Wieder mal verurteilt: der Angeklagte neben seinem Verteidiger Felix Menke am Essener Landgericht.

Wieder mal verurteilt: der Angeklagte neben seinem Verteidiger Felix Menke am Essener Landgericht. © Jörn Hartwich

86-Jährige gefesselt und ausgeraubt - ein Täter muss ins Gefängnis

rnLandgericht Essen

Die Senior-Chefin eines Dorstener Unternehmens wird in ihrem Haus überfallen und ausgeraubt. Jetzt ist einer der Täter verurteilt worden - und kam noch verhältnismäßig glimpflich davon.

von Carlin Schneider und Jörn Hartwich

Dorsten, Essen

, 07.09.2022, 07:30 Uhr / Lesedauer: 2 min

Diese Tat war hässlich und gemein: Vor rund sechs Monaten ist eine Seniorin aus Dorsten in ihrem eigenen Haus überfallen worden. Die ehemalige Unternehmerin wurde an einen Stuhl gefesselt und dann ins Badezimmer gesperrt. Am Dienstag (6.9.) ist einer der Täter verurteilt worden. Die Strafe: drei Jahre und neun Monate Haft.

Dass das Urteil nicht noch härter ausgefallen ist, hat der Angeklagte einer Kehrtwende im Prozess zu verdanken. In letzter Sekunde hatte er sich doch noch bereiterklärt, mit den Ermittlern zusammenzuarbeiten. Erstmals gab er Details zu seinen zwei Mittätern preis.

„Dilettantischen Tat“

Eine Kripo-Beamtin hatte seine Angaben daraufhin sofort in einer der Zellen im Untergeschoss des Essener Landgerichts zu Protokoll genommen. Dafür war die Verhandlung extra für eine Stunde unterbrochen worden. Die Fahndung soll nun sofort anlaufen.

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Der 48-Jährige war am 20. März mit zwei Komplizen von Mönchengladbach nach Dorsten gefahren. In Bottrop wurden die Handys ausgeschaltet, um nicht geortet zu werden.

Verteidiger Felix Menke sprach trotzdem von einer „dilettantischen Tat“. Keiner der Täter war vermummt, am Auto prangte das richtige Nummernschild. Das alles ist von Überwachungskameras am Haus der Seniorin aufgezeichnet worden.

Vor allem der Angeklagte war auf den Videos nicht zu übersehen. Er wog damals wahrscheinlich an die 200 Kilo, Hals und Arme waren mit Tattoos übersät.

„Dauergast“ im Gefängnis

Bei der Polizei war der 48-Jährige auch kein Unbekannter. Im Prozess war die Rede davon, dass er schon mehrfach ältere Personen überfallen hat – mal als falscher Polizist, mal als angeblicher Kunsthändler. Rund sieben Jahre hat er schon im Gefängnis gesessen.

Auch bei der Seniorin aus Dorsten hatte er sich als „Herr Schmitz von der Kripo“ vorgestellt. „Ich hatte sogar eine Mappe unter dem Arm, so wie es die Polizisten auch machen“, hatte er den Richtern gesagt.

Der Trick hat funktioniert. Die 86-Jährige hat ihn in die Wohnung gelassen, war dann aber doch misstrauisch geworden. In dieser Situation hatte der Angeklagte zu einem Schal gegriffen und die alte Dame damit gefesselt.

Polizei wartete schon

Die Beute bestand aus Goldschmuck im Wert von rund 2.000 Euro. Ausgeben konnte der 48-Jährige das Geld allerdings nicht mehr. Als er zurück in Mönchengladbach war, wartete schon die Polizei auf ihn.

Hintergrund der Tat waren angeblich Spielschulden, die der Angeklagte nicht zurückzahlen konnte. Er selbst hatte im Prozess von rund 20.000 Euro geredet. Ganz weg ist er vom Glücksspiel offenbar immer noch nicht. Bei der Festnahme ist in seinem Auto eine Casinokarte gefunden worden.

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