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Diebstahl-Serie in Dorstener Seniorenwohnheim - und niemand spricht darüber
Altenpflege
In einem Seniorenwohnheim in Dorsten hat es in den letzten Wochen mehrere Diebstähle gegeben. Geld und hochwertiger Schmuck sind verschwunden, doch nicht alle Opfer haben Anzeige erstattet.
Marianne Müller (Name auf Wunsch geändert) lebt seit mehr als fünf Jahren in dem Seniorenwohnheim am Rande der Dorstener Innenstadt. Die rüstige Seniorin (89) fühlt sich sehr wohl in ihrer 56 Quadratmeter großen Wohnung, doch vor wenigen Wochen ist etwas passiert, das sie nicht für möglich gehalten hat. Sie wurde bestohlen.
Großer materieller und ideeller Wert
Aus ihrem Zimmer verschwanden zwei wertvolle Brillantringe. „Einer war ein Geschenk meines verstorbenen Mannes, den anderen habe ich nachträglich anfertigen lassen“, sagt sie. Marianne Müller gibt zu, dass sie leichtsinnig war und die Ringe in den Geschirrschrank gelegt hatte, „weil ich sie öfter anlege“. Der Verlust schmerzt, weil die Schmuckstücke neben dem materiellen Wert (ca. 2.000 Euro) auch eine große ideelle Bedeutung für sie haben.
Seit Anfang März hat es im Seniorenzentrum St. Elisabeth wohl mehrere solcher Diebstähle gegeben. „Es wird aber nicht offen darüber gesprochen wird“, sagt Marianne Müller, die selbst hinter vorgehaltener Hand von fünf oder sechs Fällen gehört haben will. Eine Sprecherin der Hansa-Gruppe in Oldenburg, die das Ende der 1990er-Jahre erbaute Haus am Westwall betreibt, bestätigte auf Anfrage, dass es Diebstähle gab, nennt aber keine konkrete Zahl. So etwas kommt auch in anderen Altenheimen und Krankenhäusern vor und ist nie gut fürs Image, wenn es publik wird.
„Opfer haben Angst, wollen keinen Stress“
Niemand weiß also genau, wie viele Senioren tatsächlich bestohlen worden sind in den letzten Monaten. Einige mutmaßliche Opfer haben wohl keine Anzeige erstattet, auch Marianne Müller hat darauf verzichtet. „Die Opfer sind alt, haben Angst, wollen keinen Stress“, glaubt ihre Enkelin. Vielleicht spielt auch Scham eine Rolle. Oder die generelle Sorge, nicht ernst genommen zu werden.
Marianne Müller hat vor vielen Jahren erlebt, wie es ist, wenn ein Fremder ins eigene Haus einbricht. „Das war viel Aufregung, aber am Ende hat es nichts gebracht. Das brauche ich nicht noch einmal“, meint die 89-Jährige.
Bei der Polizei hat seit Anfang März lediglich eine Bewohnerin zwei Strafanzeigen wegen Diebstahls erstattet. „In einem Fall ging es um ein Portemonnaie, in einem weiteren um eine Designer-Handtasche und einen goldenen Armreifen“, sagt Polizeisprecherin Corinna Kutschke. „Die Akten gehen jetzt an die Staatsanwaltschaft, die über das weitere Vorgehen entscheidet.“ Die Polizei hat keinen Tatverdächtigen ermitteln können, deshalb ist es wahrscheinlich, dass das Verfahren eingestellt wird.
„Man denkt, man sei die Einzige
Marianne Müller wusste von all dem nichts. Auch deshalb würde sie sich wünschen, dass in der Einrichtung transparenter kommuniziert wird. „Sonst denkt man ja, man ist die einzige Geschädigte.“
Die Sprecherin der Hansa-Gruppe betont hingegen, dass „die Leitung der Einrichtung sowie das Mitarbeiterteam die Polizei bestmöglich bei der Aufklärungsarbeit unterstützen“. Weiterführende Informationen gebe es derzeit aber nicht. Die Frage, welche Konsequenzen hausintern aus der Diebstahlserie gezogen worden seien, ließ die Hansa-Gruppe unbeantwortet.
Veränderungen gab es immer, doch nie waren sie so gravierend. Und nie so spannend. Die Digitalisierung ist für mich auch eine Chance. Meine journalistischen Grundsätze gelten weiterhin, mein Bauchgefühl bleibt wichtig, aber ich weiß nun, ob es mich nicht trügt. Das sagen mir Datenanalysten. Ich berichte also über das, was Menschen wirklich bewegt.
