Dieselskandal bei Wohnmobilen: Auch Dorstener fahren „Dreckschleudern“

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Dieselskandal bei Wohnmobilen: Auch Dorstener fahren „Dreckschleudern“

rnSchadensersatzklagen

Nach den Abgasskandalen deutscher Automobilhersteller bahnt sich nun auch in der Wohnmobilbranche ein handfester Skandal an. Auch Dorstener Wohnmobilisten sind betroffen.

Dorsten

, 15.11.2021, 17:30 Uhr / Lesedauer: 2 min

Der Dorstener Rechtsanwalt Jürgen Mankartz hat einen Verwandten, der leidenschaftlicher Wohnmobilist ist. Umso härter habe den die Nachricht getroffen, dass er mutmaßlich mit einem manipulierten Fahrzeug auf Basis Fiat Ducato durch die Lande fährt. „Nach 22 Minuten, das sind zwei Minuten nach der üblichen Testzeit von 20 Minuten bei TÜV und Dekra, blasen bestimmte Wohnmobiltypen der Marke Fiat Chrysler ungereinigt ihre Abgase in die Umwelt“, sagt Mankartz.

Das sei im Fall der Fiat-Chrysler-Motoren aus seiner Sicht strafrechtlich als Betrug zu werten. „Die Staatsanwaltschaft Frankfurt ermittelt schwerpunktmäßig wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Betrugs gegen Verantwortliche der betroffenen Autokonzerne“, weiß der Dorstener. Einige Gerichte hätten bereits verbraucherfreundliche Urteile gesprochen.

Anwalt vertritt einige Dorstener Wohnmobilisten

In Dorsten vertritt Mankartz neben seinem Schwager weitere Wohnmobilisten. Circa 500 Wohnmobilisten dürfte es in Dorsten statistisch gesehen geben. Viele davon sind mit einem Fiat Ducato unterwegs. „Für die Eigentümer der Wohnmobile ist ein mutmaßlich manipulierter Fahrzeugmotor ein Riesenschaden“, so Mankartz. Die Fahrzeuge, sie kosten von 60.000 Euro aufwärts, je nach Innenausbau auch weit über 100.000 Euro, sind dann auf dem Markt kaum noch was wert.

Jürgen Mankartz vertritt die Anliegen von Wohnmobilbesitzern, die von mutmaßlichen Abgasmanipulationen betroffen sein könnten.

Jürgen Mankartz schildert Auswirkungen des mutmaßlichen Abgas-Skandals bei Wohnmobilen. © privat

Zivilrechtlich können Eigentümer Schadensersatz, meist 10 bis 25 Prozent des Kaufpreises, geltend machen. „Außerdem können die Fahrzeuge an den Händler zurückgegeben werden - abzüglich der Nutzungsvorteile“, sagt der Rechtsanwalt. Als Nutzungsvorteil gelten gefahrene Kilometer im Verhältnis zu einer angenommenen Gesamtkilometerleistung von 250.000 Kilometern bei Wohnmobilen.

Motor muss nachgerüstet werden

Diese Wohnmobile zu behalten, rechnet sich für die allermeisten Eigentümer nicht. Der Motor müsste nachgerüstet werden, um den Abgasnormen zu entsprechen: „Das schlägt sich aber auf die Leistung und den Verbrauch nieder und ist deshalb für viele uninteressant“, weiß Mankartz aus Gesprächen. Betroffen von dem Abgasskandal sind Motoren Multijet I und II von 1,3 Liter bis 3,0 Liter auf Basis des Fiat Ducati. Vornehmlich sind es die Baujahre ab 2014 mit Euro 4-, 5- und 6-Norm. Nicht betroffen sind dagegen die Euro-Normen 6d und 6temp.

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Die Abschalteinrichtung für die Abgasnachbehandlung wird bei großer Wärme oder Kälte aktiv und schaltet sich komplett ab. „Sämtliche Abgase werden ungereinigt ausgestoßen beim Fahrbetrieb über längere Strecken“, so der Anwalt. Laut Informationen der ARD „stoßen Wohnmobile mit Fiat-Motoren teils fast 20-mal mehr Stickoxide aus als erlaubt“.

ADAC rät dazu, zivilrechtliche Ansprüche geltend zu machen

Der ADAC sagt, dass zivilrechtliche Ansprüche geltend gemacht werden können, wenn ein Fahrzeug konkret betroffen ist. Für Schadensersatzansprüche sei außerdem der Nachweis erforderlich, dass „der Fahrzeughersteller bewusst getäuscht und damit einen Schaden verursacht hat“, teilt der ADAC ebenfalls mit. Bislang hat sich Fiat-Chrysler-Nachfolger Stellantis, der zig Autofirmen unter seinem Dach vereint und seinen Sitz in Rüsselsheim am alten Opel-Standort hat, laut Auskunft von Jürgen Mankartz „noch nicht gerührt“. Mankartz vermutet Kalkül hinter dieser Stillhaltestrategie in der ersten Instanz. „Bei 1.000 Klagen spart sich das Unternehmen so etwa 8.000.000 Euro Anwaltskosten.“

Da das Basismodell Fiat Ducato von zahllosen Wohnmobilherstellern verbaut worden ist, geht Mankartz von einer Vielzahl von Betroffenen im Dorstener Raum aus. Sie sollten vor Augen haben, dass zum 31.12.2021 eine Verjährungsfrist für Ansprüche gegen den Fahrzeughersteller eintritt. „Eine Klageerhebung zur Unterbrechung der Verjährungsfrist muss noch in diesem Jahr erfolgen.“

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