produktenbrücken etc. – zu erreichen.“
Das sei aufgrund der Anzahl an Brücken – allein das WSA Westdeutsche Kanäle hat 230 Brücken - und unterschiedlichen Betreibern recht langwierig. Gehrke: „Auch wenn sich die – nicht nur niederländischen – Schiffer etwas anderes wünschen: Auf absehbare Zeit wird sich an dem Zustand grundlegend nichts ändern und die Schiffer müssen an den Brücken ihr Steuerhaus einfahren.“
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